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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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hatte, aber sehr aufregend.
    »Meine Hilfe, Mrs P., hat Tee für uns bereitgestellt«, sagte Beatrice. »Wärst du so freundlich und schenkst uns ein? Meine Hände sind nicht mehr so ruhig wie früher.«
    »Natürlich«, sagte Lucy und griff nach der Kanne.
    Beatrice schob ihr eine Platte mit Butterkeksen zu und sagte: »Ich habe gehört, dass du im ›Mermaid‹ wohnst. Bleibst du länger hier?«
    »Wahrscheinlich ein paar Tage. Ich habe noch keine Pläne.« Lucy nahm all ihre Kraft zusammen. »Mrs Ashton, ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen mein Anliegen nicht besonders gut erklärt habe. Ich möchte ein Geheimnis lüften. Bevor Dad gestorben ist, hat er etwas gesucht. Wie ich schon gesagt habe, glaube ich nicht, dass er bis vor Kurzem überhaupt von seinem Onkel Rafe wusste, und dann war er ganz besessen davon, etwas über ihn herauszufinden. Ich weiß nicht, warum, aber über diesen Großonkel wurde bei mir zu Hause nicht gesprochen, und ich habe nie irgendwelche Bilder von ihm gesehen. Bis ich das hier gefunden habe.« Sie steckte die Hand in ihre Tasche und holte einen Umschlag hervor. »Ist das Rafe?« Sie reichte Mrs Ashton das Foto von dem jungen Mann, der auf der Mauer lehnte.
    Beatrice nahm es und betrachtete es lange, während ihre Züge immer weicher wurden. Als sie den Arm ausstreckte, um es Lucy zurückzugeben, sah die junge Frau, dass Tränen in ihren Augen standen.
    »Ja«, sagte sie. »Das ist Rafe.«
    Lucy seufzte. »Mrs Ashton, würden Sie mir erzählen, was mit Rafe passiert ist?«
    »Das kann ich, aber es ist eine lange Geschichte. Es überrascht mich nicht, dass dein Vater sich so dafür interessiert hat.«
    »Ich weiß nicht, was der Auslöser dafür war. Er hat gerne Bücher über den Zweiten Weltkrieg gelesen, natürlich. Und er hat uns eine Menge Notizen hinterlassen, dazu die Kartons mit Erinnerungsstücken, die meiner Großmutter gehört haben. Das ist der Grund, weshalb ich hier bin: Ich will versuchen, mehr herauszufinden. Die ganze Sache hat Dad offensichtlich in gewisser Weise beunruhigt, verstehen Sie, und ich möchte das einfach nur verstehen.«
    »Er war wohl zu jung, um sich zu erinnern«, sagte Beatrice leise.
    »Um sich an Rafe zu erinnern?«
    »Ja – und an das, was geschehen ist. Nein, das ist dumm von mir. Ich erzähle alles in der falschen Reihenfolge.«
    »Was meinen Sie damit, Mrs Ashton?«
    »Warum nennst du mich nicht einfach Beatrice?«
    »Beatrice, woran konnte sich Dad nicht erinnern?«
    Beatrice öffnete ihren Mund, um zu sprechen, doch es kam kein Wort heraus.
    Lucy beschloss, es mit einer anderen Taktik zu probieren. »Mrs Ashton … entschuldige, Beatrice … Ich habe Dads Notizen durchgesehen und herausgefunden, dass er Nachforschungen in den Archiven des Geheimdienstes angestellt hat.«
    Beatrice Ashton richtete sich in ihrem Sessel auf, wachsam und geradezu furchteinflößend.
    Lucy merkte, dass sie einen wunden Punkt berührt hatte, und fuhr fort: »Dad hat herausgefunden, dass Rafe während des Krieges an Spezialoperationen beteiligt war. Du weißt schon – Unterstützung der französischen Résistance oder so was. Egal, ich weiß ich nicht genau, wie er das herausgefunden hat, aber er hat in Rafes Akte nachgeschaut.«
    »Rafes Akte? Die hat er gefunden? Was steht drin?«, fragte die alte Frau nach.
    »Das ist es ja gerade! Er hat sie gefunden, aber darin stand nichts. Überhaupt nichts!«
    Beatrice sank in ihren Sessel zurück und schloss die Augen. Ihr Ton war immer noch schneidend, als sie sagte: »Das überrascht mich nicht. Sie wollten nicht, dass jemand davon wusste. Zu viel Schuld.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Lucy geduldig. »Ich dachte, all diese Akten aus dem Krieg lägen nun offen. Haben wir kein Recht darauf, Bescheid zu wissen?«
    Beatrice schlug rasch die Augen auf. »Ach je! Das Recht, Bescheid zu wissen! Deine Generation hat keine Ahnung, wie nah dieses Land am Rand der Katastrophe stand und wie wichtig es war, Dinge geheim zu halten.«
    »Doch, ich weiß das. Ich habe darüber gelesen.«
    »Dann wirst du auch wissen, wie unbedeutend wir als Individuen waren. Es mussten Opfer gebracht werden. Opfer, ja! Wir mussten unser Land über alles andere stellen, ein paar von uns. Vor unsere Familien und Freunde.« Ihre Augen, die düster und zornig blickten, schweiften umher.
    Lucy fühlte sich mit einem Mal verloren. Fragen und Antworten wanden sich in ihren Gedanken herum. Sie fragte sich, ob Mrs Ashton vielleicht nicht mehr ganz richtig im

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