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Das blaue Mädchen

Titel: Das blaue Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Tür zum Speisesaal stieß sie fast mit Gerald zusammen. Er blieb stehen, um sie vorzulassen. Sein Lächeln gefiel ihr nicht.
    Janas Blick flog durch den Raum.
    Da war Mara. Sie saß schon auf ihrem Platz.
    Langsam gehen, dachte Jana, damit niemand merkt, wie eilig ich es habe, zu ihr zu kommen.
    Mara hob den Kopf.
    Es gab Jana einen Stich.
    Mara war sehr blass. Ihr Gesicht war schmal geworden. Ihre Augen wirkten riesig. Darunter lagen bläuliche Schatten.
    »Hallo, Mara.« Jana setzte sich neben sie.
    »Hallo, Jana«, sagte Mara.
    Als wären sie die perfekten Kinder des Mondes, mit der allumfassenden, im tiefsten Innern jedoch unbeteiligten Liebe für jedes Geschöpf der Mondheit ausgestattet.
    Unterm Tisch tastete Jana nach Maras Hand. Die war schon da und wartete.
    »Wie geht es dir?« Jana sah Mara nicht an.
    »Fast schon wieder gut«, flüsterte Mara. »Gleich in unserem Zimmer?«
    »Ja.«
    Am runden Tisch in der Mitte erhob sich La Lune, um das Gebet zu sprechen.

    Marlon pfiff nach dem Hund. Er kam aus dem Keller, wo er gern in den dunklen Ecken stöberte, und wedelte so heftig mit dem Schwanz, dass sein Hinterteil hin und her schwankte und ihn beinah das Gleichgewicht verlieren ließ.
    »Komm, Alter.« Marlon öffnete die Tür. »Du hast ein bisschen Bewegung nötig.«
    Der Hund trottete eilig an ihm vorbei, lief ein paar Meter und drehte abwartend den Kopf.
    Marlon hatte ein schlechtes Gewissen. Er kümmerte sich nicht genug um den Hund. Seit er zu alt war, um neben dem Fahrrad oder dem Roller herzulaufen, ließ er ihn viel zu oft zu Hause. Er sollte häufiger zu Fuß gehen und ihn mitnehmen. Wenn der Hund bloß herumlag und schlief, würden seine Gelenke immer steifer werden.
    Von der Scheune waren nur ein Haufen verkohltes Holz, zerbrochene Dachziegel und jede Menge Asche übrig geblieben.
    Heiner Eschen stand davor, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    »Verfluchter Mist«, sagte er. »Guck dir das an.«
    Marlon und sein Vater würden mithelfen, eine neue Scheune zu bauen, und alle anderen Männer des Dorfes auch. Keines ihrer Häuser und keine ihrer Scheunen war ohne Nachbarschaftshilfe errichtet worden. Man hielt zusammen, erst recht, seit die Kinder des Mondes damit begonnen hatten, sich über das ganze Dorf auszudehnen.
    »Die wollen mich fertig machen«, sagte Heiner Eschen. »Aber das werden sie nicht schaffen. Keiner vertreibt mich von meinem Grund und Boden, da können sie hundert Feuer legen.«
    Von hier aus hatte man einen guten Blick auf die Gebäude der Sekte, zwischen denen einzelne Kinder des Mondes in ihrer schlichten Kleidung hin und her gingen, cremefarben, braun, schwarz, orange.
    Und blau, dachte Marlon.
    Er vermied es, Heiner Eschen anzusehen. Seit Jana Teil seiner Wünsche geworden war, hatte er einen Schritt in die andere Richtung getan, auf die Gegenseite zu.
    »Gib uns Bescheid, wenn du mit dem Bauen anfangen willst«, sagte er.
    Heiner Eschen nickte.
    Der Hund kläffte begeistert, als sie wieder aufbrachen. Früher war er, wenn er eine Wildfährte aufgenommen hatte, wie der Blitz über die Felder geschossen und erst Stunden später nach Hause gekommen, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt, ein Ausbund an schlechtem Gewissen. Marlon und sein Vater hatten sich viel Mühe mit seiner Erziehung gegeben, denn der Hund eines Bauern durfte kein Wilderer sein. Er sollte aber auch nicht das Leben eines Hofhunds an der Kette fristen.
    Inzwischen gab es kein Problem mehr damit. Selbst wenn er gewollt hätte, der Hund konnte nicht mehr jagen. Steifbeinig trabte er vor Marlon her, verfolgte die eine oder andere Spur ein Stück ins Gebüsch hinein, kam aber immer wieder rasch daraus hervor. Ab und zu stupste er mit der kalten, feuchten Schnauze Marlons Hand an, als wollte er sich für diesen Ausflug bedanken.
    Friedlich lag die Lichtung in der Sonne. Marlon setzte sich auf den Boden und lehnte sich gegen den Stamm einer mächtigen Buche. Der Hund rollte sich neben ihm zusammen und schlief ein.
    Vielleicht kam Jana ja diesmal. Marlon war schon so oft vergeblich hier gewesen. Er legte die Hand auf den Kopf des Hundes, horchte auf die schläfrige Stille und schloss die Augen.

    Kaum war die Tür zu, fielen sie sich in die Arme. Jana streichelte Maras Rücken.
    »Wie dünn du geworden bist.«
    Sie zogen die Schuhe aus und setzten sich auf Janas Bett.
    »Danke für die schönen Blumen. Ich hab heute Morgen schon an ihnen geschnuppert. Aber jetzt«, Mara sah Jana erwartungsvoll an, »sag mir

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