Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
Vom Netzwerk:
Dane sich verabschiedete. Die Kamera war eingeschaltet, doch wer konnte schon aus fünf Metern Entfernung die Wahrheit erkennen? Und niemand sah auf den Monitor, als er die Augen öffnete, um sie wenige Momente später wieder zu schließen – für immer in dieser Klinik.
Einige Minuten später, nachdem der Krampf sich gelöst hatte und Dane wie leblos in die Kissen gesunken war, ließ Sarah Dr. Brickson holen.
Ein selbst herbeigeführter Erstickungstod schloss die Akte. Es war so offensichtlich und so logisch.
Dr. Brickson untersuchte ihn nur oberflächlich und ließ Dane Gelton, nachdem er weder Atmung noch Herzschlag bei ihm feststellen konnte, in den Keller der Klinik bringen.
Ein kurzes Gespräch mit Sarah ließ alle technischen Maßnahmen, die seinen Tod infrage stellen konnten, außer Acht. Dr. Brickson war eben ein Anfänger!
    Dezember 1996. Kansas City. Sunny Inn.
    Er konnte immer noch nicht glauben, dass er jetzt hier lag. Auch wenn ihn zeitweise ein unangenehmes Zittern heimsuchte und sich mit einem schmerzhaften Ziehen im Hinterkopf mischte, so hatte er das Gefühl, seinen Körper und Geist über die fünf Tage irgendwie saubergeschlafen zu haben.
Er holte tief Luft und machte sich seinen eigenen Atem zum Geschenk. Das Zittern ließ langsam nach, nur der Kopfschmerz blieb. Doch das war nichts gegen das Gefühl, sich wieder selbst zu hören. Er brach innerlich zusammen und weinte.
Draußen auf dem Flur flog eine Tür krachend ins Schloss. Ein Streitgespräch wurde durch den Knall kurzum beendet. Dann hörte er schwere Schritte an seiner Tür vorbeipoltern. Hatte er abgeschlossen? Wieder knallte eine Tür auf dem Flur. Dane schloss die Augen. Er sah den Sargdeckel über sich. Der hatte genauso geknallt. Dann war es dunkel geworden.
    *
    Nachdem der Totenschein auf einen selbst herbeigeführten Erstickungstod ausgestellt worden war, hatte keiner mehr weiter nachgeforscht. Es war alles so klar und schrie nach keinerlei Zweifel. Man vermisste nicht einmal seine Leichenstarre, da sie im Falle eines Erstickungstodes nicht zwingend stattfinden muss, oder war von so kurzer Dauer gewesen und wieder rückgängig geworden, dass es niemanden weiter beschäftigt hatte. Seine Körpertemperatur war genug abgesunken, dass auch das niemanden beunruhigte. Man behandelte ihn wie eine Leiche, und so fand er auch den Weg in ein Bestattungsinstitut. Dort war man zunächst wegen der leichten Körpertemperatur stutzig gewesen, aber nichts weiter ließ darauf schließen, dass Dane Gelton noch am Leben war. Auf die Anweisung der Witwe sollte der Verstorbenen mit einer Harzlösung eingerieben werden, da sie zunächst eine offene Bestattung wünschte.
In der Nacht vor der Beerdigung quälten Sarah dann Albträume, ihn noch einmal sehen zu müssen. Wollte er nicht Ruhe und Frieden finden?
Am nächsten Morgen benachrichtigte sie das Unternehmen, dass er in einem verschlossenen Sarg beigesetzt werden sollte. Sie waren gerade dabei, seine Brust und Arme einzureiben.
    *
    Dane fühlte jetzt den Belag auf seiner Brust. Wie die Fettglasur eines Kuchens klebte er auf seiner Haut. Sein Gesicht hatte man geschminkt. Er war tot, und jetzt kümmerten sie sich rührend um ihn – jetzt. Auf seinen Lippen gab ihm die Schminke ein taubes Gefühl. Angeekelt wischte er mit dem rechten Ärmel seines Hemdes darüber. Es hinterließ einen rosa Streifen. Er besah sich das Hemd, das er trug. Es war aus schwarzer Seide. Wo war der grüne Kittel, den er über Monate getragen hatte? Wie tief war sein Tod wirklich gewesen?
Er spürte irgendwann, wie ihn viele fremde Hände berührten. Sie hoben ihn von irgendetwas hoch und in irgendetwas hinein. Niemand redete dabei, niemand bemerkte seine ansteigende Körpertemperatur. Dann gab es einen dumpfen Knall über seinem Kopf. Er war wie in Trance – wie bei dem Erwachen aus einer tiefen Narkose. Alles klang so weit weg. Dann wurde der Sauerstoff knapp, und er spürte, wie seine Hände sich bewegten und umhertasteten. Überall war Enge zu spüren, selbst über ihm. Er konnte kaum noch atmen, so stickig war es um ihn herum geworden. Seine Hände fuhren hastig umher und versuchten, die Enge wegzudrücken, was ihnen aber nicht gelang. Zu seiner Benommenheit mischte sich Panik. Er konnte nur noch unterschwellig atmen, spürte, dass die Bewusstlosigkeit nahte. Seine Hände drückten gegen das harte Holz. Seine letzte Kraft hob den Sargdeckel endlich in die Höhe. Frischer Sauerstoff drang in seine Lungen, den er hastig

Weitere Kostenlose Bücher