Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Knall wurde draußen ein Wagenschlag zugeworfen. Nur noch wenige Sekunden, und Doc Mannheimer würde im Wohnzimmer stehen und die ganze Bescherung entdecken.
Leo ging auf das zitternde Fräulein Rottenmeier zu. »Inge-Gundula«, sagte er mit ruhiger Stimme, »gibt es einen Ort in diesem Haus, wo man sechs Leute verstecken kann?«
»Im Keller«, flüsterte Fräulein Rottenmeier und hastete los.
Walburga folgte ihr. »Los, alle hinterher! Rennt um euer Leben!«
Eine halbe Minute später hockten die reuigen Sünder in Doktor Mannheimers Keller. Sie hatten sich im Fitnessraum verschanzt, zwischen allerhand Foltermaschinen, mit denen der Arzt offenbar seinen drahtigen Körper stählte. Das Licht war ausgeschaltet, die Tür hatten sie jedoch einen Spalt offen gelassen, damit ihnen nicht entging, was weiter passierte.
Zuerst hörten sie, wie die Haustür aufflog. Dann konnte man einzelne Schritte ausmachen, gefolgt von einem wütenden Schrei. Soeben musste der Doktor Mannheimer die Spuren der Fressorgie entdeckt haben. Niki hätte sich am liebsten geohrfeigt. Von Anfang an war sie gegen diesen aberwitzigen Plan gewesen. Aber jetzt war alles zu spät.
»Was wird er tun?«, fragte Alexis mit erstickter Stimme.
Walburga hatte ihr Rotweinglas mitgenommen und trank einen Schluck. »Wenn wir Pech haben, nimmt er die Säbel von der Wand und spießt uns damit auf. Wenn wir Megapech haben, holt er die Polizei.«
»Und wenn wir Glück haben?«, wisperte Niki voller Panik.
»Haben wir nicht«, antwortete Walburga. »Wir stecken knietief in der Scheiße.«
»Pssst«, machte Leo. »Er spricht.«
Das war eine Untertreibung. Doktor Mannheimer brüllteso laut, dass jedes einzelne Wort bis in den Keller zu hören war. »Polizeiwache? Ja, kommen Sie schnell! Küsnachter Dorfstraße drei. Ein bisschen Tempo, wenn ich bitten darf. Ich bin überfallen worden!«
Niki brach lautlos in Tränen aus. Ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Wenn Wolfgang davon erfuhr, schickte er sie todsicher in die geschlossene Abteilung. Ein Einbruch inklusive Kochgelage, und das auch noch während einer Diätkur – wer das nicht komplett gaga fand, war ja selbst nicht ganz dicht.
Plötzlich spürte sie, wie jemand ihre Hand drückte. Es war Leos Hand, die sich auf ihre gelegt hatte. Im Halbdunkel sah sie, wie er näher an sie heranrückte.
»Nicht weinen, Niki«, sagte er beruhigend. »Wir stehen das durch. Zusammen.«
»Wie denn, Prince Charming?«, giftete Walburga. »Entweder erschießt uns der Doc eigenhändig mit der Jagdflinte, oder wir wandern in die feuchten Verliese der Schweizer Justiz.«
»Vielleicht gibt es eine andere Lösung«, sagte Leo. »Für uns alle.«
»Nicht für mich«, schluchzte Fräulein Rottenmeier. »Ich bin so gut wie entlassen. Seit zwanzig Jahren arbeite ich für den Herrn Doktor, habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Und jetzt das. Es ist eine Tragödie.«
»Nun, ich habe eher den Eindruck, dass es sich um eine Komödie handelt«, sagte Leo gelassen. »Warten wir erst mal ab, ob man uns überhaupt findet.«
»Du liebe Güte, Leo, du hast Nerven«, fuhr Tamara ihm über den Mund. »Hörst du nicht, was da draußen abgeht?«
Sie horchten gebannt. Gellende Polizeisirenen näherten sich und wurden immer lauter. Kurz darauf ließ heftiges Getrampel das Erdgeschoss erzittern. Leo stand auf, schloss die Tür und drehte den Schlüssel zweimal im Schloss. Den Schlüssel steckt er in seine Hosentasche.
»Cleverle«, brummte Walburga. »Die treten die Tür schneller ein, als du Komiker bis drei zählen kannst.«
»Genau das ist meine Absicht«, erklärte Leo. »Ab jetzt sagt ihr am besten gar nichts mehr. Der Grat zwischen einer guten Geschichte und einer dreisten Lüge ist schmal. Lasst mich nur machen.«
So viel Entschlusskraft hatte niemand Leo zugetraut. Was hatte er bloß vor? Niki stand kalter Schweiß auf der Stirn. Sie verstand einfach nicht, wie Leo so ruhig bleiben konnte. Sie waren Einbrecher! Hundsgemeine Einbrecher! Und es würde nicht mehr lange dauern, bis man sie erwischte!
Auf der Kellertreppe polterten Schritte. Dann rüttelte jemand an der geschlossenen Tür. Alle verhielten sich mucksmäuschenstill. Vielleicht ging die Katastrophe ja an ihnen vorüber. Doch das Schicksal wollte es anders.
»Eintrrrreten!«, schrie eine raue Männerstimme, und schon gab die Tür krachend nach.
Fünf Polizisten leuchteten mit Taschenlampen in den Raum. Und Leo? Erhob sich und ging freudig auf
Weitere Kostenlose Bücher