Das bisschen Haushalt
mit dem Auto in den Urlaub, sondern wir fliegen. Das heißt, dass wir nur ganz, ganz wenig Gepäck haben dürfen. Du kannst höchstens eine Puppe und ein paar Playmobilmännchen sowie ein paar kleinere Bücher einpacken.“ Sofort stehen ihr die Tränen in den Augen. Da muss sie durch. Im Leben muss man halt immer wieder entscheiden und verzichten. Ich trage Rebecca auf, ihren Haufen so zu reduzieren, dass dieser nur noch die Größe eines Schuhkartons hat.
Bei Paul sieht die Lage anderes aus. Seine Mitnahmeartikel passen locker in ein Seitenfach des Koffers, denn er möchte nur seinen Nintendo inklusive seiner neun Spiele dabei haben. „Kommt gar nicht infrage. Du spielst schon zu Hause viel zu viel mit diesem elektronischen Schrott“, mache ich klar. „Du bist so was von fies. Du bist der gemeinste, blödeste Vater auf der Welt“, darf ich mir als Antwort ins Ohr brüllen lassen. Ich zähle leise bis fünf, schnaufe tief durch und gehe in die Knie, um ihm direkt in die Augen zu sehen: „Ich verstehe, dass du damit nicht einverstanden bist, aber dennoch bleibt es dabei. Pack’ doch zum Beispiel ein paar Matchboxautos, deine PlaymobilRitter und deine Drei-???-Bücher ein.“ „Vergiss es, dann nehm’ ich gar nix mit!“ O. k., dann soll er halt im Urlaub einfach nur dumm rumsitzen, ich jedenfalls habe jetzt keine Lust, ewig mit ihm darüber zu diskutieren, schließlich muss ja noch der Kinderkoffer gepackt werden.
Da die Kinderkleiderschränke für mich ein bislang unerforschtes Territorium sind - Carola legt ja die Kleider immer zurecht und sortiert die gewaschene Wäsche wieder ein -, habe ich so meine Mühen, mich zu orientieren. Dennoch gelingt es mir, alle auf der Liste stehenden Kleidungsstücke zu finden. Ich bin richtig erleichtert und glücklich, als ich das letzte Teil - ein rosafarbenes Hängerkleidchen - in den Koffer lege. Ich habe sogar noch Platz für eventuell Vergessenes gelassen. Carola wird stolz auf mich sein.
Als Carola gegen 19:00 Uhr nach Hause kommt, führe ich sie gleich zu den beiden Koffern. Erwartungsvoll sehe ich sie an. Doch statt mir um den Hals zu fallen und zu hauchen: „Ich liebe dich - das hast du toll gemacht!“, blicken mich zwei entsetzt geweitete Augen an. „Mit diesem Sammelsurium an Kleidern können wir vielleicht in Ost-Anatolien auf den Basar gehen, aber nicht in ein 4-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera. Du hast ja mal wieder Null Geschmack bewiesen!“ Das kränkt mich. O. k., ich hatte jetzt nicht unbedingt darauf geachtet, dass Hosen/Röcke und Hemden/T-Shirts gut zu kombinieren sind. Aber wir sind doch im Urlaub und nicht auf einer Modenschau! Kommentarlos und schmollend ziehe ich mich in mein Büro zurück. Carola packt bis um 00:30 Uhr die Koffer komplett neu. Selbst Schuld!
Freitag, 15. August
Als der Wecker um 03:00 Uhr klingelt, bin ich noch immer wegen gestern Abend verärgert. Auch Carolas Stimmung hat sich nicht verbessert. Im Gegenteil: Mit nur zweieinhalb Stunden Schlaf ist sie extrem gereizt. Ich hoffe, die frostige Atmosphäre wird unter türkischer Sonne dahinschmelzen wie Schokoladeneis am Strand.
Es ist leichter, Paul und Rebecca mitten in der Nacht zu wecken als an einem normalen Schultag. Sei es wegen der Urlaubsvorfreude oder der Reisenervosität - die zwei sind jedenfalls blitzschnell wach und glänzen mit einer solch guten Laune, dass mir fast davon schlecht wird. Auch das am Vortag reservierte Taxi kommt pünktlich um 04:00 Uhr. Kein schlechter Start in den Urlaub!
Um 05:00 Uhr sind wir am Flughafen und finden auf Anhieb einen Gepäckwagen. Paul und Rebecca entern ihn und lassen sich von mir durch das Terminal schieben. Vor Schalter 468 warten bereits Hunderte sonnenhungrige Urlauber; die Schlange scheint endlos. Hinter uns hat sich eine ebenfalls vierköpfige Familie angestellt, deren etwa siebenjähriger, pausbäckiger Sohn darauf besteht, den Gepäckwagen zu schieben. Immer, wenn es ein paar Zentimeter weitergeht, rammt er mir den Wagen in die Waden. Als der Wagen zum dritten Mal in meine Beine kracht, reicht’s mir. Ich drehe mich um und beschwere mich, woraufhin der beleibte Vater seinen Sohn verteidigt: „Stellen Sie sich doch nicht so an, das tut doch nicht weh“, ätzt er. „Und ob das wehtut! Außerdem wäre es ein Zeichen der Höflichkeit, sich wenigstens zu entschuldigen. Wenn Sie und Ihr Nachwuchs nicht wissen, was sich gehört, dann muss ich das wohl sagen dürfen.“ Eisiges Schweigen.
Das lange Anstehen am
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