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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mannigfaltige Surren von Ventilatoren aus den zahlreichen Fenstern, mit
denen versucht wurde, Zimmer zu kühlen, die im August wie
Backöfen sein würden. Sie hatte ihr hübsches kleines Haus gegen
diese beengte Bude eingetauscht, aber jetzt hatte er keine Zeit, über
dieses Rätsel nachzudenken. Die Frage war im Augenblick, wie
viele Mieter in diesem Gebäude wohnten, und wie viele an einem
Samstagabend zu Hause sein würden. Mit anderen Worten, wie
viele sich als Problem erweisen konnten.
Keiner, sagte die Stimme aus der Tasche von Normans neuem
Mantel. Es war eine tröstliche Stimme. Keiner, weil nicht wichtig ist, was danach geschieht, und das vereinfacht alles.
Wenn dir jemand in die Quere kommt, tötest du ihn einfach. Er drehte sich um, ging hinaus auf die Treppe und zog die Tür
hinter sich zu. Er drückte dagegen und stellte fest, daß sie verschlossen war. Wahrscheinlich hatte er das Schloß geknackt - es sah
gewiß nicht aus, als wäre es eine nennenswerte Herausforderung -,
aber es war ein wenig beunruhigend, daß er es nicht mit Sicherheit
wußte. Und das Licht - warum hatte er sich die Mühe gemacht, das
Licht kaputtzumachen, wo sie doch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit allein kommen würde? Und was das anbetraf, wie konnte
er wissen, ob sie nicht schon drinnen war?
Das zweite war leicht - er wußte, sie war nicht drinnen, weil der
Stier es ihm gesagt hatte, und er glaubte ihm. Was die erste Frage
anging, möglicherweise war sie nicht allein. Vielleicht war Gertie
bei ihr, oder … nun, el Toro hatte etwas von einem Freund gesagt.
Das konnte Normern schlicht und einfach nicht glauben, aber …
»Es gefällt ihr, wie er sie küßt«, hatte Ferd gesagt. Papperlapapp,
das würde sie nie wagen … aber es konnte nicht schaden, auf Nummer Sicher zu gehen.
Er ging die Stufen hinunter, weil er zu dem Streifenwagen
zurückgehen, sich wieder ans Lenkrad setzen und warten wollte,
bis sie aufkreuzte, und da geschah der letzte Aussetzer, ein kurzes
Hochwirbeln, kein Abprallen, als würde vor einem Spiel eine
Münze geworfen werfen, wer hat Anstoß, und als er wieder zu sich
kam, schlug er die Haustür hinter sich zu, sprang in die Dunkelheit
und schloß die Hände um den Hals von Rosies Freund. Er hatte
keine Ahnung, woher er wußte, daß der Mann ihr Freund war, und
nicht nur ein Zivilbeamter, der den Auftrag bekommen hatte, sie
sicher nach Hause zu bringen, aber wen interessierte das? Er
wußte es, das war genug. Sein ganzer Kopf bebte vor Entrüstung
und Wut. Hatte er gesehen, wie der Kerl
(es gefällt ihr, wie er sie küßt)
vor dem Hineingehen Spucke mit ihr getauscht hatte, während
seine Hände möglicherweise an ihrer Taille hinabglitten und die
Arschbacken hielten? Er konnte sich nicht erinnern, wollte sich
nicht erinnern, mußte sich nicht erinnern.
»Ich hab’s dir ja gesagt!« sagte der Stier. Selbst in seiner Wut
klang seine Stimme vollkommen gelassen. »Ich hab’s dir gesagt,
oder nicht? Das haben ihre Freundinnen ihr beigebracht! Nett.
Sehr nett!«
»Ich bring dich um, du Wichser«, flüsterte er in das
unsichtbare
Gesicht des Mannes, der Roses Freund war, und drängte ihn an
die
Wand des Hausflurs. »Und, o Mann, wenn ich kann, wenn Gott
mich läßt, dann werd ich dich zweimal umbringen.«
Er legte Bill Steiner die Hände um den Hals und drückte langsam zu.
11 »Norman!« kreischte Rosie in der Dunkelheit. »Norman, laß
ihn los!«
    Bills Hand, die sacht ihren Arm berührte, seit sie den
Schlüssel aus dem Türschloß gezogen hatte, war plötzlich
fort. Sie hörte stolpernde Schritte Stapfen in der Dunkelheit. Dann ein lauteres Poltern, als ob jemand einen anderen
gegen die Windfangwand stieß.
    »Ich bring dich um, du Wichser«, ertönte ein Flüstern aus
dem Dunkel. »Und, o Mann, wenn ich kann, wenn Gott mich
läßt-«
    Dann werd ich dich zweimal umbringen, dachte sie zu Ende,
bevor sein Mund es aussprechen konnte; das war eine von
Normans Lieblingsdrohungen, die er häufig dem Bildschirm
zuschrie, wenn der Linienrichter eine Entscheidung gegen
Normans heißgeliebte Yankees fällte, oder wenn ihn jemand
im Straßenverkehr schnitt. Wenn Gott mich läßt, dann werd ich
dich zweimal umbringen. Dann hörte sie ein ersticktes Würgen,
und das war selbstverständlich Bill. Das war Bill, den Norman mit seinen großen und kräftigen Pranken erwürgte.
    Statt der Angst, die Norman stets in ihr geweckt hatte,
spürte sie, wie die Wut zurückkehrte, die sie zuerst in Haies
Wagen und

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