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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der
Hand, ein Geräusch, wie es ein Brett unter dem Knie eines
Mannes oder einer Frau von sich gab, bevor es brach. Sie
spürte, wie Norman zusammenzuckte, hörte ihn ein hohles,
fragendes Heulen ausstoßen, das fast ausschließlich aus
Vokalen zu bestehen schien Aaaoouuu? -, und dann glitt
sein Unterkiefer nach vorne wie eine Schublade, als er aus
dem Gelenk ausgerenkt wurde. Norman schrie vor Schmerzen, und als Rosie die blutende Hand befreite, dachte sie: Das
hast du nun von deinem Beißen, du Aas, versuch es jetzt mal.
Sie hörte, wie er zurückwich, und ortete seine Position
durch seine Schreie und sein Hemd, das an der Wand entlang
glitt. Jetzt greift er zur Waffe, dachte sie und drehte sich wieder
zu Bill um. Bill lehnte an der Wand, ein dunkler Umriß in der
Dunkelheit, und hustete wieder verzweifelt.
»He, Leute, kommt schon, ein Witz ist okay, aber was
zuviel ist, ist zuviel.« Das war der Mann von oben, der sich
quengelig und verunsichert anhörte, aber jetzt schien
er unten zu sein, am anderen Ende des Flurs, und eine böse Vorahnung erfüllte Rosies Herz, noch während sie den Schlüssel
im Schloß drehte und die Tür aufstieß. Sie hörte sich gar
nicht wie sie selbst an, sondern wie die andere, als sie schrie.
»Gehen Sie weg, Sie Narr! Er wird Sie umbringen! Kommen Sie
nicht -«
Ein Schuß ertönte. Sie sah nach links und konnte einen
flüchtigen, alptraumhaften Blick auf Norman werfen, der
mit überkreuzten Beinen auf dem Boden saß. Sie hatte nicht
genügend Zeit, daß sie erkennen konnte, was er auf dem
Kopf trug, und dennoch wußte sie sofort, was es war: eine
Stiermaske mit einem albern grinsenden Gesicht. Blut - ihr
Blut - verschmierte die Mundöffnung. Sie konnte Normans
gequälte Augen erkennen, die Augen eines Höhlenmenschen, der im Begriff ist, einen letzten, vernichtenden Kampf
zu führen.
Der andere Mieter schrie, als Rosie Bill durch die Tür zog
und sie hinter sich zuschlug. Ihr Zimmer lag im Schatten, das
Licht der Straßenlaternen, die normalerweise einen Lichtstreifen auf den Fußboden warf, wurde durch den Nebel
gedämpft, aber verglichen mit Hausflur, Treppenhaus und
Korridor schien es regelrecht hell zu sein.
Als erstes sah Rosie dem Armreif, der schwach im Dunkeln glänzte. Er lag neben dem Sockel der Lampe auf dem
Nachttisch.
Ich hab es ganz alleine geschafft, dachte sie. Ihr Erstaunen war
so groß, daß sie sich wie gelähmt vorkam. Ich hab es ganz
alleine geschafft, nur weil ich dachte, ich würde ihn tragen
Logisch, antwortete eine andere Stimme, und das war eine
Besucherin, die sich schon lange nicht mehr in Rosies Kopf
hatte sehen lassen: Ms. Praktisch-Vernünftig. Logisch, denn in
dem Armreif war nie die Macht, niemals, die Macht war immer in ihr, die Macht war immer in
Nein, nein. Das würde sie nicht weiter verfolgen, auf keinen Fall. In diesem Augenblick wurde ihre Aufmerksamkeit
sowieso abgelenkt, denn Norman prallte wie ein Güterzug
gegen die Tür. Das billige Holz splitterte unter seinem
Gewicht; die Tür ächzte in den Scharnieren. Ein Stück weiter
weg wimmerte der Mieter von oben, ein Mann, den Rosie nie
kennengelernt hatte.
Rasch, Rosie, rasch! Du weißt, was du zu tun hast, wohin du
gehen mußt
»Rosie … ruf… muß rufen…« Weiter kam Bill nicht, dann
fing er wieder an zu husten - so sehr, daß er nicht zu Ende
sprechen konnte. Sie hatte sowieso keine Zeit, auf derlei
dummes Zeug zu hören. Später mochten sich seine Einfälle
vielleicht als brauchbar erweisen, aber im Augenblick bedeuteten sie nur ihren sicheren Tod. Ihre Aufgabe bestand
nur darin, sich seiner anzunehmen, ihn zu beschützen …
und das bedeutete, ihn an einen Ort zu bringen, wo er in
Sicherheit war. Wo sie beide in Sicherheit waren.
Rose riß die Schranktür auf und rechnete damit, die
fremde, andere Welt darin zu sehen, wie damals, als sie
durch Donnergrollen erwacht war, anstelle ihrer Schlafzimmerwand. Sonnenschein würde herausfluten und ihre an die
Dunkelheit angepaßten Augen blenden …
Aber es war nur ein Schrank, klein und stickig, und nichts
war darin - das einzige, was sie darin aufbewahrt hatte, trug
sie am Leib: einen Pullover und ein Paar Turnschuhe. O ja,
das Bild war da, es lehnte an der Wand, wo sie es abgestellt
hatte, aber es war nicht gewachsen oder hatte sich verändert
oder sich geöffnet, oder was immer es tat. Es war nur ein
Bild, das aus dem Rahmen gebrochen war, ein mittelmäßiges
Gemälde, wie man sie ganz hinten bei Trödlern oder auf
Flohmärkten oder in

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