Das Bienenmaedchen
habe mit niemandem etwas ausgeheckt«, sagte sie. »Deine Mutter hat mich eingeladen, und ich habe geglaubt, es wäre ein gesellschaftlicher Besuch und dass du Bescheid wüsstest. Das ist alles.«
»Sie braucht dich als Spionin, das weiß ich. Sie lässt mich im Moment kaum etwas tun.«
»Angie, ich bin keine Spionin – ist das klar? Ich habe keine Ahnung, was sich da zwischen euch abspielt, aber ich werde mich da nicht einmischen.«
»Aber sie hat dich darum gebeten, oder?«
Beatrice zuckte mit den Schultern. »Und wenn es so wäre?«
»Sie hat dich in ihren Fängen, ich spüre das!«
»Mach dich nicht lächerlich. Wenn du so redest, wünschte ich, ich wäre nicht hergekommen.«
Angie starrte sie einen Augenblick lang an, dann wurden ihre Gesichtszüge weicher. »Tut mir leid«, sagte sie und schenkte Beatrice das umwerfende Lächeln, das sie so perfekt beherrschte. »Es ist nur so, dass im Moment alles so todlangweilig ist.« Sie stand auf und ging im Zimmer umher. Sie spähte in Beatrice’ Kulturtasche, bewunderte sich selbst in einem großen Spiegel und stürzte sich schließlich auf eine winzige gerahmte Fotografie von Rafe, die sie in dem Koffer fand, den Beatrice bedauerlicherweise offen gelassen hatte. Für einen Moment studierte sie nachdenklich das Bild und schien etwas sagen zu wollen, dann unterließ sie es und legte das Foto zurück.
»Und morgen«, sagte Angie, wickelte sich die Tagesdecke um die Schultern und setzte sich wieder auf das Bett, »hast du also den ganzen Tag Peterchen am Hals.«
»Es ist sehr nett von ihm«, erwiderte Beatrice und fragte sich, was hinter Angies sanfter Miene vor sich ging.
Angie fuhr mit den Fingern um die aufgedruckten Rosen auf der Bettdecke. »Wirklich?«, fragte sie. »Na ja, vielleicht kommst du später zum Dinner ins ›Quaglino’s‹. Dickie bringt ein paar Freunde mit. Hab ich dir schon von Dickie Bestbridge erzählt? Er ist ein absoluter Brüller. Hör zu, ich werde Mummy sagen, dass du mir die Leviten gelesen hast und ich versprochen habe – großes Ehrenwort –, mich zu bessern. Dann hört sie vielleicht auf, uns zu nerven.«
»In Ordnung.« Beatrice lächelte erleichtert. Die Wolke war vorübergezogen. Angie schüttelte sich die Tagesdecke von den Schultern, kam zu ihr hinüber und küsste sie auf die Wange. Anschließend tapste sie aus dem Zimmer, machte jedoch die Tür nicht ganz zu. Beatrice stieg aus dem Bett und drückte sie zu. Irgendetwas stimmte nicht mit der Klinke, und so drehte sie den Schlüssel um, damit sie nicht wieder aufsprang.
Am nächsten Morgen meldete sich Rafe immer noch nicht. Beatrice und Peter schlenderten durch die National Gallery, wo er die traurigen Lücken an den Wänden beklagte.
»Wo haben sie die Bilder versteckt?«, fragte Beatrice.
»Ich weiß es nicht. Mein Vater glaubt, irgendwo in Wales. Ich hab eine Vision von einer Höhle in den Bergen, wo König Arthur zwischen Hunderten von Bildern schläft, die um ihn herum aufgestapelt sind.«
Sie lachte und sagte dann in ernsterem Ton: »Es heißt, dass er aufwacht, wenn England in Not ist.«
»Vielleicht geschieht das ja über kurz oder lang. Er ist nervenaufreibend – dieser Krieg, der kein Krieg ist. Ich frage mich, wie Ed damit zurechtkommt. Er hat in letzter Zeit nicht geschrieben.« Er schaute sich im Raum um. »Sag mal, wenn du genug Bilder gesehen hast, sollen wir dann einen Happen zu Mittag essen und danach mit dem Bus nach Kensington fahren? Das Victoria and Albert Museum ist sehr beeindruckend.«
Ohne seine Familie ist Peter viel netter, dachte Beatrice. Sobald er über Dinge sprach, die ihn interessierten – Bilder und Antiquitäten –, gab er seine gewohnte Armesündermiene auf und zeigte eine lebhafte Begeisterung.
Sie aßen Sandwiches in einem Corner House von Lyons. Beatrice bewunderte die hin und her eilenden Kellnerinnen und versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, eine solche Arbeit zu machen. Sie würde gern etwas Nützliches tun, wenn sie die Schule beendet hatte, doch die Frage war, was. Alles, außer nach Saint Florian zurückzugehen und mit ihren Eltern ein erstickendes Leben in der Abgeschiedenheit zu führen – so viel wusste sie.
»Ich werde mich wohl selbst um Arbeit bemühen müssen«, seufzte Peter, als sie über die Zukunft sprachen. »Es sei denn, Vater findet irgendeinen Schreibtischjob für mich. Ich könnte es nicht ertragen, zu Hause zu bleiben. Ich würde verrückt. Beatrice, warum bist du hergekommen?«
»Ich wollte
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