Das Bett
werden. Dann fragte sie: »Stimmt es, daß du mich heiratest, wenn ich tue, was du willst?« Konrad glaubte, auch ohne eine Wiederholung seines Versprechens ans Ziel zu kommen, weil sie sich vor seinen Händen nicht zurückgezogen hatte. Er machte Ausflüchte, sagte, sie solle sich nicht anstellen, sie hätten nicht viel Zeit. Agnes hielt das Stück blauer Schürze über sich fest im Auge |114| und sagte: »Nein, so wird es nichts«, schob ihren Rock wieder herunter und machte sich steif. Konrad aber wollte sein Versprechen nicht wiederholen, denn einmal war keinmal. »Dann überleg dir’s noch mal«, sagte Agnes und lief weg.
Am nächsten Morgen fing die Mutter zu schimpfen an, wie ungeschickt die Agnes sich angestellt habe, leicht hätte sie den Konrad dazu bringen können, ihr Himmel und Hölle zu versprechen. Agnes verachtete die Ungerechtigkeit ihrer Mutter. War die Sache mit dem Konrad nicht erledigt? Er wollte sie nicht heiraten. Wieso ihn dann zu irgend etwas bringen? Trotzdem gehorchte sie ihrer Mutter, die ihr Ratschläge gab, und bestellte Konrad noch einmal in den Heuschober. Konrad kam schon mit roten Ohren zur Tür herein und traute seinen Augen nicht, als er die Agnes lang im Heu liegen sah. Wie beim erstenmal machte sie keine Schwierigkeiten, als er sie anfaßte, aber wie erstaunt war Konrad, als auch sie ihn anzufassen begann, zielbewußt und sicher, mit ihren Augen den Heuboden nach dem blauen Schürzenzipfel absuchend. Konrad glaubte, der Erfüllung seiner Wünsche nah zu sein, als dicht neben seinem Ohr die Agnes mit leiser Stimme fragte: »Und was ist mit dem Heiraten?«
»Ja, sicher«, rief Konrad, als er auf ihr lag und ihren Körper festhielt, »später wird geheiratet, du wirst es selber sehen.« Darauf gab Agnes ihren Widerstand auf und ließ sich von Konrad einen langen Kuß geben, wobei er feststellte, daß sie einen faulen Zahn haben mußte. Er war aber mittlerweile in einem Zustand, in dem er nicht mehr entscheiden wollte, ob ihn das störte oder nicht.
Am nächsten Tag waren Agnes und Konrad wieder im Heuschober verabredet. Agnes bemerkte, daß Konrad die Sachen, die er mit ihr machte, genoß, daß er sie aber seltener küßte. Beim Gehen stellte sie gehorsam die Frage nach der Heirat, während sie sich die Heufäden aus dem Kleid strich. »Wie kommst du denn darauf?« fragte Konrad mit der Grobheit des schlechten Gewissens.
»Das hast du mir zweimal versprochen, im Wald und hier«, sagte Agnes.
|115| »Im Wald ja, einmal ist keinmal und ist verfallen«, sagte Konrad. »Und was hab ich hier gesagt? Daß später geheiratet wird. Aber doch nicht dich, du dummes Huhn!«
Agnes hatte sich, während er sprach, immer weiter von ihm entfernt. Sie glaubte, sich Konrad sofort entziehen zu müssen, aber auch ihrer Mutter. Sie wollte wieder bei sich sein können, wie in den früheren Tagen der ungestörten Gleichförmigkeit. Sie wollte vor allem nie wieder die Pläne der Mutter anhören, an die sie jetzt mit Widerwillen dachte. Zur Mutter sagte sie einfach: »Ja«, als die sie fragte, ob der Konrad sie immer noch heiraten wolle. Aber sie ging zur Verabredung am nächsten Abend nicht mehr hin. Einmal sah sie ihn mit anderen Buben auf der Straße stehen. Als sie vorbeiging, rief er: »He, Agnes, komm doch mal her«, und alle lachten, als sie, ohne sich umzusehen, weiterlief.
Es war ihr recht, daß die Mutter sagte: »So, bis zur Hochzeit gibt’s jetzt nix mehr«, und ihr weitere Treffen verbot. Da brauchte sie sich abends nicht mehr so lange zu verstecken, bis sie nach Hause kommen konnte.
Als feststand, daß Agnes schwanger war, machte sich die Mutter daran, den Vater einzuweihen. In seiner Wut begann der Schäfer seine Frau und seine Tochter abwechselnd durchzuprügeln. Am andern Tag aber ging er zu Konrads Vater und sagte, sein Sohn habe die Agnes geschwängert und er müsse sie jetzt heiraten. Konrads Vater rief seinen Sohn und fragte ihn, ob das wahr sei. Konrad antwortete, nein, die mannstolle Agnes habe ihn zwar in einen Heuschober gelockt, aber es sei nichts passiert.
Agnes verlor ihr Kind, bevor ihr Bauch dick zu werden begann. Aber die Schande war da, denn Konrad hatte die Brautwerbung des Schäfers nicht verschwiegen. Agnes lief Spießruten durch das Dorf. Daß man sie nicht dick werden sah, schwächte die Gerüchte langsam wieder ab, es verbreitete sich sogar allmählich die Überzeugung, der Konrad habe der Agnes tatsächlich die Ehe fest versprochen. Der Vater und die Mutter
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