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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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wenn ich ihn mitnehme. Ich bin mir dessen bewusst.«
    Oenone nahm ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche ihrer Strickjacke und zündete sich eine Zigarette an. Schließlich sah sie zur Tür und sagte: »Deshalb musst du Tommy bei ihr lassen, Beatrice. Es wäre für uns alle das Beste – das siehst du doch bestimmt ein.«
    »Nein«, sagte Beatrice, deren Stimme zu einem Piepsen hochstieg. »Nein.«
    »Denk ein paar Tage darüber nach. Das ist alles, worum wir dich bitten. Ich bin sicher, Angie würde sich freuen, wenn du kommst und Tommy besuchst. Aber da ist noch etwas, das ich dir erzählen muss.« Sie legte die Zigarette vorsichtig auf dem Kaminsims ab und bückte sich, um die Holzschnitzereien zu erforschen. Ihre Finger streichelten die kleine Biene, die immer noch halb verborgen zwischen den Kirschholzblüten saß.
    Als Beatrice die Biene sah, hatte sie das Gefühl, als ob alles, was ihr im Leben passiert war, auf einmal in einer großen verschlingenden Welle auf sie zurauschte. Sie hatte mühevoll versucht, gegen diese Familie zu kämpfen, aber sie hatte sie auch gebraucht und sich zu sehr gewünscht, dazuzugehören. Sie wollte nicht hören, was auch immer Oenone ihr nun erzählen würde.
    »Beatrice, du wurdest vermisst, und man glaubte, du wärest getötet worden. Wir mussten etwas in Bezug auf Tommy unternehmen.«
    »Was meinen Sie?«, flüsterte Beatrice.
    »Michael hat es arrangiert. Er wusste, mit wem man sprechen musste. Angelina und Gerald sind die gesetzlichen Vormünder von Tommy.«
    Beatrice starrte Oenone an, zunächst ungläubig und dann entsetzt. »Nein!« , schrie sie. »Das kann nicht wahr sein!«
    »Es ist wahr.«
    »Ich glaube Ihnen nicht! Das darf man nicht tun, oder? Ein Kind seiner Mutter wegnehmen?«
    Oenone schwieg, doch Beatrice las die Wahrheit in ihrem Gesicht. Im Krieg war als Reaktion auf ungewöhnliche Situationen vieles möglich. Und Michael hatte diese spezielle Sache möglich gemacht. In Beatrice’ Ohren gab es ein Rauschen, und ihre Beine knickten unter ihr ein. Als sie wieder zu Bewusstsein kam, lag sie mit dem Kopf in Angelinas Schoß und nahm Brandgeruch war.
    »Tommy …« Ihre eigene Stimme klang wie aus weiter Ferne.
    »Er fühlt sich ein wenig heiß an«, sagte Angie. »Aber Nanny sagt, er ist bald wieder wohlauf.«
    Beatrice setzte sich auf. »Ihr habt das nicht wirklich getan, oder, Angie? Habt ihr das?«
    »Was getan? Oh Mummy, du hast es ihr doch nicht etwa erzählt?«
    Oenone stand auf, um ihre Zigarette zu retten, klopfte die Asche in den Kamin und nahm einen langen Zug. »Ich hielt es für vernünftig«, antwortete sie schließlich. »Es vereinfacht die Dinge.«
    »Zeigt ihn mir«, forderte Beatrice heftig. »Zeigt mir den Beweis.«
    »Wir haben das Dokument nicht hier«, erwiderte Angie. »Es ist bei Daddys Rechtsanwälten. Oh Bea, Tommy wird es gut gehen. Wir lieben ihn über alles! Und ihr werdet euch oft sehen, das verspreche ich! Wir freuen uns so, dass du in Sicherheit bist. Und Rafe ebenfalls. Bestimmt hast du Rafe schon getroffen.«
    »Ja.« Rafe musste erkannt haben, wie die Dinge mit Tommy und Angelina standen. »Er wusste nicht … was ihr getan habt?«, platzte es aus Beatrice heraus.
    »Nein«, antwortete Angie. Sie streckte die Hände aus und versuchte, Beatrice zu umarmen, die sie jedoch zurückschob und dann aufstand.
    »Ich muss gehen«, erklärte Beatrice. »Morgen komme ich noch einmal her, um Tommy zu sehen. Ich werde ihn wieder kennenlernen, und egal, wie viele Tage und Wochen es dauern wird, ich werde ihn zurückgewinnen!«
    Als sie das Haus verließ, nahm sie die Erinnerung an Angelinas Gesicht mit. Es war eine Maske gelassenen Triumphes.
    Mehrere Tage blieb sie bei ihrem Vater und fühlte sich ihm gegenüber wie eine Fremde.
    »Beatrice«, sagte er ein wenig überrascht, als er die Tür öffnete. Er stützte sich auf einen Stock und konnte sich nur mit einiger Mühe vorbeugen, um ihr einen trockenen Kuss zu geben. Sein Haar war inzwischen vollständig ergraut und dünn. Er war ordentlich gekleidet, und als Beatrice sich umschaute, sah sie, dass das Haus so sauber und aufgeräumt war wie eh und je. Ein Teil von ihr wartete noch immer darauf, ihre Mutter jeden Moment die Treppe hinunterkommen zu sehen und die helle Stimme mit dem ausländischen Akzent zu hören. Die Stille verspottete sie.
    Beatrice’ Vater stellte so gut wie keine Fragen darüber, wie es ihr ergangen war. Er folgte seinem gewohnten Tagesrhythmus, aber Beatrice spürte, wie

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