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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Nachttischlampe. Er war bezeichnenderweise kurz.
    Liebe Bea,
    es tut mir leid, dass ich Dir nicht früher geschrieben habe, aber ich versichere Dir, dass es so gut wie unmöglich war. Ich kann Dir nicht sagen, wo ich bin oder was ich mache; tatsächlich weiß ich selbst nicht, welche Rolle ich bislang spiele. Doch ich bin entschlossen, meinen Teil dazu beizutragen, um Hitler und alles, wofür er steht, zu besiegen. Jetzt, wo die Amerikaner dabei sind, bin ich überzeugt, dass wir diesen Krieg gewinnen werden. Ich bin sehr froh, von der sicheren Ankunft Deines Sohnes zu hören, und ich werde an Dich und ihn denken, und das wird mir helfen, mutig zu sein.
    Mein Großvater hat mir diese Pistole geschenkt, als ich getauft wurde, und mir gefällt der Gedanke, sie jetzt an einen anderen kleinen Jungen weiterzureichen – für den Fall, dass ich nie einen eigenen Sohn haben werde. Ich weiß nicht mehr, wer mir den Bilderrahmen geschenkt hat, aber vielleicht findest Du ihn ja schön, und ich möchte, dass Du ihn hast und manchmal an mich denkst. Sorg dafür, dass ihr beide in Sicherheit seid, was auch immer Du tust! Du kannst versuchen, mir zu schreiben, aber ich kann Dir nicht versprechen, dass mich Deine Briefe erreichen oder dass ich sie beantworten kann.
    In Liebe, Rafe.
    Es war ein seltsamer Brief – alarmierend. Es hatte den Eindruck, als würde Rafe seine persönlichen Dinge verteilen für den Fall, dass er von dort, wohin auch immer er ging, nicht mehr zurückkehrte. Beatrice stand auf, ging zur Kommode hinüber und nahm die Pistole in die Hand. Noch einmal betrachtete sie die eingravierten Muster im Silber und die hübsche kleine Kammer, in die man die Kugeln steckte. Jetzt waren keine darin. Es war wirklich ein wunderschönes Stück. Es erzählte ihr von Errol Flynn, vom Rascheln seidener Kleider, von Heldentaten und Abenteuern. Der Griff passte perfekt in ihre Handfläche. Sie hob die Waffe und richtete sie auf ihr Bild im Spiegel, kniff die Augen zusammen, um zu zielen, und sagte mit rauer Stimme: »Geld oder Leben!« Und dann sah sie im Spiegel hinter sich die Wiege. Entsetzen und Scham darüber, was sie da gerade tat, überfluteten sie. Sie senkte die Pistole und wirbelte herum, um nach dem Baby zu sehen, das unschuldig weiterschlief.
    Rasch zog sie die oberste Schublade der Kommode heraus und legte die Waffe hinein. Angie hatte recht. Die Pistole war ein merkwürdiges Geschenk für ein Baby.
    Es kam der Morgen des zweiten Weihnachtstages, und obwohl keine Fuchsjagd stattfand, versammelten sich »die Tapferen und die Stolzen« bei den traditionellen Steigbügel-Partys zu einem Umtrunk. Gerald und Angie brachen in robusten Stiefeln zum Haus von Freunden auf und nahmen Hetty mit. Es war ohnehin zu kalt, um sich mit einem Neugeborenen nach draußen zu wagen, und Beatrice kam diese Entschuldigung gerade recht, um zu Hause bleiben zu können. Angies Freunde behandelten sie immer mit vollendeter Höflichkeit, aber in solchen Situationen wurde sie von ihren alten Gefühlen der Unzulänglichkeit heimgesucht. Außerdem liebte sie die Aussicht auf ein paar ruhige Stunden nur mit Nanny, die in der Küche Suppe kochte. Während das Kind oben schlief, versuchte Beatrice ein Buch zu lesen, aber mit ihrer Konzentration war es im Moment nicht weit her, und ihr Geist wandte sich unweigerlich ängstlichen Gedanken über die Zukunft zu.
    Es war so warm und friedlich neben dem tanzenden Feuer, und draußen fing es wieder an zu schneien. Sie hüllte sich in ihre Wolldecke und versuchte ein weiteres Mal zu lesen.
    Über ihrem Kopf konnte sie Nannys schwere Schritte und ihre Stimme hören, die zu dem Baby sprach. Bald darauf erschien sie mit dem strampelnden und quengelnden Säugling auf dem Arm im Salon.
    »Ich hab gedacht, er hat lang genug geschlafen und dass Mutter ihn vielleicht füttern möchte.«
    »Ja, Nanny, natürlich«, seufzte Beatrice und klappte ihr Buch zu.
    »Ich könnte ihm eine Flasche machen.«
    »Nein, ich werde ihn stillen.«
    »Es wird Zeit, dass er sich an die Flasche gewöhnt. Sie werden ihn verwöhnen.«
    »Nur noch ein Weilchen«, entgegnete sie.
    »Danach werden wir seine Windeln wieder wechseln, nicht wahr, mein kleiner Mann? Und nach dem Mittagessen mach ich mit dir im Kinderwagen einen Spaziergang.«
    »Oh, nein, Nanny, draußen ist es eisig!«
    »Ein bisschen frische Luft wird dem Baby nicht schaden.«
    Es war schwierig, mit ihr zu diskutieren, obwohl Beatrice es versuchte. Aber was wusste sie,

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