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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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von reinem Ozeanblau zu einem fast nutzlosen Blaugrau changierend, dazu ein eigenartiges silberblaues Metall, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Das ganze Ding war riesig, eine Scheibe, vielleicht sechs Fuß im Durchmesser und ein Fuß dick. Es ruhte auf einer Art Podest aus Stein, hüfthoch über dem Boden. Aus dem Zentrum wuchs eine Spitze, wie geschmolzenes Wachs bei einer Kerze, die sowohl aus dem silberblauen Metall als auch aus Pynvium mit wechselnder Reinheit gearbeitet war. In gleichmäßigem Abstand wies die Scheibe bogenförmige Kanäle auf, ungefähr armdick, mit dünneren Bändern, die sich fast wie Handschellen darüber wölbten. Viele davon.
    Es hält uns, tut uns weh ...
    Ich zählte. Zwölf Kanäle. In der Gießerei waren sechs Schmerzlöser gewesen. Heilige, es waren Handschellen. Vor meinem geistigen Auge sah ich sechs Löser mit den Armen in diesen Kanälen; an die Scheibe gefesselt, die sie hielt und ihnen Schmerzen zufügte.
    Und der Herzog nannte mich eine Scheußlichkeit. Dieses Ding sollte überhaupt nicht existieren. Ich wusste zwar nicht einmal, was genau es war, aber das wusste ich: Es war nicht richtig, ebenso wenig wie das mit Zauberzeichen versehene Pynvium in Zertaniks Arbeitszimmer.
    Ich holte langsam Luft. Mein Magen zitterte, genauso wie dort und noch schlimmer als neulich, als Onderaan mir sein Heilgerät gezeigt hatte. Ich konnte keine Zauberzeichen erkennen, aber sie mussten sich unter diesem schrecklichen zusammengeschweißten Metall befinden.
    »Wie bald ist es betriebsbereit?«, fragte der Herzog Vinnot.
    »Das hängt von der Schifterin ab. Wir haben keine anderen wie sie für einen Test gefunden, aber ich vermute, es wird eine Zeitlang dauern, mit ihr die gewünschte Biegsamkeit zu erreichen. Starke Talente brauchen immer länger.«
    Ich zwang mich wegzuschauen. Biegsamkeit klang mit Sicherheit nicht danach, dass ich ein Teil davon sein wollte.
    »Was ist das Ding?«, fragte ich.
    »Ein Lebenswerk«, antwortete Vinnot und seufzte.
    Nicht das eines Lebens, das lebenswert war.
    »Steck sie jetzt hinein«, befahl der Herzog.
    Vinnot lächelte tatsächlich und rieb sich begierig die Hände. »Das dürfte interessant werden.«
    Soldaten brachten die Schmerzlöser aus einem hinteren Zimmer, jung wie Enzie und die anderen, der älteste nicht älter als zwölf oder dreizehn. Zu jung, um zu kämpfen. Mir schnürte es die Kehle zusammen. Ich hatte Angst, Tali zu sehen, und doch die Hoffnung, sie wäre hier. Doch eigentlich wünschte ich, dass sie sich so weit wie möglich von diesem Ort entfernt aufhielt, denn plötzlich hatte ich das Gefühl, dass es nicht mehr ausreichte, den Herzog einfach nur gefangen zu nehmen.
    »Lasst mich los!«, sagte der erste Löser und wehrte sich. Ein dunkelhaariger Junge mit dunklen Augenringen. Er trug eine lange, ärmellose Tunika und ausgebeulte Hosen.
    Vielleicht nicht zu jung um zu kämpfen, aber zu jung für die Unsterblichen. Jetzt kämpfte er, trat um sich, biss und wand sich wie eine gefangene Katze. Es bedurfte zweier Soldaten und eines Dieners, um seine Arme in die Kanäle zu schieben und die Handschellen um die Handgelenke zu schließen.
    »Gib nach«, sagte der Diener.
    Der Junge schrie auf und sank mit glasigen, offenen Augen in sich zusammen. Danach stöhnte er leise. Rhythmisch.
    Ich hatte den Wunsch, mich ebenfalls zu wehren. Und zu schreien. Worauf sollten die Zauberzeichen dieser Vorrichtung bewirken? Wussten sie das überhaupt? Hatten sie eine Ahnung, was sich unter all dem zusammengemischten Pynvium befand?
    »Eindrucksvoll«, meinte Erken. »Es besänftigt sie in der Tat.«
    »Das habe ich dir doch gesagt«, erklärte der Herzog mit großem Stolz. »Es ist die außergewöhnlichste Mischung. Ich habe noch keine alleinige Nutzung des Kragsteins gefunden, aber mit der richtigen Mischung Pynvium kombiniert, macht er den Verstand extrem offen für Vorschläge.«
    »Das Ding beeinflusst den Verstand?«
    »Das gesamte Nervensystem. Ein paar Worte, und sie tun, was immer ich verlange.«
    Das war grauenvoll. Menschen wehzutun, war schlimm, aber ihren Verstand zu beeinflussen ... Jeatars Worte hallten mir in den Ohren. Sie biegen den Verstand und brechen den Willen und schaffen so die Waffen, die der Herzog haben will. Wie lang kann Tali das deiner Meinung nach dort drinnen ertragen? War das die Methode, mit der er die Unsterblichen dazu brachte, ihm zu folgen? Würde er etwas wie dieses Ding bei Tali anwenden, damit sie für ihn

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