Das Bild
und zu einem Zopf geflochten (wovon
sie selbst ziemlich überzeugt war), hatte Pam als Antwort
nur komisch die Augen verdreht und ihr übertrieben zugeblinzelt. Es war nervtötend … aber auch ziemlich süß.
Sie machte das Fenster auf, ließ die milde Frühlingsluft
und die Geräusche des Parks herein und ging dann zu dem
kleinen Küchentisch, wo ein Taschenbuch neben den Blumen
lag, die Bill ihr am Montagabend gebracht hatte. Die Blumen
verwelkten allmählich, aber sie glaubte nicht, daß sie es über
sich bringen würde, sie wegzuwerfen. Jedenfalls nicht vor
Samstag. Gestern nacht hatte sie von ihm geträumt, hatte
geträumt, daß sie mit ihm auf seinem Motorrad fuhr. Er fuhr
immer schneller und schneller, und irgendwann einmal war
ihr ein schreckliches, wunderbares Wort eingefallen. Ein
Zauberwort. Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, was es gewesen war, etwas Sinnloses wie deffle oder feffle, aber in dem Traum schien es ein wunderbares Wort
gewesen zu sein… und machtvoll. Sprich es nicht aus, wenn es
dir nicht wirklich und wahrhaftig Ernst damit ist, hatte sie
gedacht, wie sie sich erinnern konnte, während sie über eine
Landstraße fuhren, wo links Berge aufragten und rechts Sonnenstrahlen blau und golden auf dem hinter Fichten gelegenen See blitzten. Vor ihnen lag ein bewachsener Hügel, und
sie wußte, auf der anderen Seite davon lag eine Tempelruine. Sprich es nicht aus, wenn du nicht bereit bist, dich mit Leib und
Seele hinzugeben.
Plötzlich hatte sie das Wort gesagt, es kam aus ihrem
Mund wie ein elektrischer Schlag. Die Reifen von Bills Harley hatten von der Straße abgehoben - einen Moment hatte
sie den vorderen gesehen, der sich zehn Zentimeter über
dem Asphalt drehte -, und sie hatte ihren Schatten gesehen,
nicht neben, sondern unter ihnen. Bill hatte Gas gegeben, und
plötzlich schössen sie dem klaren blauen Himmel entgegen,
stiegen von der Straße zwischen den Bäumen empor wie ein
Unterseeboot aus dem Ozean, und da war sie in ihrem Bett
aufgewacht, die Laken um sich herum zusammengeknäult,
zitternd und doch im Griff einer gewaltigen Hitze, die in
ihrem Zentrum verborgen zu sein schien, unsichtbar und
mächtig, wie die Sonne bei einer Sonnenfinsternis.
Sie hatte starke Zweifel, ob sie fliegen würden, wie machtvoll die Zauberworte auch sein mochten, die sie ausprobierte, aber sie dachte, daß sie die Blumen doch noch eine
Weile behalten würde. Vielleicht würde sie sogar ein paar
zwischen den Seiten eben dieses Buches pressen.
Sie hatte das Buch bei Elaine’s Dreams gekauft, wo sie sich
die neue Frisur hatte machen lassen. Der Titel lautete: Schlicht und elegant: Zehn Frisuren zum Selbermachen. »Die
sind gut«, hatte Elaine zu ihr gesagt. »Selbstverständlich
sollte man sich das Haar immer von einem Friseur machen
lassen, das ist meine Meinung, aber wenn man es sich aus
Geld- oder Zeitgründen nicht jede Woche leisten kann und
der Meinung ist, bevor man die 8ooer Nummer anruft und
sich den Topsy-Tail-Kunstzopf bestellt, könnte man sich
auch gleich erschießen, dann ist dieses Buch ein anständiger
Kompromiß. Aber versprechen Sie mir um Himmels willen,
daß sie vorher zu mir kommen, wenn ein netter Mann sie
nach Westwood zum Ball des Country Club einlädt.«
Rosie setzte sich und schlug Frisur Nr. 3 auf, »Klassischer
Zopf« … den man, wurde sie gleich im ersten Abschnitt
informiert, auch »Klassischer Französischer Zopf« nannte.
Sie studierte die Schwarzweißbilder, welche eine Frau zeigten, die ihr Haar zuerst teilte und dann flocht, und als sie am
Ende angekommen war, befolgte sie die Anweisungen rückwärts und löste den Zopf. Wie sich herausstellte, war es
wesentlich leichter, ihn am Abend zu lösen, als am Morgen
neu zu flechten; es kostete sie eine Dreiviertelstunde und
jede Menge Flüche, bis sie ihn wenigstens ungefähr wieder
so hinbekam wie gestern abend, als sie Elaine’s Dreams verlassen hatte. Aber es hatte sich gelohnt; Pams ungenierter
Aufschrei des Erstaunens im Hot Pot war all die Mühe wert.
Als sie mit ihrer Arbeit fertig war, mußte sie wieder an Bill
Steiner denken (der in ihren Gedanken niemals weit weg
gewesen war), und sie fragte sich, ob ihm ihr Zopf gefallen
würde. Ob ihm ihr Haar blond gefallen würde. Oder ob er die
Veränderungen überhaupt nicht bemerken würde. Sie fragte
sich, ob sie unglücklich wäre, wenn er sie nicht bemerkte,
dann seufzte sie und rümpfte die Nase. Natürlich wäre sie
unglücklich. Andererseits, wenn er es
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