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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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einen Sturz einschätzt, dass er sich ausrechnet, ob er verletzt werden wird, wenn er springt: »Das Zweite – wenn du das hier nicht mehr willst – wenn ich nicht mehr gebraucht werde – wenn du gehen musst, dann sag es bitte, und geh dann. Schleich dich nicht wieder weg und schau, wer als nächstes kommt, und tu nicht so, als wärst du noch mit mir zusammen. Ich will nicht behaupten, dass du das tun würdest, aber vielleicht willst du mich ja bloß schonen – du bist ein freundlicher Mensch – aber lass mich bitte nicht glauben, wir seien noch zusammen, wenn wir es nicht mehr sind und du auch mit jemand anderem zusammen bist. Du hast dich jetzt jahrelang immer zu mir geschlichen, darum darf ich mir auch überhaupt kein Urteil darüber erlauben oder mich beschweren … es hat mich auf den Beinen gehalten … Aber wenn du mir das antust, dann … Entschuldige, keine Ultimaten – keine Ultimata, oder wie das heißt. Bloß, bitte, bloß halt es nicht geheim, wenn du gehst – falls – falls du gehst. Ich will dich gar nicht kritisieren, wirklich nicht … sich so zu verstecken ist eine Fähigkeit, kein moralisches Versagen, und ich will nicht behaupten, das sei ein Fehler von dir, oder eine Angewohnheit – es ist eher meine Schuld, wenn überhaupt, in gewisser Weise … es lag an den Umständen … Aber bitte tu es nicht, ja …«
    »Werde ich nicht.« Wahr. »Versprochen.« Wahr.
    »Du musst es nicht versprechen.«
    »Tue ich aber. Und ich glaube, ich muss auch.« Und sie spürt, wie unruhig sein Körper ist, weil er so unbedingt präzise sein und seine Gefühle von ihren trennen, sie frei und ungezwungen halten will. Diese Zärtlichkeit leuchtet sie hell an. »Arthur – « Und wenn er präzise und tapfer sein kann, und wenn sie sich ähnlich und beieinander und zusammen sind, und wenn sie Liebe haben und sich lieben, in der Liebe sind, dann sollte es ihr doch möglich sein, ihm alles zu erzählen. Ihr Alles.
    Ssschhh.
    Doch er verhindert ihr Geständnis mit seinem, und sie lässt ihn.
    Weil ich ein Feigling bin.
    Wahr.
    »Du solltest wissen, Beth – was ich tue … Es ist ungenügend, es ist nur eine Geste, aber manches ist mir zur Gewohnheit geworden … Es hat sich entwickelt. Das heißt, ich bin verrückter, als du vielleicht vermutest … Ich nehme an, du vermutest das … Solltest du. Und ich habe ein sehr gutes, unnötig gutes Leben, ich habe mich daran gewöhnt und würde es nur ungern verlieren. Manches von meinem Geld gebe ich weg – natürlich – aber nicht alles – leicht zu vergessen, dass man mal kein Geld hatte, sehr schwer zu vergessen, dass man welches hatte … Habe ich schon gesehen. Die Flüchtlinge, manche von ihnen … Sein Geld zu verlieren ist nicht so, als würde man einen Verwandten oder Geliebten verlieren: Aber man wird weniger, die Gesundheit wird schlechter, das Essen, weniger Freiheiten – man verliert ein Stück von sich selbst. Ein partieller Tod. Für sie ist das … es kann sie irgendwann umbringen … Ich – Scheiße … ich würde die Schiffe vermissen, die Schneider, die hübschen Hotels … diese Art von Egoismus …« Er streichelt abwesend mit den Fingerknöcheln über ihren Bauch, eine absichtslose Berührung. »Und … Das soll jetzt gar kein Argument sein, aber wenn ich mit meiner Arbeit weitermachte – und ich habe weitergemacht, weil ich damit Geld verdient habe und immer noch verdiene, und weil ich daran glaube, an manches, manche Elemente kann ich für mich selbst annehmen – ich hatte begriffen, wenn ich weitermachte, könnte ich dich nicht mehr haben – ich würde nur das kriegen, was du meintest ertragen zu können, nur so viele Tage, wie du aushalten könntest, oder wie du demjenigen heimlich wegnehmen könntest, der dich gerade vor mir rettete … ähm, eine gelegentliche … ja, ich bekäme gelegentlichen Sex. Tut mir leid, aber so war es. Ich war ein gelegentlicher Fick. Und wie ich sagte, ich habe an die Arbeit geglaubt, aber ich habe auch immer geglaubt, dass die Arbeit schrecklich ist, also habe ich beschlossen, dass ich dafür bezahlen muss, und es gibt so eine … es gibt eine Pflanze, die heißt Kobralilie oder Feuerkolben – schöne Namen, gefallen mir … diese Pflanze hat so große, dunkle glänzende, tropisch aussehende Blätter, und im Herbst trägt sie büschelweise Beeren – orangerote Klumpen von Beeren am Ende eines einzelnen Stängels. Ich sehe sie überall wachsen, wenn ich um New York herum unterwegs bin und Leuten das Hirn

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