Das Bienenmaedchen
Carlyon verlassen hatte und es leer war, sind wir sofort hierhergefahren. Daddy hat das alles arrangiert. Gerald ist fort. Seine Chance, schließlich doch noch ein Held zu werden. Wir glauben, er ist in Paris.«
»Rafe sagte, er sei in Frankreich.« Rafe hatte recht – Gerald schaffte es immer, sich von der Front fernzuhalten.
Dann kam der Tee. Ein Dienstmädchen, das noch kleiner und jünger war als Brown damals, schob den Servierwagen herein, dessen Räder sich in den Fransen des Läufers verfingen. Mrs Wincanton ging hinüber, um zu helfen, und einen Moment lang waren alle abgelenkt.
Beatrice nahm ihren Tee und ein Sandwich, das sie auf der Untertasse zerkrümelte, aber nicht aß. Sie dachte nur an eines.
»Wann kommt Nanny mit Tommy zurück?«, fragte sie. »Hast du gesagt, dass sie ein paar Tage weg sind? Vielleicht sollte ich nach Truro fahren und ihn holen.«
»Oh nein. Nein. Das würde seinen Tagesablauf völlig durcheinanderbringen. Er hat sich so darauf gefreut, wegzufahren.«
»Angie, also wirklich …«, setzte ihre Mutter an. Doch Angie warf ihr einen kalten Blick zu, und Oenone schwieg.
Beatrice sah ihre Freundin verwundert an. »Aber er möchte bestimmt seine Mutter sehen!«
»Er wäre wohl eher ein bisschen schockiert«, entgegnete Angie. »Er hat sich inzwischen sehr an mich gewöhnt, der arme Schatz.«
»Er wird sich an mich gewöhnen müssen, denn ich nehme ihn natürlich mit nach Hause. Ich bin jetzt wieder hier, und ich werde auch nicht mehr fortgehen. Zumindest glaube ich das nicht.«
Für einen kurzen Moment erschien ein Ausdruck abgrundtiefer Angst auf Angies Gesicht. »Oh nein, Bea, das fände er furchtbar! Er fühlt sich so wohl hier! Weißt du noch, wie wir zwischen den Gezeitentümpeln gespielt haben? Bei Ebbe können wir sie trotz des schrecklichen Stacheldrahts immer noch erreichen, und es macht ihm großen Spaß, darin nach Fischen zu schnappen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie klug er ist, und der kleine Schatz ist noch nicht mal drei.«
Wieder blickte sie zur Tür. Beatrice war jetzt davon überzeugt, dass hier etwas nicht stimmte. War irgendwas mit Tommy passiert? Etwas Schlimmes?
Sie versuchte, sich selbst zu beruhigen. Miss Atkins hatte ihr versichert, dass es Tommy gut ginge. Und Rafe hatte das Gleiche gesagt. Er hatte sie zwar vorgewarnt, dass Angie eine schlimme Zeit hinter sich hätte, aber Beatrice war nicht darauf vorbereitet gewesen, dass sie, nun ja, sich ausgesprochen merkwürdig verhielt. Mrs Wincanton starrte in ihren Tee, als weilten ihre Gedanken in weiter Ferne.
»Sie haben das von meiner Mutter gehört, Mrs Wincanton?«, fragte Beatrice.
Oenone sah sie an, und Beatrice entdeckte Schmerz und Mitgefühl in ihren Augen. »Ich habe vergessen, das zu sagen, Beatrice. Es hat uns furchtbar leidgetan. Sie war eine großartige Frau, deine Mutter. Natürlich haben wir auch deinem Vater geschrieben, nicht wahr, Angie?«
»Ich bin sicher, dass er gerührt war«, sagte Beatrice. »Ich war noch nicht bei ihm. Ich wollte zu ihm gehen, nachdem ich Tommy gesehen habe.«
Angie lebte plötzlich ein bisschen auf und sagte strahlend: »Also, dann kannst du doch jetzt sofort zu ihm gehen. Tommy ist ja nicht hier. Ich nehme an, du wirst ein oder zwei Tage in The Rowans wohnen und dann vielleicht ein andermal wieder nach Cornwall kommen.«
Beatrice sah sie starr an. »Ich werde bei meinem Vater wohnen, richtig, aber ich werde nicht ohne Tommy nach London zurückfahren.«
Angies Augen huschten nervös hin und her. Sie setzte ihre Tasse ab, wobei Tee auf die Untertasse schwappte. »Verdammt!«
»Fluche nicht, Liebes«, sagte Mrs Wincanton zu ihrer Tochter. »Ich glaube, du solltest es Beatrice besser richtig erklären.«
»Was erklären?«, fragte Beatrice. Sie kam sich inzwischen vor, als wäre sie mit Alice im Wunderland – und das war ein dunkler und qualvoller Ort.
Angie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und erwiderte: »Ich kann es nicht!«
Beatrice stand auf. »Was ist passiert?« Fast schrie sie die Frage heraus. »Was hast du mit meinem Sohn gemacht?«
»Tommy ist nichts passiert«, sagte Oenone rasch. »Es ist nur … Wir dachten, dass du nicht zurückkommst. Du warst so lange weg, Beatrice. Sie … Also, sie hatten uns auf das Schlimmste vorbereitet. Sie klangen, als wären sie sich sicher. Wir mussten Regelungen treffen … tun, was das Beste für Tommy war. Und Angie … Du siehst ja, wie es ihr geht, nachdem sie wieder ihr Baby verloren
Weitere Kostenlose Bücher