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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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Tasse und trank. Die Enttäuschung folgte auf dem Fuße.
    »Muckefuck!«, rief sie erbost.
    »Getreidekaffee«, verbesserte Fräulein Rottenmeier. »Sehr bekömmlich. Bohnenkaffee ist verboten. Koffein macht süchtig und unterbindet eine authentische Körperwahrnehmung.« Sie stellte Niki das Brötchen vor die Nase. »Guten Appetit, Frau Michels.«
    Guten Appetit? Wobei denn? Der Tag würde kommen, an dem sie die Wahrheit über das schreckliche Fräulein Rottenmeier herausschreien würde: dass sie nachts heimlich Eis in sich reinstopfte, während sie ihre Gäste grausam darben ließ.
    »Ich weiß nicht, was mir lieber wäre – dieser eklige Kaffeeoder der sichere Tod«, sagte sie düster, als Fräulein Rottenmeier außer Hörweite war.
    »Man gewöhnt sich an das Essen hier«, beteuerte Leo. »Ich sage immer: Die Summe der Laster bleibt gleich. Man muss nur rausfinden, welche Laster es außer Essen sonst noch gibt.«
    Seine Augen lächelten. Irgendwie hatte der Mann was. Auch wenn er eher mütterliche Gefühle in Niki weckte.
    »Und wie sieht Ihr Programm heute aus?«, fragte Leo.
    Niki hatte gerade in das mausegraue Brötchen gebissen und verschluckte sich prompt. Würgend wedelte sie mit den Händen.
    »Sch-sch-atzi«, hustete sie.
    »Schatzi? Sind wir schon so weit?«, grinste Leo.
    Zu einer Antwort kam es nicht mehr. Nikis Darmtrakt meldete Alarmstufe rot. Sie warf ihre Tasse um und riss auch gleich den Stuhl mit, als sie mit der Anmut eines Bulldozers losstürzte und die rettende Schwingtür ansteuerte.
    Was für eine Bescherung. Niki fühlte sich wie ein Elefant mit einem Silvesterböller im Po. Die Kombination von Spaghetti und Glaubersalz war eine hochexplosive Mischung. Aus so was könnten Terroristen Bomben bauen, dachte sie, als die unappetitlichen Dinge ihren Lauf nahmen. Dann fiel ihr der Termin um neun ein, und ihr Herz rutschte in den Schlüpfer. Den sie gar nicht anhatte.
     
    »Herzlich willkommen, ich bin Mario.«
    Niki musterte ihn erleichtert. Der etwa dreißigjährige Mann sah ganz harmlos aus. Groß, braunes, schulterlangesHaar, eher dürr als schlank. Er trug eine weite weiße Baumwollhose und ein ebenso weites weißes T-Shirt, das um seinen schmalen Brustkorb schlotterte. Irgendwie wirkte er wie ein Hippie, der sich im Marihuanarausch ins Vitalis verlaufen hatte. Jedenfalls nicht wie eine erogene Zone auf zwei Beinen.
    Sie sah sich um. Die Wände des gut geheizten Raums waren sonnengelb gestrichen, ein paar künstliche Palmen sollten offenbar für exotisches Flair sorgen.
    Ob Walburga hier wirklich einen Quickie gehabt hatte? Bestimmt war es nur das schwüle Wunschdenken einer Frau gewesen, die hoffnungslos oversexed war. Das sah Walburga ähnlich. Große Klappe und kein Zahn im Mund. Oder hatte sie selbst ihr Opfer angefallen? Armer Mario. Aber man konnte nicht vorsichtig genug sein. Auch bei einer unerotischen Bohnenstange.
    »Mein Hauskleid behalte ich an«, stellte Niki klar.
    »Das wollte ich auch gerade vorschlagen«, sagte er.
    Blinkte da etwa ein Funken Spott in seinen Augen? Mit gemischten Gefühlen nahm Niki die große orangefarben bezogene Matratze am Boden in Augenschein. Sie war das einzige Möbelstück im Raum, falls man so was überhaupt als Möbelstück bezeichnen konnte. Ein paar pinkfarbene Kissen lagen darauf. Gelbe Wände, orange Matratze, pinke Kissen – der gute Mario war farbenblind, so viel stand schon mal fest.
    Angriffslustig sah sie ihn an. »Und? Worum geht’s? Muss ich jetzt meinen Namen tanzen?«
    »Shiatsu ist eine energetische Therapie«, erklärte er vollkommen ruhig. »Das Ziel ist es, Energieblockaden aufzuspüren und sanft zu lösen.«
    Na, dann sind wir morgen früh noch nicht fertig, dachte Niki. Ich bin eine einzige Blockade. 97,5 Kilo abwesende Energie.
    Mario drückte auf die Taste eines CD-Players, und eine zirpende Harfenmusik erfüllte den Raum. »Legen Sie sich bitte hin. Auf den Bauch.«
    Nicht gut. Gar nicht gut. Wie sollte sie ihn in Schach halten, wenn sie ihn nicht sah? Dennoch tat sie, was er sagte. Schließlich bezahlte sie eine Mörderkohle dafür.
    »Und jetzt atmen«, ordnete Mario an. »Ganz langsam. Atmen Sie in Ihre Mitte.«
    »Wo, äh, ist die noch mal?«
    Seine Handflächen drückten auf ihre Hüften. »Hier.« Er fing an zu brummen wie ein Bär, der den Honigtopf wittert. »Mmmmhh …«
    Unbeweglich starrte Niki auf den Palmenkübel, der direkt vor ihr stand. Lange hielt sie diesen Quatsch nicht aus.
    »Nicht denken, nur atmen.«

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