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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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lieber … Und du freust dich, wenn ich das hier tue …« Sie steht wartend vor ihm, ihre Hände leuchten auf, und er stellt noch einmal klar: »Was ich hier tue, ist gestattet und dir nicht unangenehm.«
    Der Klang berührter Haut. Lippen. Winzige Geräusche. Schön. Nichts weiter zu bedenken als dies.
    Ssschhh.
    Beugen uns alle der Freundlichkeit.
    Zerbrechen an Freundlichkeit.
    »Nein, es ist mir nicht unangenehm. Es ist … sehr angenehm. Und ich bin froh, Arthur. Froh und glücklich.«
    Fast wahr. Könnte bald wahr sein.
    Er macht weiter. »Und du bist glücklich, wenn es sich wie Liebe anfühlt? Das ist wichtig. Denn es ist Liebe.« Silben schleichen auf Zehenspitzen zwischen dem Tupfen und Haften seiner Lippen an ihrem Daumen, wo ihre Finger sich teilen. »Und was du getan hast – was wir getan haben – das letzte Mal, als du hier warst – du hast es so gemacht, dass es sich für mich wie Liebe anfühlte. Und das hat mich glücklich gemacht.« Bei jedem Kontakt spannt er sich an, und die kleinen Erschütterungen dieser Spannung wandern durch ihre Arme. »Als du hier warst, Beth. Als du heute hier warst. Bei mir. Inzwischen schon gestern, nehme ich an … Als du bei mir warst. Ich habe es geglaubt.« Er hebt den Kopf. »Habe ich richtig gelegen, als ich es geglaubt habe? Habe ich recht, wenn ich dir glaube.«
    Und die nächste Wahrheit. »Ja.« Kälte auf ihrer Haut.
    Ein Zucken in seinem Griff. »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    Ssschhh.
    Und der Atem entfährt ihm, bläst ihn leer, und Arthur hebt ihre Handflächen an sein Gesicht und lässt sie dann los, lässt sie die Haare von seiner Stirn streichen, von seinen Schläfen, ihm über den Kopf streicheln, während er etwas aushält, was ihm durchs Rückgrat zuckt, eine innere Entscheidung, und einsaugt, was ihm, wie sie weiß, wie frische, saubere Luft vorkommen wird, der Duft des möglichen Optimismus.
    Er neigt und dreht den Kopf, und sie hält ihn dabei – wiegt das Gewicht dessen, was er sich selbst beibringen musste, wer er zu sein gelernt hat, wo er lebt, und er drückt seine Stirn an ihren Bauch, lehnt sich an. Sie knetet sein Genick, die gespannten Drähte darin, die Anzeichen des Kampfes, mit dem er sich aufrecht und funktionsfähig hält. Und als er sich losmacht und vorbeugt, berührt sie sein Lächeln, sein richtiges Lächeln.
    »Beth? Möchtest du dich setzen?«
    »Nein.«
    »Möchtest du dich hinlegen?« Jedes Wort glänzend vom Lächeln.
    »Ja. Ja, das will ich.«
    »Möchtest du dich in meinem Bett hinlegen?« Und der Glanz nimmt ab, wird zu einem Murmeln, das herauskriecht, fast außer sich vor Verlangen – und dann mit abschließender Hast: »Und jetzt kannst du nackt sein und ich werde auch nackt sein und wir können uns anfühlen wie Liebe, das können wir tun.«
    Die lächerlichen, nackten, lächerlichen Dinge, die wir sagen. Weil wir uns wie Liebe anfühlen. Was ein schreckliches Wort und eine schreckliche Sache ist.
    Ssschhh.
    »Ja. Das sollten wir tun. Wir wollen uns hinlegen.«
    Und sie lassen sein Schlafzimmer ausdruckslos: kein Licht – Kanten und Möbel bieten nur sanfte Angriffsflächen, die Dunkelheit neigt sich hin und wieder her, sie knöpfen und zupfen sich auf – sie sind auseinander und dann zusammen – ihr Bauch trifft auf seinen warmen: warm und nicht ängstlich, aber nervös – als wären sie jünger, als hätten sie noch nie – und sie halten sich in einfacher Umarmung fest, damit sie wissen, dass sie beide da sind und beide in Sicherheit, ehe sie wieder anfangen – die Finger gehorchen nicht – zu taub, zu aufgeladen – sie stolpern aus ihren Jeans und legen dann alles ab.
    Alles.
    »Komm her.« Was man am Ende immer sagt, ehe man es richtig merkt. »Komm her.«
    Und sie öffnen einander das Bett, schälen die Decken zurück und klettern, knien, liegen auf dem Weichen, lassen sich zu einer langsamen, einer forschenden Umarmung zusammenschmiegen – lebendige Haut und Erstaunen und Kanten – beide im mittleren Alter, die Hälfte des Weges, oder mehr, schon auf dem Abstieg, nicht mehr, wie sie waren, aber auch mehr, als sie waren, und sie schmecken nach einander und nach Verwunderung.
    Und er hält ihre Brüste, stützt ihre Brüste, leckt und küsst sie, prüft sie mit den Zähnen.
    Kümmert sich.
    Und er saugt, bis der Schmerz in ihrem Rückgrat zieht, bis es schreit.
    Ssschhh.
    Man muss sich kümmern. Immer. Um jedes sterbliche Wesen.
    Alles.
    Mit den Fingerspitzen, nur mit den Fingerspitzen erkundet sie

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