Das Biest in ihm (German Edition)
klein und zerbrechlich sie vor diesem Ungetüm wir k te.
„Wie du willst, nur klag dann nicht, wenn du Albträume bekommst.“
Sein erzwungenes Lachen ließ sie links liegen. Still folgte sie ihm über die Wi e se zurück ins Haus.
Er hatte die Klinke schon in der Hand, aber er brachte es nicht über sich, zu öffnen. „Willst du das wirklich sehen?“
„Du willst auch, dass ich es sehe.“
Sie griff um ihn herum, drückte seine Hand samt der Klinke nach unten und er regi s trierte überdeutlich die Gänsehaut, die sich über seinen Körper ausz u breiten begann. Als sie im Flur waren und er ihr den Blick auf seine Werke freigab, rührte sie sich nicht vom Fleck. Sie stand da, starrte das an, was den Raum über und über füllte und aus i h rem wunderschönen Mund kam kein Ton.
„Sag was.“
Langsam hob sie die Hand und legte sie sich auf den Mund.
„Bitte steh nicht stumm da. Ich bin Bildhauer. Es muss dir nicht gefallen, was du siehst.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. Wollte sie berühren, aus ihrer Starre befreien. Doch im selben Auge n blick drehte sie sich um und lief ihm direkt in den Arm.
Plötzlich waren alle Bedenken fortgewischt. Nur noch sie und er in diesem unwirkl i chen Raum voller Kreaturen, die nichts mit ihm zu tun haben sollten. Ihre Lippen glän z ten, luden ihn ein. Er berührte sie, flüsterte Ninas wunde r schönen Namen, kostete sie wieder. Sie zögerte nur einen Augenblick, dann griff sie in sein Haar, zog ihn zu sich und nahm ihm mit ihren Küssen den Atem. Sie schmeckten köstlich, süß, nach tiefem Bege h ren, nach reiner Lust auf ihn. Es war ein Geschenk. Er konnte es nicht ablehnen. Er wol l te in ihrer Leidenschaft versinken und nie wieder auftauchen. Sie biss ihn in die Li p pe. Tief in ihm zuckte es. Ihr Blick flehte, mehr für sie zu tun. Langsam legte sie den Kopf in den Nacken, füh r te seinen Mund zu ihrer Kehle. Das schmerzende Ziehen fraß sich durch sein I n neres. Das Biest brüllte vor Lust. Nina ließ von ihm ab, starrte ihn an. Als sie in seinen Augen fand, was er fürc h tete, wich alle Farbe aus ihrem Gesicht.
Wäre er ihr doch niemals begegnet.
Seine Stirn sank auf ihre Schulter. Sie wich nicht zurück. Vincent betete, dass sie sein Keuchen nicht hö r te. Er wollte es zurückhalten, doch es ging nicht. Stoßweise kroch es aus seiner Kehle und kündigte den Wunsch des Biestes an, sich in Nina zu versenken. „Geh!“ Mit aller Kraft versuchte er , es aufzuhalten , aber seine Stimme klang heiser, wie das Fauchen eines wilden Tieres.
„Du musst jetzt gehen. Sofort!“ Der Schmerz packte ihn und er klappte nach vorn in einem einzigen Krampf. Luft! Er konnte nicht mehr atmen.
Nina fing ihn auf, ließ ihn langsam zu Boden sinken. In ihm brüllte es bei dieser en t setzlich vielversprechenden Nähe. Er zog die Beine an, umklammerte sie , aber das Re i ßen in seinem Inner e n wurde stärker. Mitten im Schmerz fühlte er ihre Arme um sich.
„Keine Angst.“ Nina strich ihm die Haare aus der Stirn und es gelang ihm, sich auf die Kühle ihrer Hand zu konzentrieren. „Gleich geht es vorbei.“
Seine Hände krümmten sich. Er versuchte , sie unter die Knie zu klemmen , aber Nina hielt sie fest. Hilflos sah er zu, wie seine Klauen in ihren Händen wuc h sen. Sie schrie nicht, als das Fell kam. Sie fiel auch nicht in Ohnmacht. Sie war da. Bei ihm. Und hielt ihn fest. Auch dann noch, als er die Kontrolle über seinen haltlos zuckenden Körper aufgab. Er durfte nicht zulassen, dass ihr etwas geschah. Er musste es niederzwingen, und wenn es ihn das Leben ko s tete. Vincent schlug seine Zähen ins eigene Fleisch , aber es kam nicht gegen den Schmerz in seinem Inner e n an. Nina hob sein Kinn, zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. Tu das nicht Nina! Meine Augen sind fort! Was du siehst, ist das Tier.
„Du willst es mir nicht zeigen?“
Er hatte keine Ahnung, ob er den Kopf schüttelte oder nur grunzte, aber sie g e stattete ihm wieder, seinen Monsterschädel an die Brust zu pressen und sich den Tod zu wü n schen.
„Du schaffst es. Gib nicht auf. Ich weiß, dass du es schaffst.“
Warum hatte sie keine Angst? Die Zähne … sah sie denn die Zähne nicht?
Nina blieb ruhig. Sie hielt ihn wie ein kleines Kind, das man über einen Albtraum hi n wegtröstet. Bei jedem Keuchen streichelte sie über seinen Rücken und bei jedem erstic k ten Schrei hielt sie ihn fester umschlungen. So lange, bis der Krampf nachließ. Der Schmerz ebbte ab. Und in ihren Armen
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