Das Bienenmaedchen
unsere gemeinsamen Ferien vermissen.«
»Das darfst du nicht, bitte!«, erwiderte Rafe. »Irgendwas wird sich finden, du wirst sehen.« Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sein Griff wurde fester. Einen Moment oder zwei blieben sie so stehen, dann gab er sie frei und flüsterte: »Ich sag dir was: Warum gehst du nicht nach oben und wäschst dir das Gesicht, und dann essen wir einen Happen?«
Sie nickte. Unendlich enttäuscht ging sie langsam die Treppe hoch, außerstande, ihre Tränen zurückzuhalten. Dann stolperte sie den Flur entlang zum Badezimmer, das glücklicherweise frei war. Sie tupfte kaltes Wasser auf ihr Gesicht und trocknete es mit einem dünnen Baumwollhandtuch ab. Rasch drückte sie ihr Haar zurecht, setzte sich dann auf den Rand der Badewanne und starrte niedergeschlagen vor sich hin. Rafe sah in ihr nicht mehr als eine Freundin. Sie konnte ihm das nicht vorwerfen – nicht wirklich. Er hatte noch das ganze Leben vor sich: die Universität und eine Karriere, vielleicht als berühmter Arzt. Von jetzt an war sie ein Teil seiner Vergangenheit und nicht seiner Zukunft. Um nicht wieder in Tränen auszubrechen, kniff sie sich fest in den Arm. Dann warf sie noch einmal im Spiegel einen Blick auf ihr trauriges Gesicht und schloss die Tür auf. An der Treppe blieb sie stehen und machte kehrt. Besser, sie holte sich noch ein Taschentuch aus ihrem Koffer.
Als sie gerade die Tür zu Angelinas Zimmer öffnen wollte, nahm sie in der Dunkelheit weiter unten im Korridor eine Bewegung wahr.
»Hetty, solltest du nicht im Bett sein, Liebes?«, rief sie. »Ach, du bist es.«
Peter trat aus dem Schatten.
»Was machst du hier oben?«, fragte Beatrice. »Sie haben schon nach dir gesucht.«
»Haben sie das? Dann aber nicht besonders gründlich. Ich war die ganze Zeit in meinem Zimmer.« Er kam näher, blieb in der Tür stehen und beobachtete sie, während sie nach dem Taschentuch suchte. Angelina hatte ihre Nachttischlampe angelassen, die seltsame Schatten im Zimmer warf.
»Warum gehst du nicht runter?«, fragte sie. »Was ist los?«
»Das könnte ich dich auch fragen.« Er kam zu ihr ins Zimmer, und sie hatte Mitleid mit ihm wegen seiner Unbeholfenheit. Er trug einen Abendanzug, der zu groß für ihn war, und seiner Krawatte hing schief. Er stieß gegen die Frisierkommode, und Angelinas Glasflaschen fielen um.
»Verdammt.«
»Ich bring das in Ordnung.« Beatrice ging zu der Kommode hinüber und stellte die Flaschen wieder richtig hin.
Peter zog an seinem Kragen, der so steif war, dass es ihn störte. Im Spiegel der Frisierkommode starrten sie sich gegenseitig an. Zwei unglückliche Gesichter.
»Du bist so wie ich, oder?«, sagte er schließlich. »Sie gehen dir auf die Nerven.«
»Wer?«, fragte sie verwirrt.
»Alle. Sie sind so … ichbezogen. Ed ist nicht so schlecht, aber er kann sich der Verantwortung nicht entziehen. Aber meine Eltern und meine verfluchten Schwestern …« Er schaute im Zimmer umher, und nun sah sie es, als ob sie durch seine Augen blickte. Überall auf dem Boden waren Kleidungsstücke verstreut, ein paar Modemagazine lagen offen auf der weiß-rosa Daunensteppdecke. Auf dem Boden vor dem Waschbecken hatte Angie eine Dose Puder verschüttet und sich nicht die Mühe gemacht, es wegzuwischen. Beatrice hatte nie darüber nachgedacht, was für ein Leben Angie führte, die selbstverständlich davon ausging, dass jemand hinter ihr aufräumte. War es das, was Peter meinte? Sie selbst hatte ihren kleinen Koffer und die Schachtel für ihr Kleid ordentlich an die Wand gestellt – griffbereit, wenn um Mitternacht der Fahrer der Brookers kommen würde, um sie und Rafe abzuholen.
»Peter, was stimmt nicht?«, fragte sie. Er warf ihr einen wilden Blick zu. »Warum gehst du nicht nach unten?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich würde mich wie auf einer Folterbank fühlen. Über was soll ich mit all diesen Leuten reden? Ich kenne sie ja kaum!«
Beatrice erkannte, dass er allein schon den Gedanken an das Fest hasste: den Small Talk und dass er dann so tun müsste, als würde er sich amüsieren.
»Und dieser Mann«, murmelte er. »Dass meine Mutter die Nerven hat …«
»Wen meinst du?«, fragte sie, obwohl sie auch diesmal seine Gedanken lesen konnte. Der verwegen aussehende Mann mit dem Oberlippenbart. Offenbar war er wegen Oenone gekommen. »Woher weißt du das?«, fragte Beatrice. »Vielleicht irrst du dich ja auch?«
»Ich weiß es, okay? Ich
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