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Das Bett

Titel: Das Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mosebach
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wegschickte, denn als sie die Agnes einmal versonnen angesehen und gesagt hatte: »Du wärst ein Mädchen für meinen Ludwig gewesen«, antwortete Agnes: »Aber der Ludwig wär nix für mich gewesen«, was sie ehrlich meinte, denn der Ludwig war klein und verschwitzt und galt als Frömmler.
    Als sie dem Kaplan die Heufäden von der Soutane bürstete, sagte der zu ihr: »Und weißt du auch, welche Ehre es ist, mein geistliches Gewand zu reinigen?« Darauf sagte Agnes gar nichts, |112| sah den Kaplan aber aus so bösen Augen an, daß klar war, daß sie nicht wußte, welche Ehre es war. Sie hatte lange die Vorstellung, sie werde viel Geld für ihre Zöpfe bekommen, weil sie gehört hatte, das Haar sei der wertvollste Schmuck der Frau. Sie wachte über dessen Wachstum und flocht die Zöpfe täglich neu, obwohl sie dafür eine Stunde früher aufstehen mußte. Ihre Fingernägel waren durch die schwere Arbeit immer abgebrochen oder eingerissen, vielleicht hatte sie auch zuwenig Kalk im Körper, oder es wurde alles von ihrem Haar gefressen. Sie hatte weiße Haut, obwohl sie immer draußen war, die roten Backen kamen beim näheren Hinsehen von kleinen geplatzten Äderchen, einem Erbteil ihrer Mutter. Sie wußte von ihren Eltern, daß sie in Dillenhausen keinen Mann zu erwarten hatte, denn sie war selbst für diese Verhältnisse zu arm.
    Dieses Wissen bewahrte sie lange vor den Versprechungen der jungen Männer, denn sie wußte, was davon zu halten war. Auch Konrad, dem Sohn des reichsten Bauern, der ihr zu folgen begann, glaubte sie kein Wort. Ein verächtliches Lächeln war alles, was der redselige Konrad auf ihrem Gesicht hervorrufen konnte. An einem Abend trat er im Wald hinter einem Baumstamm hervor. Er hatte auf sie gewartet und packte sie am Arm. Agnes stieß ihn weg, hatte aber doch einen Schreck bekommen, zugleich war der feste Griff seiner warmen Hand ein seltsames Gefühl auf ihrer Haut. Konrad drängte sie an einen Baum und sagte ganz nah an ihrem Ohr: »Wenn du stillhältst, dann heirate ich dich, du mußt nur einmal vorher stillhalten.« Warum sie diese Ankündigung zu verwirren imstande war, nachdem sie soviel vorher Gehörtes einfach abgetan hatte, ist ungeklärt. Zu vermuten ist jedoch, daß das Geld Konrads – seine Eltern ernährten außer sich und ihm noch einen hungrigen Knecht – seine Glaubwürdigkeit steigerte, weil es wünschenswerter war, daß sich seine Versprechung erfüllte als die der andern. Wir sind die Opfer unserer Hoffnungen.
    Agnes gelang es schließlich, sich loszumachen und wegzulaufen. Da sie ihrer hustenden Mutter wenig zutraute, ist es erstaunlich, daß sie sie in das Angebot Konrads einweihte. Die Mutter |113| überlegte hin und her und riet zum Mißtrauen. Auch sie war jedoch von der Hoffnung ihrer Tochter angesteckt und überlegte seitdem, wie man es anstellen könne, Konrad in die Zange zu nehmen und ihn zur Erfüllung seines Versprechens zu zwingen. Schließlich kam sie mit ihrer Tochter überein, daß Konrad noch hingehalten werden solle, bis ihnen etwas einfiele. Niemand beschreibt daher Konrads Verwunderung, als ihm bei ihrer nächsten Begegnung Agnes trocken sagte: »Ich denk darüber nach«, denn sie wurde allgemein ein schlaues Ding genannt, und wenn er auch von seinem Vater wußte, daß alle Frauen schwachsinnig seien, so hätte er die Agnes doch für klüger gehalten.
    Die Mutter überlegte sich unterdessen, daß Konrad sein Eheversprechen unter Zeugen abgeben müßte, damit man ihm später wenigstens mit einem Kranzgeld drohen konnte. Konrads Vater würde sparen wollen und lieber in den sauren Apfel einer Ehe seines Sohnes mit der Schäferstochter beißen.
    Schließlich rief sie Agnes zu sich und sagte, sie solle den Konrad in einen bestimmten Heuschober bestellen und ihn fragen, wie er über ihre Heirat denke. Dann solle sie ihn dazu bringen, es laut und deutlich zu versprechen. Danach solle sie stillhalten, wie er es verlangte. Die Mutter wollte unterdessen, auf zwei Brettern, die durch eine Leiter zu erreichen waren, liegen und alles mitanhören.
    Als Agnes an dem vereinbarten Tag in den Heuschober kam, sah sie, daß ihre Mutter schon da war, denn die Leiter war etwas verrückt, und zwischen den Brettern über ihr leuchtete ein schmaler Streifen blauer Stoff. Bald darauf kam Konrad und grinste sie an. Er begann, sie an allen möglichen Stellen anzufassen, und bemerkte vergnügt, daß sie sich nicht wehrte, ohne deshalb durch seine Berührungen besonders munter zu

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