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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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wenn ich dir schreibe, wirst du mir dann zurückschreiben? Ich bekomme nicht viele Briefe, weißt du.«
    »Natürlich werde ich das.« Ein Glücksgefühl durchströmte sie.
    »Dieser Sommer …«, fuhr Rafe leise fort, »er war schrecklich – wegen dem armen Sturton, meine ich –, aber sonst war das der schönste, an den ich mich erinnere. Du kannst dir nicht vorstellen, wie langweilig es mit meinem Großvater war. Er kann nicht dafür, der arme alte Mann, er hat sein Bestes getan, aber ich glaub nicht, dass ich je wieder vor einem Schachbrett sitzen kann.«
    Sie nickte, überwältigt und sprachlos. Er würde weggehen. Aber er würde zu ihr zurückkommen – dessen war sie sich sicher.
    »Ich sehe dich Weihnachten, nehme ich an.« Er drückte noch einmal ihre Hand. »Auf Wiedersehen, Bea.« Plötzlich umarmte er sie ungeschickt – und dann war er fort.
    Der Herbst 1937 bemaß sich nach der Ankunft des Postboten. Von ihrem Fenster aus hielt Beatrice jeden Tag nach ihm Ausschau. Und wenn sie sah, wie er sein Fahrrad die steile Gasse hochschob, machte sie mit dem Schicksal die lächerlichsten Geschäfte: Wenn er das Gartentor innerhalb der nächsten zehn Sekunden erreichte, würde sie einen Brief bekommen. Aber zählte es auch, wenn er das Tor nicht berührt hatte, bevor die Zeit verstrichen war, sondern draußen stehen geblieben war, um seine Tasche zu durchwühlen? Während sie nach unten rannte, dachte sie über dieses ausgezeichnete Argument nach.
    »Du interessiert dich im Moment sehr für die Post«, sagte Hugh Marlow manchmal. »Oh, sieht so aus, als wäre hier etwas für dich … Poststempel Winchester.« Er neckte sie, indem er den Brief in die Höhe hielt, damit sie hochspringen musste. Mit finsterem Blick wandte sie sich ab.
    »Hier, fang«, sagte er und warf den Brief in die Luft.
    »Hugh, sei nicht so grausam«, ermahnte ihn Delphine dann.
    Aber Beatrice nahm den Brief einfach, schnappte sich ihre Schultasche und schlüpfte zur Tür hinaus, wobei sie ein kaum hörbares »Auf Wiedersehen« murmelte. Wie sie es überhaupt schaffte, an einem Brieftag Carlyon zu erreichen, ohne unterwegs von der Klippe zu fallen, war ein Wunder – so tief war sie in Rafes gekritzelten Seiten versunken.
    Er war ein unterhaltsamer, wenn auch unregelmäßig schreibender Briefschreiber. Seine Texte waren voller dramatischer Berichte über Rugbyspiele, und sie erzählten von Scherzen, die er mit anderen getrieben hatte, doch manchmal gab es auch ernste, sogar zärtliche Passagen.
    »Sturton wird sehr vermisst« , hatte er in einem der frühen Briefe geschrieben. »Er war unser mit Abstand bester Rugby-Stürmer, und er brachte uns zum Lachen, und es machte ihm nichts aus, Zielscheibe des Spotts zu sein. Niemand kann es fassen, dass er tot ist. An manchen Tagen hasse ich mich selbst, denn ich denke immer noch, dass es meine Schuld war.«
    Nach der Ankunft eines kostbaren Briefes musste Beatrice sich zwingen, nicht sofort darauf zu antworten. Sie spürte, dass sie nicht zu ungeduldig erscheinen sollte. Angies Unterricht trug Früchte. »Du solltest Jungs immer warten lassen, sagt meine Mutter.« Angie machte es ihr vor. Sie hatte mehrere leidenschaftliche Briefe von dem jungen Mann erhalten, den sie in Schottland kennengelernt hatte, und sie las sie Beatrice vor, rollte dabei die Augen und fasste sich spöttisch an die Brust. Beatrice lachte dann, aber sie selbst war anders. Sie hielt nichts davon, dass Angie sich ewig Zeit nahm, um ein paar Zeilen hinzukritzeln, oder manchmal überhaupt nicht antwortete.
    »Du bist grausam«, sagte Beatrice. »Jemand sollte ihm sagen, dass du dir nichts aus ihm machst.« Sie schwor sich, Angie niemals Rafes Briefe vorzulesen.
    Die Briefe des schottischen Jungen wurden wehleidig, und dann trafen keine mehr ein.

KAPITEL 9
    Cornwall, April 2011
    »Anfang 1938 waren die Nachrichten voll von Hitlers antijüdischen Verleumdungen, doch in diesem Haus ging es in den meisten Gesprächen um meine Zukunft«, erzählte Beatrice Ashton, als sie und Lucy das Mittagessen beendet hatten, das Mrs P. für sie zubereitet hatte. »Am Ende waren es zwei Dinge, die meine Eltern davon abhielten, mir den gleichen Weg vorzuschlagen wie Angelina. Ein Grund war die unsichere Lage auf dem Kontinent. Viele Mädchen gingen trotzdem ins Ausland, aber meine Eltern waren von der ängstlichen Sorte. Selbst in friedlichen Zeiten hätten sie sich Sorgen gemacht. Adolf Hitler hat ihnen eine brauchbare Entschuldigung geliefert.
    Der

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