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Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Titel: Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Konrad
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arbeitet seit zehn Jahren in der Firma seiner Eltern. Nachdem sein Vater vor drei Jahren starb, übernahm Martin gemeinsam mit seiner Mutter die Führung des Betriebs. Martins Frau Andrea arbeitet halbtags mit im Unternehmen. Als Andrea und Martin mich aufsuchen, liegen bereits jahrelange Auseinandersetzungen hinter ihnen. Sie befürchten, am Ende ihrer Ehe zu stehen. Andrea und Martin haben zwei Kinder. Und sie haben Hilde, Martins Mutter, die im Obergeschoss des Hauses wohnt. Martin hat Konflikte mit Andrea, Andrea hat Konflikte mit ihrer Schwiegermutter.
    Dabei hatte alles so gut angefangen. Martin und Andrea lernten sich während ihrer Ausbildung kennen, verliebten sich ineinander, und bald schon stellte Martin seine Freundin den Eltern vor. Andrea, deren Eltern vor ein paar Jahren gestorben waren, fühlte sich wohl in Martins Familie, und seine Eltern mochten sie. Nach einem Jahr zog das junge Paar zusammen, in die große Wohnung im Dach von Martins Elternhaus. Andrea war glücklich, wieder Teil einer Familie zu sein, und sie fügte sich ein in die bestehenden Rituale und Gepflogenheiten.
    Die Schwierigkeiten begannen, nachdem ihr erstes Kind geboren war. Hilde freute sich sehr über die Geburt ihres Enkelkindes und klingelte oft bei der jungen Mutter. Sie gab Ratschläge, bot Hilfe an und mischte sich ein, so wie viele übereifrige Großmütter es tun. Zuerst war Andrea dankbar für die Unterstützung, nach einer Weile aber wünschte sie sich mehr Privatsphäre und Distanz. Zugleich fühlte sie sich schuldig, weil Martins Eltern so viel für sie getan hatten und immer noch taten. Martin hielt sich bei den ersten Konflikten stets bedeckt, und dieses Nichtpositionieren wurde ihm letztlich zum Verhängnis.
    Als Martins Vater starb, war Andrea mit ihrem zweiten Kind schwanger, und Hilde bot an, Wohnungen zu tauschen: Sie würde ins Obergeschoss ziehen, und Martin und Andrea könnten die geräumige Erdgeschosswohnung beziehen mit direktem Zugang zum Garten. Erfreut willigten Andrea und Martin ein. Nach dem Umzug ließ Andrea die Wohnung nach ihrem Geschmack renovieren, sie tauschte Teppiche und Wandfarben, ließ eine neue Küche einbauen und das Bad neu fliesen. Hilde beobachtete die Veränderungen mit säuerlicher Miene. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Sie hatte großzügig ihr Zuhause aufgegeben, und nun war ihrer Schwiegertochter die Wohnung nicht gut genug. Alles musste geändert werden, sogar Dinge, die aus Hildes Sicht so gut wie neu waren. Das Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter bekam erste ernst zu nehmende Risse. Trotzdem hielten sich alle weiterhin an die alten familiären Bräuche, auch an den täglichen gemeinsamen Mittagstisch, der seit einigen Jahren nun bei Martin und Andrea stattfand.
    In Andrea wuchs der Wunsch, ein paar neue Rituale für ihre Familie einzuführen. Das tägliche gemeinsame Mittagessen mit Hilde akzeptierte sie, aber wenigstens das Wochenende wollte sie allein mit ihrem Mann und ihren Kindern verbringen. Hilde reagierte auf Andreas Rückzug gekränkt und wütend, sie fühlte sich ausgeschlossen – in ihrem eigenen Haus! Beide Frauen forderten Martins Rückhalt. Martin war überfordert und hin- und hergerissen. Seine Mutter warf ihm vor, dass sie ihm immer alles ermöglicht habe, sogar ihre Wohnung habe sie ihm zuliebe aufgegeben, er hingegen würde sich zu wenig für sie einsetzen, ihm sei ihr Wohlergehen egal, und nun, seit Vater tot sei, würde sich Andrea alles unter den Nagel reißen. Schlussendlich würde sie noch aus ihrem eigenen Haus vertrieben werden, und Martin sähe schweigend zu. Andrea wiederum warf ihrem Mann vor, mehr Müttersöhnchen als Vater oder Ehemann zu sein, er habe schon immer zu viel Rücksicht auf seine fordernde Mutter genommen, die seine Gutmütigkeit ausnutze und ihn mit Schuldgefühlen an sich binde. Kurzum: Martin sitzt zwischen den Stühlen.
    In dieser Familie kommen viele Faktoren zusammen, die Martins Ablösung erschweren: Seine Stellung als Unternehmersohn, der nie eine Chance hatte, sich außerhalb des familiären Betriebs zu beweisen. Die absolute Verstrickung aller Lebensbereiche mit seiner Mutter: Sie arbeiten zusammen, sie leben in einem Haus, sie sind voneinander abhängig. Er kann es sich weder leisten auszuziehen oder aus dem Unternehmen auszuscheiden, noch könnte er sich innerlich zu dieser Trennung die Erlaubnis geben. Denn neben der gefühlten Verpflichtung seiner Mutter gegenüber besteht auch die starke

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