Das Bienenmaedchen
Hinterzimmer, das sie ihr Büro nannte, und fragte sie, ob alles in Ordnung wäre.
»Ja«, antwortete Beatrice automatisch. »Wieso?«
Williams biss sich auf die Lippe und runzelte die Stirn. Sie war eine einfache, aber herzliche Frau, deren Stirn noch nicht so zerfurcht sein sollte – sie war erst Anfang dreißig. Die Mädchen mochten ihre bodenständige Art und ihre fürsorgliche Einstellung. Beatrice wusste schon lange, dass die Arbeit für Sandra Williams eine willkommene Befreiung von dem Leben mit einer leidenden verwitweten Mutter in Surrey bedeutete.
»Also, Sie sehen anders aus als sonst.« Sandra wartete, und ihr gütiger Blick traf Beatrice mitten ins Herz, sodass sie sofort in Tränen ausbrach.
Als sie sich so weit erholt hatte, dass sie sprechen konnte, erklärte sie alles. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, gestand sie am Ende. »Ich habe überhaupt nichts mehr von meinem Verlobten gehört. Er hätte mir geschrieben, wenn meine Briefe bei ihm angekommen wären, da bin ich mir sicher.«
»Was ist mit Ihren Eltern – können sie helfen?«
»Sie wissen noch nichts von dem Baby. Und Guy haben sie noch nicht mal kennengelernt. Ich traue mich nicht, es ihnen zu erzählen, es würde sie sehr aufregen.«
»Ich gehe aber davon aus, dass sie Ihnen helfen werden. Sie sollten es versuchen.«
Danach ging alles sehr schnell. Da Williams ihre befehlshabende Offizierin und somit für ihr Wohlergehen verantwortlich war, versprach sie, Beatrice mit leichteren Aufgaben zu betrauen, höchstwahrscheinlich mit Büroarbeit. »Schließlich werden Sie bald nicht mehr hinter ein Lenkrad passen!«
Beatrice schrieb ihrer Mutter und war gerührt über die Antwort, die sie ein paar Tage später erhielt.
Ich kann nicht verhehlen, dass Deine Nachricht ein furchtbarer Schock für uns war, vor allem für Deinen armen Vater, obwohl wir uns alle Mühe geben, uns daran zu erinnern, dass in Kriegszeiten das Leben anders verläuft und dass Du unter normalen Umständen mit Deinem Guy Hurlingham glücklich verheiratet wärst. Mit meinem ganzen Herzen bete ich für seine sichere Rückkehr. In der Zwischenzeit werden wir Dich, so gut wir können, in dieser schwierigen Lage unterstützen, obschon ich glaube, dass es sehr schwer für Deinen Vater sein wird, ein kleines Baby im Haus zu haben. Zurzeit braucht er absolute Ruhe für sein Schreiben und ist schnell aufgebracht. Wir werden natürlich unseren Nachbarn sagen, dass Du verheiratet bist. Ich glaube, das wäre das Beste – ein paar von ihnen sind doch recht kleingeistig. Wir haben nur sehr wenig Geld übrig, aber ich lege einen Scheck von Deinem Vater bei, damit du ein paar Sachen für das Baby kaufen kannst. Bitte schreibe uns und teile uns mit, wann Du vorhast, zu uns zu kommen.
Sie war gerührt über die Güte ihrer Mutter, aber auch über deren Aufrichtigkeit. Es wäre eine ungeheure Belastung für ihre Eltern, wenn sie mit einem Baby nach Hause käme, selbst wenn es ehelich geboren wäre. Sie erinnerte sich an die Episode mit dem evakuierten Jungen und daran, dass die Atmosphäre im Haus wochenlang vergiftet gewesen war. Und trotzdem – was konnte sie anderes tun, als nach Hause zu gehen? Sie hatte schließlich kein Geld. Sie warf einen Blick auf den Scheck, den ihre Mutter mitgeschickt hatte, und ihre Augen weiteten sich. Nach dem, was sie über die Mittel ihrer Eltern wusste, war es ein großzügiger Betrag. Sie scheute sich davor, darüber nachzudenken, wie sie ohne dieses Geld auskommen würden. Dennoch war es nur ein Bruchteil der Summe, die sie, wie sie ausgerechnet hatte, in den Monaten ohne Verdienst brauchen würde.
Als Nächstes traf sie eine Entscheidung, die sie lange vor sich hergeschoben hatte. Sie schrieb an Guys Eltern. Am Ende beschloss sie, es wäre am taktvollsten, zwei Briefe zu schreiben. In dem ersten erkundigte sie sich, ob sie irgendwelche Informationen über seinen Aufenthaltsort erhalten hatten.
Die Antwort darauf kam von seiner Mutter und war freundlich, aber zurückhaltend. Guy hatte Beatrice ihnen gegenüber erwähnt, doch offenbar wusste Mrs Hurlingham nicht, dass sie verlobt waren. Beatrice versuchte, es aus dem Blickwinkel der Hurlinghams zu sehen. Schließlich hatten sie Beatrice nie kennengelernt, und wer konnte wissen, was für eine Person das war, die mit ihrem Sohn angebandelt hatte, und was für Geschichten sie sich möglicherweise ausdachte? Ebenso lange wie Beatrice hatten sie nichts von Guy oder über ihn gehört und waren wie
Weitere Kostenlose Bücher