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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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obwohl es keinen Luxus gab und sie die Grundlagen ihrer täglichen Existenz zusammenkratzen mussten. Und jetzt würde bald ein weiteres Baby da sein, um das man sich kümmern musste.
    »Angie, es gäbe genügend Platz für deine Mutter, wenn du sie hier haben wolltest«, sagte Beatrice sanft. »Ich kann nicht für immer hier bei dir wohnen bleiben.«
    »Und warum nicht?«, fragte Angie und streckte ihre Arme nach dem Baby aus. »Lass mich es mal mit ihm versuchen.«
    »Ich muss eine Arbeit finden. Ich habe kein Geld.« Beatrice reichte ihr das Kind, und Angie setzte den Kleinen, dessen Kopf in dem Umschlagtuch versank, auf ihr Knie, von wo er sie so ernsthaft ansah, dass sie lachen musste.
    »Er sieht aus wie ein kleiner alter Mann«, sagte sie. »Oh, sieh nur, er lächelt, Bea. Schau – er lächelt wirklich.«
    »Das ist nicht das erste Mal«, sagte Beatrice ein bisschen mürrisch. Vorher hatte er noch nie so gelächelt – nicht für sie.
    Angie strahlte über das ganze Gesicht. »Ja, du lächelst mich an, nicht wahr, du kleiner Schatz?« Und er lächelte sie breiter an als je zuvor.
***
    Ein paar Wochen später schnitt Beatrice das schwierige Thema ihrer Abreise erneut an. An einem trüben Februartag ging sie mit Angelina vom Bahnhof zurück nach Hause. Die beiden Frauen waren in der Stadt einkaufen gewesen. Noch nie hatte Beatrice ihr Kind so lange allein bei Nanny gelassen, und sie war die ganze Zeit über sehr nervös gewesen.
    Schlimmer noch: Der Ausflug hatte ihr deutlich gemacht, dass sie inzwischen völlig mittellos war. Abgesehen von Michael Wincantons Geschenk war ihr einziges Einkommen der Zehn-Shilling-Scheck, den ihre Mutter fast jede Woche schickte. Und obwohl ihre Lebensmittelkarte Angelinas Haushalt gelegen kam, konnte sie sich vieles nicht leisten – und was wäre, wenn sie oder ihr Baby krank würden? Wie sollte sie den Arzt bezahlen? Sie konnte nicht auch erwarten, dass Gerald und Angie für solche Extraausgaben aufkamen. Aber es war nicht nur das – in ihr wuchs das Gefühl der Ruhelosigkeit.
    Die Straße wurde steiler. Beatrice warf Angie einen Blick zu. Sie sah müde aus. Und so griff sie nach dem einen Henkel von Angies Einkaufstasche, um die Last zu teilen, obwohl sie schon selbst eine Tasche trug. Es war merkwürdig. Hätte es keinen Krieg gegeben, würde Angie nicht Lebensmittel einkaufen, sondern Kleider, und das mit einem Auto. Beatrice empfand kein großes Mitleid mit den Angies dieser Welt, aber sie wusste es zu würdigen, dass sich das Mädchen angepasst hatte, größtenteils, ohne zu klagen. Und sie erkannte, dass Angie sich mehr und mehr auf sie stützte. Das war sicherlich nicht gut, für keine von ihnen. Sie spürte, dass sie nicht für immer hier mit Angie leben konnte, als deren arme Gefährtin.
    Beatrice hatte ausgiebig darüber nachgedacht, was sie tun könnte. Immer noch wollte sie sich unbedingt in diesem Krieg nützlich machen, sich nicht zurücklehnen und ihn von anderen für sie alle gewinnen lassen. Immerhin hatte Guy sein Leben geopfert, und Rafe riskierte seines – der Himmel wusste, wo. Sie müsste aktiv Hilfe leisten, dann würde sie sich vielleicht nicht mehr so viele Sorgen machen.
    »Setzen wir uns einen Moment?«, fragte Angie. Sie hatten die Hügelkuppe erreicht, von wo aus sich ein friedlicher Ausblick auf Felder, Bäume und kleine Häuser bot, die sich bis in den entfernten Nebel hinein erstreckten.
    »Ist das da drüben euer Haus?«, fragte Beatrice und wies auf ein winziges Gebäude.
    »Ja, und da ist Nanny, die Wäsche aufhängt! Alles sieht so normal aus, nicht wahr?«, sagte Angie. Sie hatte kaum ausgesprochen, als weit entfernt ein halbes Dutzend silberne Blitze in den Himmel schossen: Flugzeuge, die schwarze Rauchfahnen hinter sich herzogen. Die dunklen Schwaden vereinigten sich zu einer einzigen giftigen Wolke, die in der stillen Luft dahintrieb.
    »Nichts ist mehr normal!«, sagte Beatrice bitter. »Eine dunkle Wolke hängt über uns allen. Bist du dir dessen nicht bewusst? Schau!« Sie zeigte in die weite Ferne. »Irgendwo dort fängt das Meer an, und von da sind es nur ein paar Meilen bis nach Frankreich. So nah, Angie, so nah! Wir können uns nicht hier in unser Leben einhüllen und so tun, als ob nichts wäre oder dass wir nichts damit zu tun hätten.«
    »Ich weiß«, erwiderte Angie barsch. »Ich hab auch nicht gemeint, dass ich mich abkapseln wollte. Es ist nur so, dass wir, du und ich, unterschiedlich mit den Dingen umgehen. Gerald braucht

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