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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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zu schwach, um zu widersprechen. Ergeben streckte sie sich auf der Matratze aus. Sie gab es ungern zu, aber Mario war der einzige Mensch auf der Welt, der sie verstand. Und der sie sah, wie sie wirklich war.
    Er glitt neben sie und strich mit den Händen über ihren Bauch. »Da sitzt die Wut. Genau da. Du hast die Wut gut verpackt. Du hast sie in deinem dicken, großen Bauch versteckt. Lass sie raus.«
    Verständnislos blinzelte Niki ihn an. »Wie denn?«
    Mario nahm eines der pinkfarbenen Kissen und hielt es ihr hin. »Box rein.«
    »Kann ich nicht.«
    »Stell dir jemanden vor, auf den du wütend bist. Da gibt es ganz bestimmt jemanden. Na, los doch.«
    Wolfgangs selbstgewisses Lächeln tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. War sie wütend auf ihn? Nein, eher fühlte sie sich schuldig. Er war ein strahlender Held und sie eine pummelige Peinlichkeit, für die er sich vermutlich schon seit Jahren schämte. Ja, so war es. Leider. Sie war ein übergewichtiges Monster, das keine Liebe verdient hatte. Nur einen Mann, der seinen Appetit woanders stillte.
    Doch dann schaute sie in Marios fragende Augen, und ganz neue Gedanken kamen ihr in den Sinn. Falsch! Wolfgang war es, der sie abgehakt hatte! Er hatte sie im Stich gelassen, allein mit ihren Pralinen, ihren Kuchen, ihren dampfenden Töpfen. Und hatte tatenlos zugesehen, wie sie in ihrem Fett und ihrem Elend versank, während er sich mit einer anderen vergnügte!
    Niki setzte sich auf. Der erste Schlag war noch zaghaft. Der zweite schon kräftiger. Dann boxte sie mit beiden Händen drauflos. Auch Mario bekam etwas ab, doch das schien ihn nicht zu stören.
    »Ja! Ja!«, feuerte er Niki an. »Bloß nicht schwächeln! Du bist stark!«
    Sie machte weiter, bis ihr die Tränen kamen. Dann ließ sie die Fäuste sinken. Hemmungslos schluchzte sie alles heraus, was sie immer runtergeschluckt hatte. Mit dem Ärmel ihres Frotteekleids wischte sie sich über das nasse Gesicht.
    »Gut, sehr gut«, sagte Mario beschwichtigend. »Wein ruhig, das befreit.«
    Er legte das Kissen beiseite. Zart streichelte er ihren zuckenden Körper. Ihren Busen. Hallo? Ja, ihren Busen. Ihren Bauch. Ihre – Moment mal! Sie hielt seine Hand fest.
    »Schließ die Augen. Lass es einfach geschehen«, ertönte Marios samtweiche Stimme.
    Seine Hände waren überall. Er war nicht zudringlich, nur voller Hingabe und Zärtlichkeit. Sanft massierte er jeden einzelnen ihrer Finger, ihre Ohrläppchen, ihre Halsbeuge. Noch nie hatte Niki etwas so Schönes, so Zartes und Liebevolles erlebt. Na ja, ein Hauch von Erotik war vielleicht dabei. Aber nicht so, wie sie es befürchtet hatte. Ganz anders – pure Wonne. Allmählich entspannte sie sich und atmete ruhiger, mit geschlossenen Augen.
    Mario war ein Knaller.
     
    In der Kneippabteilung herrschte Hochbetrieb. Dicht gedrängt saßen die Gäste auf weißgekachelten Stufen, die sich an den hellblauen Wänden entlangzogen. Ihre nackten Füße hielten sie in nebeneinander aufgereihte Wasserbecken. Ein milchiger Dunst mit einem leichten Himbeeraroma hingüber den Köpfen. Auch hier verzichtete man nicht auf therapeutische Musik, die sich mit dem gedämpften Gemurmel der Anwesenden mischte.
    Benommen blieb Niki an der Glastür stehen. In ihrem Kopf purzelten die Bilder der vergangenen Stunde durcheinander wie Spielfiguren in einem Würfelbecher. War das alles wirklich passiert? Warum hatte sie es zugelassen? Hatte Mario sie verhext? Es fiel ihr schwer, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Ihr Körper vibrierte bis in die Fingerspitzen.
    »Hier ist noch was frei!«, rief jemand.
    Es war Tamara. Ihre roten Locken hatte sie zu einem gekonnt nachlässigen Dutt frisiert. Im Ausschnitt ihres Jogginganzugs glänzte eine schwere Goldkette, an den Fingern glitzerten Brillantringe. Da klotzte aber jemand gewaltig. Wieso hatte Tamara das nötig?
    Niki fand große Klunker ziemlich daneben. Sie besaß nebenbei bemerkt auch gar keine. Wolfgangs Geschenke waren eher fantasielos bis schäbig gewesen – Pralinen, Tuppersets, Alpenveilchen. Bis er den entscheidenden Fehler gemacht und ihr seine Kreditkarte überlassen hatte. Ein himmlischer Fehler. Wie sonst hätte sie die geschmeidigen Hände von Mario kennengelernt? Ach, Mario …
    »Hey, Niki! Was stehst du da rum? Immer nur rein in die gute Stube!«
    Na, schön. Seufzend hockte sie sich neben Tamara. Im hellen Morgenlicht, das durch die Fenster fiel, sah ihr Gesicht älter aus als bei Kerzenschein in der nächtlichen Küche.Auf den

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