Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
vereinigen – gib dir Mühe, mach deine Prostitution grenzenlos – auch dafür werden sie bezahlen. Aber zeig ihnen die Wahrheit einer Welt, die sie nicht kennt und sich nicht um sie schert, zähl ihnen ihre Schwachstellen auf, stupse sie – ganz sanft und leicht – in Richtung der Kloake, die menschliche Natur heißt und von der du ein hervorragendes und räuberisches Beispiel gibst, und lass sie hineinblicken – dann werden sie dich anflehen, sie zu verteidigen, und an jedes unsichtbare Ungeheuer glauben, das du erschaffst. Und sie werden dir alles zahlen, was du verlangst.
    Und sie werden dir danken.
    »Aber man hat uns gesagt, es sei ein Bär gewesen … Mr Williams hat angerufen und uns gesagt, ein Bär habe das getan …«
    Der Mann weiß von Peris Hütte in Montana – Mels flog mit ihr hin, um Jäger zu spielen; dazu jugendliche Ausritte übers Land, auf passenden karamellfarbenen Quarter Horses – idyllisch. Die Insekten und die Isolation fanden sie allerdings schwer erträglich – die Hütte war eher Gesprächsthema als tatsächlicher Aufenthaltsort. Doch die Erinnerungen sind durchtränkt mit Gedanken an Gesundheit, leichtsinnige Liebesspiele auf Decken am See, Mückenstiche, primitives Leben mit Tiefkühltruhe und einem in Missoula bereitstehenden Hubschrauber.
    Die Hütte bedeutet Vertrauen und Entspannung, Hautgenuss und Sonnenlicht, Kaminfeuer und rasch hereinbrechende Abende, eine Vergangenheit, die glatt und passend war.
    Unvermeidlich also, dass der Mann sie dort angreift.
    Wie es ein Arschloch tun würde – ein Sadist, Psycho, Ungenügender, Unbedeutender, Blutsauger.
    Peri sitzt ordentlich auf dem Stuhl neben dem des Mannes – sein Knie könnte ihres berühren, tut es aber nicht – wird es nicht – das Wohnzimmer ist kühl und cremefarben, Leinen und Seide – womöglich nicht der perfekte Hintergrund für seine Haut – macht den Mann ein wenig unsichtbar, betont seinen Anzug zu stark – doch sie fühlt sich hier entspannt, hält die Sitzungen gern hier ab.
    Im Moment allerdings ist sie nicht entspannt. »War es nicht ein Bär?«
    »Ich sehe keinen Bären. Ich sehe jemanden einbrechen, die Tür aufbrechen und – drinnen ist es sehr hübsch – oder es war hübsch … Sie haben die Einrichtung selbst ausgewählt – ich mag die Farben, viel Rot – und Sie mochten besonders den Kamin …« Denn er muss ihr Denken verschließen, durch eine Verlegenheit, das Aufflackern von Sex im Flammenschein – so kann er sie weiter hineinziehen, die Stimmung aufbrechen, Beschädigungen einführen, ihre Hände dazu bringen, dass sie sich aneinander reiben.
    So ist’s recht.
    Sie muss ihm gar nichts erzählen – ihre besorgten Hände sind mehr als genug.
    »Aber hinterher war alles ein Chaos – Zerstörung – all die schönen Sachen – er hat – sie haben ein Chaos zurückgelassen – zwei Männer sind hergewandert.«
    »Meine Güte.« Er weiß, Peri stellt sich vor, wie abgehärtet solche Wanderer sein mussten – und sicher bewaffnet zum Schutz vor Pumas und natürlich vor Bären – wie schrecklich, wenn sie und Mels dagewesen wären – zwei Männer, bewaffnet zum Schutz vor Menschen. »Zwei? Es waren zwei Männer?«
    »Hinterher haben sie den Raum verwüstet …«
    »Hinterher …?«
    Wirkt so viel eindringlicher, wenn sie in einen Satz einfällt, den er unvollendet gelassen hat – wenn sie die Möglichkeiten durchleidet, ehe er so tut, als würde er sie retten. »Sie haben Messer benutzt, um es wie Bärentatzen aussehen zu lassen.« Klingen, die zarte Luft und persönlichen Besitz zerschneiden – er muss es nicht sagen, sie erzählt es sich selbst.
    Während er in zufällige Gedanken abschweift, die er sich nicht erlauben dürfte.
    Das ist doch eine Süßigkeit, oder? Eine Bärentatze. Ein Keks oder so was … Herrgott, wie die Gedanken wandern … weil sie unglücklich sind und weglaufen wollen … können sie aber nicht, also Schluss damit.
    Das Gesicht des Mannes wird grimmig, als er sich selbst zur Ordnung ruft, entschlossen und zielstrebig wird – was sie zusammenzucken lässt, doch er dringt weiter vor, unsanft. »Aber das war hinterher … Sie haben Ihre Sachen erst hinterher verwüstet – nachdem sie hatten, wofür sie gekommen waren.«
    Das ist erschreckend, aber noch nicht so schlimm wie: »Nachdem sie hatten, wofür sie geschickt worden waren.«
    Besser.
    Oder schlimmer.
    Hängt davon ab, ob du noch ein Gewissen hast und darauf hören kannst.
    Aber ich höre nie auf meins,

Weitere Kostenlose Bücher