Das blaue Haus (German Edition)
unterbrach seine Worte. „Eine Taufe“, sagte sie laut und deutlich. Hatte sie zuvor leise vor sich hingebetet?
Dane legte seine Stirn in Falten und spürte, wie von seinem Haar unablässig Wasserfäden auf seine Schultern liefen. Das Wasser durchdrang sein Hemd.
„Was für eine Taufe?“, flüsterte er leise. Er hatte immer noch Angst vor der großen Blase, in der er sich zu befinden glaubte.
„Deine Taufe“, antwortete die weibliche Stimme.
Dane musste schlucken. „Meine Taufe?“
„Ich taufe dich Alan.“
„Was für eine Taufe?“ Er verstand nicht – überhaupt nichts.
„Du hast dich verabschiedet, Dane. Es gibt keinen Dane Gelton mehr.“
„Aber ich lebe doch.“ Dane fühlte durch seine nasse Kleidung seinen heißen Körper. „Sieh! Ich lebe.“
„In deinen Gedanken, aber nicht mehr in denen der Anderen.“
„Werde ich weiterleben, wenn ich getauft bin?“
„Ja.“
„Ich will weiterleben. Ich will getauft werden. Bitte.“
„Ich taufe dich Alan.“
„Alan?“
„Ja. Ich taufe dich auf den Namen Alan C. Gampell.“
Das Flüstern einer Männerstimme mischte sich plötzlich wieder hinzu und wiederholte die Worte: „Auch ich taufe dich Alan C. Gampell.“
„Wer seid ihr?“
Die Wolken waren dicht. Ein Lufthauch durchzog den Nebel, und ein Gesicht zeichnete sich schemenhaft ab. Es war jung. Mit jedem Näherkommen wurde es älter. Ein bekanntes Gesicht, mehr als bekannt. Es war das Gesicht der Liebe und des Schweigens, das Gesicht seiner Mutter. Sie sagte: „Wir taufen dich Alan C. Gampell, und du wirst ein wunderbarer Mensch werden – ohne Gewalt. Du wirst das Lügen verlernen und dich Dingen stellen, denen du dich zu stellen hast. Verbinde es mit Liebe, Verständnis und Herzensgüte. Wir taufen dich Alan C. Gampell.“
Dane fragt erneut: „Wer seid ihr?“
Doch das Gesicht seiner Mutter entfernte sich wieder und mit ihr die Stimme des Mannes. Beide verschwanden in dem Nebel der Wolke. Es wurde wieder klar um ihn. Eine helle Weite in einem großen Nichts. Er stand inmitten dieser Weite – frisch geboren. Eine rötlichgelbe Wolke zog von weit heran und legte sich sanft um ihn. Er stand wie starr und ließ es geschehen, konnte nichts tun, nichts sagen, sich nicht bewegen. Er schloss nur die Augen, als die rötlichgelbe Wolke seinen Körper einhüllte. Er spürte weder Nässe noch Kälte. Eine wohlige Wärme hüllte ihn ein und begann, ihn mit Liebe, Verständnis und Herzensgüte zu füllen. Er empfand es als das angenehmste Gefühl seit Langem – wie das Wiegen eines Babys in den Armen seiner Mutter. Als die rötlichgelbe Wolke wieder von ihm zog, bekam die Weite eine Farbe und das Nichts eine Form. Er atmete es tief in sich hinein. Er fühlte sich fertig, er fühlte sich gut. Er war Alan C. Gampell.
„Hey, Sir“. Die lauten Worte des Busfahrers rissen Dane aus dem Schlaf. „Ich glaube Sie haben Fieber.“
Dane zuckte benommen zusammen. Eine starke Hitze war in ihm. Schweiß klebte sein Hemd und seine Hose an seine Haut.
„Sie sind völlig verschwitzt. Sie haben Fieber.“
Dane fuhr mit seiner rechten Hand zur Stirn, sie war kühl und nass. Auch das Haar war nass. „Nein, nein“, stotterte er. „Nicht Fieber. Es ist etwas anderes. Es war eine Taufe.“
Der Fahrer zog die Stirn kraus und sah ihn fragend an.
Dane Gelton hatte Fieber und das nicht zu wenig. Der Schweiß stand auf seiner Stirn. Der Fahrer wollte ihm helfen, doch Dane wehrte sich. Alles drehte sich vor seinen Augen. Weitere Mitfahrer kamen hinzu und versuchten, ebenfalls zu helfen. Draußen fegte ein wilder Schneesturm. In dem Bus flogen die Worte durcheinander und verstrickten sich zu undefinierbarem Gemurmel. Dane versuchte, in dem Durcheinander von der Taufe zu erzählten, die die Nässe seines Körpers erklären würde, doch niemand hörte ihm wirklich zu. Er sei in Wirklichkeit tot und wollte nun mit neuem Namen zu seiner Frau nach Denver.
Spätestens da wurde dem Busfahrer klar, dass er über Funk einen Notarzt rufen musste.
Der Bus war nur bis Junction City gekommen, was sonst vierzig Minuten dauerte. Doch der Schneefall war so stark geworden, dass Mr. McDoan, der Busfahrer, erst nach eineinhalb Stunden den kleinen Ort erreicht hatte. Er ließ den Motor ausklingen und ärgerte sich über die Verzögerung, wo er doch heute besonders pünktlich zu Hause bei seiner Frau sein wollte. Sie hatte Geburtstag und er eine gute Geschichte für sie.
Als er die Mitreisenden über die unmöglichen
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