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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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könnte meiner alten Freundin Gamwell schreiben, wenn du möchtest. Ich bin sicher, die FANY wäre erfreut, ein Mädchen mit deinen Qualitäten zu haben.«

KAPITEL 15
    Saint Florian, 2011
    »Entschuldige, dass ich dich unterbreche, aber was war die … äh … Fanny?«, fragte Lucy und fand, dass das Wort ein bisschen komisch klang.
    » Ist – nicht war «, entgegnete Beatrice stolz. »Das FANY-Korps gibt es nämlich immer noch. Wir galten als der nobelste der uniformierten weiblichen Dienste. FANY steht für ›First Aid Nursing Yeomanry‹, aber so hat uns nie jemand genannt. Die FANY wurde 1907 ursprünglich als Erste-Hilfe-Verbindung zwischen den Truppen an der Front und den Feldlazaretten gegründet und war sehr aktiv im Ersten Weltkrieg. Junge Frauen von freigeistiger Gesinnung wie Catherine Warrender, die ›etwas tun wollten, um zu helfen‹, konnten FANYs werden. Oft fanden sie sich in Frankreich oder Belgien wieder und arbeiteten unter extrem gefährlichen Bedingungen.«
    »Ich hab noch nie davon gehört«, gestand Lucy. »Ist dieses Korps ein Teil der Armee?«
    »Eine Zeitlang ja, während des Zweiten Weltkriegs. Die Organisation hatte immer ein leidenschaftliches Bewusstsein für ihre eigene Identität, was für mich einen Teil ihrer Anziehungskraft ausmachte. Die traditionellen bewaffneten Streitkräfte haben uns argwöhnisch beobachtet. Weil wir keine klar festgelegten Aufgaben hatten, glaubten sie, wir wären ein Haufen von Außenseiterinnen. Außerdem fanden sie es ziemlich schockierend, dass wir Schusswaffen tragen durften, was den anderen weiblichen Diensten nicht erlaubt war – höchst undamenhaft, verstehst du? Und die Organisation war ziemlich wählerisch. Sie haben nicht jede genommen.«
    »Aber du bist angenommen worden.«
    »Ja, das bin ich – dank Miss Warrender und des umwerfenden Empfehlungsschreibens meiner Schulleiterin. Die FANY stand damals unter der Schirmherrschaft des ATS, des ›Auxiliary Territorial Service‹ – des etablierteren Frauenzweigs der Armee. Doch wir FANYs hielten an unserer charakteristischen Identität und Führung fest. Und wir waren sehr stolz darauf, das kann ich dir sagen. Als FANY wusste man nie, wohin es einen verschlagen würde – bloß VIPs herumfahren oder nach Ägypten geschickt werden, um den Geheimdienst zu unterstützen wie meine Freundin Mary. Wir waren sehr flexibel.«
    »Und wohin hat es dich verschlagen?«
    »Das erzähl ich dir gleich. Bevor ich als FANY anfing, hat mich eine ganz besondere Nachricht erreicht. Sowohl Angie als auch meine Mutter schrieben mir in ihren Briefen, dass Rafe in einem ›Oflag‹ – einem Offizierslager für Kriegsgefangene – in Bayern aufgespürt worden war. Alle waren sehr erleichtert, dass er lebte und nach Auskunft des Roten Kreuzes bei guter Gesundheit war. Wir wussten allerdings, dass die Bedingungen in dem Lager schrecklich sein mussten.«
    »Was war mit ihm passiert?«, fragte Lucy. »Ich meine, wie ist er dorthin gekommen?«
    Beatrice hob ihre Hand. »Alles zu seiner Zeit, Liebes.« Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    »Geht es dir gut?«, fragte Lucy.
    Die alte Dame öffnete mir zuckenden Lidern die Augen. »Natürlich geht es mir gut.« Ihr Blick fiel auf den kleinen Reisewecker, dessen Zeiger auf drei Uhr standen. »Ich sollte jetzt wohl ein Nickerchen halten. Hast du Zeit, heute Abend wiederzukommen? So um halb sieben? Mrs P. hat gesagt, das Abendessen, das sie gerichtet hat, würde für uns beide reichen.«
    Wie selbstverständlich schlug Lucy den Weg ein, der über die Klippe nach Carlyon führte. Am Strand entlang senkte er sich nach unten und stieg auf der anderen Seite steil bergan. Bald schon war sie hoch über Saint Florian. Ein anderer Pfad zweigte nach rechts landeinwärts ab. Das musste der Weg sein, den Beatrice so oft gegangen war. Lucy ging an Feldern entlang, um eine Kurve herum und traf auf die Mauer. Dann erreichte sie die Landstraße und stand schließlich vor dem Tor von Carlyon.
    Nun kam es ihr seltsam vor, dass man das Haus so viele Jahre in seinem zerstörten Zustand belassen hatte. Vielleicht wusste Beatrice ja, wem es jetzt gehörte und warum man es nicht abgerissen oder wiederaufgebaut hatte. Vielleicht konnte ihr auch Simon aus dem Museum darüber Auskunft geben.
    Diesmal war es anders, durch die Ruinen zu schlendern. Lucy wusste nun besser über die Familie ihrer Großmutter Angelina Bescheid. Sie kannte die unterschiedlichen Persönlichkeiten und die Dinge, die

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