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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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belebter wurden, je näher wir der inneren Mauer kamen. Soldaten, Aufrührer, Menschen, die vor beiden Gruppen flohen. Die Gießerei war nicht das einzige Gebäude, das in Flammen stand.
    »Was ist geschehen?« Hatte Siekte trotz allem versucht, den Herzog zu ermorden? Hatte sie den Rest des Untergrunds dazu gebracht loszuschlagen?
    »Die Menschen werden in der Regel sehr unglücklich, wenn Soldaten ihnen die Türen eintreten und ihre Sachen durchsuchen.«
    »Sie rebellieren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das würde Voraussicht erfordern. Nein, diese Menschen sind nur wütend. Allerdings vermute ich, dass einige das Chaos ausnutzen. Ich schätze, bei Sonnenuntergang dürften wir eine ausgewachsene Rebellion haben.«
    Die Kutsche wurde langsamer, und ein Mann schwang sich zum Fenster herab. »Das Gedränge hier ist zu groß, um durchzukommen. Wir müssen einen anderen Weg nehmen.«
    »Versucht, durch die Stallungen zu fahren. Und bringt jeden um, der nur so aussieht, als wolle er die Kutsche überfallen.« Sie lächelte mich an. »Dieser Trick zieht nicht noch einmal.«
    Dieser Trick kam nicht von mir. Das hieß aber nicht, dass ich keine Tricks im Sinn hatte, alte oder neue.
    »Was geschieht mit den anderen, wenn die Unsterblichen vor ihnen aufwachen?« Sie würden hilflos sein.
    Vyand zuckte mit den Schultern. »Was immer Vinnots Ungeheuer beschließen.«
    Nicht gut. Er würde Sorg und die anderen Techniker wieder verhaften und Tussen und Enzie und die anderen zwingen ...
    Enzie!
    Sie versteckte sich immer noch mit Jovan, Bahari, Halima und Winvik im Zimmer. Sie mussten den Kampf gehört haben, mussten auch Vyands Worte verstanden haben und wussten, dass ich fort war. Nie im Leben würde Jovan nichts unternehmen. Enzie konnte vielleicht sogar Tussen heilen und den Rest auf die Beine bekommen, ehe die Unsterblichen aufwachten.
    Bitte, heilige Saea, lass sie die anderen retten!
    Vyand legte den Kopf schief und betrachtete mich mit forschenden Augen. »Du bist wieder voller Hoffnung«, sagte sie. »Welcher Gedanke ist dir gerade gekommen?«
    »Glaubst du wirklich, ich bin so dumm und sage es dir?«
    »Nein, gewiss nicht.« Sie lachte und lehnte sich zurück. »Aber du hast meine Neugier geweckt.«
    »Du weißt ja, was man über Neugier sagt. Sie kostet viele Katzen das Leben.«
    »Zum Glück bin ich keine Katze.«
    Die Kutsche bog oftmals ab und lavierte so durch die ständig wachsende Menschenmenge. Schließlich rollten wir in einen Stall, in dem sich mehr Soldaten als Pferde aufhielten. Die Soldaten standen Wache, weit aufmerksamer als man von jemandem erwarten würde, der nur einen Stall bewacht. Vielleicht wurde der Aufstand schlimmer.
    Vyand stieg als erste aus und verschwand mit wenigen schnellen Schritten hinter einer leuchtend grünen Plane. Ihre Männer holten mich wie einen Sack Kaffee heraus und stellten mich auf einem Innenhof ab. Ich hing zwischen ihnen. Nach einer Minute kam Vyand aus einem anderen Teil der Stallungen und winkte uns zu sich.
    Pferde wieherten und hoben die Köpfe, als ich vorbeigetragen wurde. Auch dieser Stall sah sehr gepflegt aus, aber nicht elegant genug, um die Pferde des Herzogs zu beherbergen. Wir kamen zum Ende, und ein junger Soldat öffnete eine Stalltür. Wir gingen hinein, und Vyand nahm eine dunkelblaue Kapuze aus einer Kiste an der Wand.
    »Ehe du fragst«, sagte sie und schwenkte die Kapuze. »Das dient dazu, dass du nichts siehst.«
    Was sehen? Einen Stall mit zu vielen Soldaten?
    Sie zog mir die Kapuze über den Kopf, doch zuvor sah ich noch, wie der junge Soldat einen Leuchter an die Wand steckte und die hinterste Stalltür öffnete. Aus dem Dunkel schlug mir abgestandene Luft entgegen. Wahrscheinlich ein Geheimgang in - oder aus - dem Palast. Ich konnte mir vorstellen, wie sich der Herzog mitten in der Nacht herausschlich und vielleicht Vinnot in der Gießerei besuchte, um die Experimente und Waffen zu überprüfen.
    Vyand band die Kapuze um meinen Hals zu, als würden mir die wenigen Lichtpunkte auf dem Boden genug Hinweise liefern, um meinen Weg zurückzufinden, sollte ich fliehen können. Dass sie glaubte, dies sei mir möglich, erheiterte mich ein wenig.
    Ihre Männer trugen mich in den Geheimgang. Es klang wie harter Stein unter ihren Stiefeln, dann leises Plätschern, als schritten sie durch Pfützen. Sie marschierten ziemlich lange, und obgleich ich mich bemühte, die Biegungen zu zählen, war dies unmöglich, ohne selbst die Füße auf dem Boden zu haben.

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