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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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das?«
    »Ja. Heute ist Mittwoch.«
    »Na, das ist ja beruhigend.« Bunny legt eine Pause ein, sieht nach der Konditoreitheke, dann wieder nach Beth. »Ich bin heute Morgen schon in ein tiefes Tal der Verzweiflung gestürzt, weil ich den Serviettenfaltkurs verpasst habe – mal ehrlich, nimmt irgendwer auch nur an der Hälfte der Dinge teil, die sie uns so alle anbieten?« Wieder eine Pause. »Tiefe Täler der Verzweiflung sind unangenehm, aber wir arbeiten uns wieder heraus, nicht wahr?«
    »Ja, das tun wir.«
    »Seltsame Situation – das Schiff, die vielen Leute, das Geschaukel, das schreckliche Paar aus Windsor, mit dem wir jeden Abend essen müssen – sie sind erst fünfzehn Jahre verheiratet und wollen sich eindeutig gegenseitig umbringen – Amateure …«
    »Sie wollen Francis nicht umbringen.«
    »Nicht oft. Nicht in letzter Zeit. Wir hatten so unsere Momente.« Sie tätschelt einen Augenblick Beths Arm, dann hebt sie ihn, um Francis heranzuwinken.
    »Hör auf, nach mir zu wedeln, Frau.« Francis kommt mit einem gefährlich beladenen Tablett – drei Becher Kakao und eine reiche Kuchenauswahl, winzige Kuchengabeln, Teller, Servietten, das gesamte Gewicht und Gleichgewicht schlittert und klappert, bis es auf dem Tisch zur Ruhe kommt – so sehr, wie irgendwas auf diesem Schiff zur Ruhe kommen kann. »Ich kann dich ganz wunderbar sehen.«
    »Kannst du nicht, ich habe deine Brille in der Handtasche.«
    »Ich kann dich wunderbar genug sehen.« Er lächelt Beth an, damit sie auch am Scherz teilhaben kann. »Dich würde ich überall erkennen.«
    Dann setzen sie sich hin und nehmen einen, wie Francis erklärt, gesetzwidrig frühen Tee , reden über die Stürme – das gute und schlechte Wetter, das sie gesehen haben. Sie verbringen eine absichtlich zweckfreie Stunde miteinander.
    Und Francis und Bunny erzählen Beth eine Geschichte, geben ihr ein Bild von Bunny, die durch einen Wolkenbruch rennt, quer über ein Feld, und Francis ist auch dabei und rennt und hält Bunny eine Zeitung über den Kopf, bis sie keinen Schutz mehr bietet, bloß noch ein schweres, zerfledderndes Ding ist, also schmeißt er sie weg, und sie hören auf zu hetzen, werden wieder würdevoll, und als sie schließlich ein kleines Dorf erreichen, sind sie majestätisch und scheren sich nicht darum, dass die Leute über sie lachen, denn der Regen ist warm und sie sind zusammen. Zusammen und durchweicht.
    Und es fällt schwer, sie zu verlassen.
    Als sie es schafft, kehrt Beth nicht in ihre Kabine zurück, erfährt nicht, ob es Derek besser oder schlechter oder unverändert geht. Sie geht zum Büro des Zahlmeisters und erkundigt sich – etwas gelangweilt, kein Engagement, sogar leichte Verärgerung – sie spielt es gut: »Entschuldigen Sie, ein Mr. Arthur Lockwood … Wohnt in einer der Großen Suiten … ich glaube, so heißen die. Könnten Sie mir da weiterhelfen?«
    Sie weiß nicht mehr, was sie sonst tun soll.
    »Ich werde erwartet.«

UND AN DIESER Stelle kann dein Buch dir von dem Mann und der Frau erzählen, als sie beide jung waren und in einer kalten Stadt, regnerisch, der Geruch toter Industrie hing schwer im Wind, als sie heute Nachmittag vom Bahnhof kamen.
    Jetzt ist es dunkel, und sie sind müde, weil sie sich den ganzen Abend konzentriert und erinnert und mit Fremden über andere Fremde geredet und sie beim Weinen beobachtet haben. Es ist schön, aber auch anstrengend, Fremde weinen zu sehen.
    Sie lehnen sich aneinander, während der Regen sie anweht, und haken sich unter auf dem Rückweg zum Hotel – das Bahnhofshotel, ein viktorianisches Monster: große Zimmer und zugig und Flicken auf den von der Sonne gebleichten Vorhängen, Flicken, wo der Regen den Vorhang erwischt und befleckt hat, müde Teppiche, angeschlagene Kacheln und dünne Handtücher im Bad, potenziell tödliche Elektroheizer. Dem Mann und der Frau machen die Mischung aus Glanz und Schäbigkeit nichts aus, sie amüsiert sie eher, ist Teil einer Welt voller Täuschung.
    Obwohl sie keinen Schirm haben, bummeln sie fast, ohne zu sprechen, vorbei am hässlichen Rathaus und den leeren städtischen Blumenbeeten, der Helligkeit der Läden. Sie brauchen lange für die kleine Wanderung, und sie legen sogar vor der Treppe des Hotels eine kurze Pause ein, als wollten sie noch weiterwandern.
    Doch sie kommen herein, grinsen einander an, als sie durchs Foyer schlendern, die Kleider kleben. Der Daumen des Mannes hinterlässt einen feuchten Abdruck, als er den Knopf drückt, um den

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