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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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hat es verlassen und nichts mehr sein wollen.
    Und als sie schluckt, da schlucke ich auch, und ich bin in ihr, ich bin sie.
    Ich habe mich selbst verlassen und bin im Wunder.
    Und wenn sie glaubt, dass ihr Kind sie immer noch sieht – alles weiß, akzeptiert, vergibt und liebt und liebt und liebt – dann wird sie verändert.
    Besser.
    Vielleicht.
    Hier ist das Deck bemalt, bereit für Sonne und Spiele, Shuffleboard, Ringewerfen.
    Aber deshalb habe ich es nicht getan.
    Ich habe es getan, weil es wundervoll war. Ich habe es genossen.
    Schränke klappern gegen Sicherungsseile, voller sommerlicher Liegestühle, Kissen, Spielzeuge, um die Kleinen zu beschäftigen, wenn sie nicht im Planschbecken sitzen.
    Kinder lieben Planschen.
    Lieben alles Mögliche – lieben ihre Mütter – und werden geliebt.
    Sie versucht sich auf den Himmel zu konzentrieren, dass die Wolken so schläfrig wirken, während alles andere hier laut schreit.
    Das war etwas, was wir gut konnten – was ich gut konnte – nicht so gut wie er später, aber immerhin, wir waren was Besonderes. Und wir fühlten uns wie nie zuvor und niemals wieder.
    Sie hält ihr Gesicht in die kalte Sonne.
    Arthur und ich konnten uns ganz eng in die Geschichte eines anderen Menschen schmiegen – wir konnten sie dazu bringen, uns hereinzubitten.
    Ich fing mit einem Namen an, irgendeinem Namen – spielt keine Rolle – bestimmte Namen deuten auf ein Alter, eine Nationalität, Religion, andere sind neutraler – auf Sicherheit spielen oder was riskieren, konnte ich mir aussuchen – die Fragenden, die machen die Arbeit. Wenn ein Name im Saal einen Treffer landet, wenn Menschen ihn beanspruchen, dann bleibe ich dran, gehe weiter – nähere mich durch Beschreibungen – ein Detail, zwei, drei – bis ich die Möglichkeiten im Publikum auf eine Handvoll reduziert habe, auf ein Paar – meine Frau, mein Mann, ganz allein mein – ich schränke immer weiter ein, was ich ihnen biete, bis es nur noch auf ihre Liebe passt. Sie glauben, ich hätte sie gefunden, sei einfach immer präziser geworden, wo ich doch nichts weiter getan habe, als ihnen zu gestatten, sich selbst zu erkennen zu geben.
    Und mein Gott, wie gern sie sich zu erkennen geben wollen.
    Der Prozess ist hinterhältig und unwiderstehlich und billig und immer beeindruckend, denn die Fragenden haben keinen Begriff von Wahrscheinlichkeit: Sie wissen nicht, wie ungemein wahrscheinlich es ist, dass auch in einer kleinen Menschenansammlung jemand im gleichen Sternzeichen geboren wurde, oder überhaupt an Sternzeichen glaubt, oder keine Opern mag, oder eine Narbe am rechten Knie hat, oder Rückenprobleme – wenn man genug Leute beisammen hat, trifft eine kompetente Eingangsbeschreibung immer auf irgendwen zu – und dann werden sie die Heldin oder der Held einer Geschichte, nicht bloß Mitläufer. Und das wollen sie auch für ihre Verstorbenen – vielleicht lungenkrank, oder schlimme Beine – oder jemand, den sie kannten, hatte schlimme Beine – oder vergiss es, mach weiter, rede – sie waren blond, wollten blond sein, hatten eine Freundin mit blonden Haaren, hatten überhaupt Haare – sie arbeiteten drinnen, in einem Büro, in einem sehr seriösen Büro, wie eine Anwaltskanzlei, sie waren wichtig, gut in ihrem Job, sie bewirkten etwas, auch wenn sie nicht drüber redeten, nicht so richtig, arbeiteten dort viele Jahre, zur Pensionierung gab es eine Verabschiedung und ein Geschenk, danach hingen sie ein bisschen in der Luft, obwohl sie immer noch Interessen hatten, manchmal sagten sie, sie könnten sich gar nicht vorstellen, woher sie Zeit für einen Beruf genommen hätten.
    Je mehr bekannt ist, desto mehr lässt sich raten, desto mehr kann man wissen, denn ganz dicht neben den Stellen, wo wir uns für einzigartig halten, sind wir es ganz und gar nicht – wir haben unsere ersten Arbeitsplätze mehr oder weniger zufällig ergattert, es war auch Glück im Spiel, und als wir klein waren, passierte etwas beinahe Tödliches, was uns ziemlich erschreckt hat – und auch andere Menschen, die sich um uns sorgten – hatte mit Wasser zu tun – und wenn wir mit unseren Liebsten zusammen sind, können wir unbeholfen und besorgt und glücklich und verängstigt und manchmal draufgängerisch sein – wir können uns selbst überraschen – und wir können so glücklich und so kompliziert werden, und unsere Genüsse können so einfach sein, dass wir uns manchmal fragen, wie zum Teufel wir so ein Glück haben konnten, aber wir

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