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Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Titel: Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Konrad
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ihr eigenes Leben und das ihrer späteren Kinder. Außerdem – und dieser Aspekt kann Vanessa motivieren, ihren eigenen Weg zu gehen – kann sie ihrer Mutter durch die gesunde Loslösung die Chance geben, sich weiterzuentwickeln und im besten Fall dort Hilfe in Anspruch zu nehmen, wo sie sie auch bekommen kann: professionelle Hilfe außerhalb der Familie.
    Wir sehen, dass Kinder auf unterschiedlichste Arten gebunden und davon abgehalten werden können, ein eigenes Leben zu beginnen. Warum machen Eltern so etwas? Warum sind sie nicht froh, dass das Kind heranwächst, selbstständiger wird und schließlich immer weniger der Unterstützung durch die Eltern bedarf?
    Weil die Eltern das Kind brauchen, um ihr eigenes Leben oder die Beziehung aufrechtzuerhalten. Ein Kind kann wunderbar als familiäres Faustpfand eingesetzt werden, damit Eltern sich nicht trennen oder die Leere in ihrer Beziehung beziehungsweise im eigenen Leben nicht bemerken. In solchen Fällen bekommt das Kind oft den unausgesprochenen Auftrag, Probleme zu machen, Sorgenkind, krank oder erfolglos zu sein und zu bleiben, damit die Eltern weiterhin ihr Augenmerk voll auf das Kind richten müssen. Kinder können Streit und Leere, aber auch Nähe und Sexualität zwischen den Eltern verhindern, sie können gar den unausgesprochenen Auftrag bekommen, so bedürftig zu sein, dass sie bis ins Jugendalter oder darüber hinaus bei den Eltern im Ehebett schlafen. Kinder können helfen, die Einsamkeit, die Sinnlosigkeit und elterliche Lebenskrisen zu überdecken. Ein Kind, das nicht erwachsen und selbstständig wird, kann der Mutter für immer einen Lebensinhalt bieten oder den Vater von seiner eigenen latenten Depression ablenken, sodass er weiterarbeitet und funktioniert, weil er ja schließlich eine Familie zu versorgen hat.
    So fest aneinandergebunden zu sein ruft zwiespältige Gefühle hervor, sowohl Eltern als auch Kinder leiden unter der ausweglosen Verquickung der Generationen, aber sie profitieren auch von ihr, von der besonderen Nähe, von der besonderen Aufmerksamkeit, von der Zuneigung und dem Gefühl, gebraucht zu werden. Manche Kinder bleiben deshalb ewig in der »Gefangenschaft« ihrer Familie, ihrer Eltern. Wie Marcel Proust, der seiner Mutter schrieb: »Die Wahrheit ist, dass Du, sobald ich mich wohl befinde, alles zerstörst, bis es mir abermals schlecht geht, weil das Leben, das mir Besserung verschafft, Dich aufreizt.« Er, das erwachsene gebundene Kind, folgert daraus: »Lieber will ich Anfälle haben und Dir gefallen, als Dir missfallen und keine haben« (Marcel Proust, Briefwechsel mit der Mutter ). Viele Menschen sind bis zu ihrem Tod zu eng an ihre Familie gebunden. Auch wenn sie emotionales Schmerzensgeld beziehen durch ihre machtvolle familiäre Stellung, fehlen wichtige Entwicklungsschritte in die Eigenständigkeit. Manchmal hilft aus dem Familiengefängnis nur die Flucht, bestenfalls ans andere Ende der Welt – schlimmstenfalls in den Tod. Wie bei Bert, meinem großen Freund aus Kindertagen, der viel zu früh gestorben ist.
    Bullerbü ist anderswo – Wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen und ausstoßen
    »Kindheit war schon immer ein gefährlicher Ort,
selten verlässt ihn jemand unbeschadet.«
    KATHARINA OHANA , Ich, Rabentochter
    Ein neunjähriges Mädchen wohnt ohne seine Eltern in einem bunten, alten Haus. Sie hat Sommersprossen und rote Haare, die sie zu abstehenden Zöpfen geflochten hat. Sie kann tun und lassen, was sie will, sie backt nachts, geht nicht zur Schule und lässt ihr Pferd im Wohnzimmer schlafen. Spätestens jetzt weiß jeder, von wem die Rede ist: Pippi Langstrumpf. Pippi ist ein starkes, selbstbewusstes Kind. Das muss sie auch sein, so allein und auf sich selbst gestellt, wie sie es ist:
    »Früher hatte Pippi mal einen Papa gehabt, den sie schrecklich lieb hatte. Ja, sie hatte natürlich auch eine Mama gehabt, aber das war schon so lange her, dass sie sich gar nicht mehr daran erinnern konnte. Die Mama war gestorben, als Pippi noch ein ganz kleines Ding war, das in der Wiege lag und so furchtbar schrie, dass es niemand in ihrer Nähe aushalten konnte« (Astrid Lindgren, Pippi Langstrumpf ).
    Vernachlässigten Kindern wird oft von den Eltern suggeriert, dass es ihre Schuld sei, wenn die Eltern sich nicht mehr um sie kümmerten. »Wenn du braver wärst, dann …«, lautet die Phantasieformel, die Eltern nutzen, um sich ihrer Verantwortung zu entledigen und diese dem Kind aufzubürden. Selbst wenn Eltern diesen

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