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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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schüttelte stumm den Kopf.
„Die Polizei. Was ist mit der Polizei? Sie kennen doch Ihren Wagen, Ihren Namen. Sie haben doch eine Frau, Freunde. Was ist mit denen? Ein Anruf bei der Polizei, und das ganze Missverständnis wäre aufgeklärt.“
Dane versuchte noch beschämter zu Boden zu sehen als zuvor. „Da war noch eine andere Sache, weswegen ich nicht bei der Polizei war.“
„Die wäre.“
„Man hat mir nicht nur materielle Werte genommen.“
„Wie meinen Sie das?“ Der Busfahrer setzte sich neben ihn.
Jetzt hatte er ihn! Wenn er von etwas wirklich Ahnung hatte, dann davon: „Man hat mir auch menschliche Werte genommen – meine Würde. Das möchte ich nicht der Polizei erzählen. Und nicht meiner Frau – nicht in ihrem Zustand. Ich will nur noch nach Hause. Damit möchte ich es genug sein lassen. Wir bekommen ein Kind. Das sollte der Mittelpunkt unserer nächsten Zeit werden – nicht die Verfolgung einer Verbrecherjagd. Das ist eine unnötige Aufregung für meine Frau, und ich weiß nicht, wie sie das auffassen würde. Ich habe eine große Dummheit begangen und bin bitter dafür bestraft worden. Es reicht mir. Das eine geht niemanden etwas an. Eigentlich auch nicht Sie, aber es tat gut, es einmal loszuwerden.“ Dane schaute auf. „Sie kennen mich nicht und ich Sie nicht. Also ist es in Ordnung, dass Sie es wissen. Es ist mir peinlich. Ich werde jetzt gehen und nach anderen Wegen suchen.“ Damit erhob sich Dane und bewegte sich langsam zum Ausgang.
Spätestens jetzt musste er doch reagieren, dachte Dane. Er sah noch einmal zurück und dem Busfahrer dabei direkt in die Augen. Dieser Blick war es dann, der den Fahrer erreichte. Die Geschichte war ihm in die Augen geschrieben.
„Ich glaube Ihnen“, rief der Fahrer hinterher. „Geben Sie mir noch ein Wort oder einen Gedanken, der meinen Glauben verstärkt.“
Dane hielt mit dem linken Fuß die zufallende Glastüre zurück und richtete seinen Körper stabil und gefasst auf. Es war nicht zu schwer, darauf zu antworten: „Wir hoffen schon seit vielen Jahren auf ein Baby und wollen es Christopher oder Amy Jane nennen.“
Damit hatte Dane seine Fahrkarte.
    Der Bus fuhr pünktlich um 12.45 Uhr ab. Es hatten sich nicht viele Mitfahrer eingefunden – gerade elf Personen, was kein Wunder bei dem Schneefall war.
Das Fahrzeug bewegte sich langsam durch die Stadt auf den Interstate 70 West Richtung Colorado.
Der Busfahrer war immer noch gerührt, und Dane ließ in seiner demütigen Haltung nicht nach. Er bekam kostenlos eine heiße Tasse Kaffee und erzählte enthusiastisch einige Geschichten über sein ehemaliges Lokal mit Johnathan in Glendale. Er berichtete ihm von den seltsamsten Gästen, den ausgefallensten Gerichten und den Problemen des Konkurrenzkampfes mit der übrigen Gastronomie. Das alles überzeugte den Busfahrer noch mehr, dass nicht ein Funken von Zweifel mehr aufkam. Dane erzählte ihm von Sarah und einer Farm in Denver. Und es erschien dem Busfahrer, als hätte er heute die ehrenhafteste Entscheidung seines Lebens getroffen.
Dane fühlte sich großartig. Seine Wangen röteten sich mit jeder Lüge mehr. Er glaubte seinen eigenen Worten so sehr, dass der Busfahrer ihn schließlich unterbrechen musste, weil er eine Pause einlegen wollte. Das nutzte Dane, um sich einen Liegeplatz auf der hintersten Sitzbank zu suchen. Er war müde. Sein Hals schmerzte beim Schlucken. Er musste wieder husten und einige missgünstige Blicke dabei erdulden. Die Sitzbank war weich, zwei graue Wolldecken lagen bereit. Dane bemerkte wieder die merkwürdige Hitze in seinem Körper und wickelte sich in die Decken. Eine tiefe Traurigkeit erfasste ihn nun. Er dachte an Sarah und daran, warum er wohl in diesem Bus saß, wo sie doch in Kansas sein musste. Die Hitze warf ihn in wirre Träume hinein.
    Dane hörte ein Flüstern. Es kam von weit her – ein Hauch von einer Stimme. Sie war weiblich – ohne Zweifel. Wind kam auf. Er trieb die Worte näher, Worte, die sich als Wolken entpuppten und ihn einnebelten. Das nahm ihm die Sicht.
Der Nebel war feucht und benetzte seine Haare. Wassertropfen liefen an seinem Gesicht hinunter und fielen in das schwarze Seidenhemd. Er konnte das Flüstern nicht verstehen, obwohl es doch so nah um ihn herum war, aber es war zu undeutlich.
„Was passiert hier?“, hauchte er in den Nebel, als hätte er Angst, die Wolke könne zerplatzen, und der Knall würde ihn taub machen.
Eine Männerstimme mischte sich zu dem Flüstern der Frau, aber sie

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