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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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beispielsweise die schöne Matriona Schikanowa, die von ihrem Mann getrennt lebte. Sie war zwar ein paar Jahre jünger als Irina, dafür wechselten ihre Launen so schnell wie Regengüsse und Sonnenschein an einem Apriltag, was Konstantin ziemlich anstrengend fand.
    Irina mit ihren vielen Perlenketten und ihrem Hang zur Sparsamkeit, der angesichts ihres immensen Reichtums geradezu kindisch wirkte, war ihm auch lieber als die Fürstin Nadeshda Stropolski, die von allen nur »Püppi« genannt wurde und die mit jedem gleich sehr vertraulich tat. Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte sie ihm intime Details ihre Krankheiten betreffend anvertraut. Seltsamerweise war diese Püppi sehr beliebt, man duldete sogar ihren schrecklichen Hund, der die Teller ableckte und überall seine Pfützen hinterließ.
    Obwohl sie mit einer Entourage von mehr als zehn Leuten reiste – wozu unter anderem drei Zofen, zwei Fahrer und ein Pferdeknecht zählten –, umwehte sie stets ein Hauch von Einsamkeit. Sie war seit Ewigkeiten Witwe, immens reich und sehr großzügig. Trug diese Tatsache zu ihrer Beliebtheit bei? Oderwar sie so beliebt, weil sie nächtelang durchfeiern konnte? Ihren Schlaf holte sie tagsüber nach – wenn es hell wurde, ging sie zu Bett.
    Â»Das geht schon seit Jahren so«, hatte Irina Konstantin erklärt. »Seit dem Tag, an dem eine Wahrsagerin ihr prophezeite, dass der Tod sie nachts, während des Schlafs, ereilen wird, macht Püppi die Nacht zum Tag.«
    Aus dem Augenwinkel heraus warf Konstantin der in grüne Seide gekleideten Witwe einen Blick zu. Irgendwie rührte die einsame alte Frau sein Herz.
    Wenn sie sich bloß nicht so jugendlich kleiden würde! Das giftgrüne Kleid mit dem großen Ausschnitt hätte vielleicht Matriona mit ihrem glatten Dekolleté gut gestanden – Püppis runzeliger Hals und ihre schlaff gewordenen Brüste sahen dadurch jedoch schrecklich aus.
    Konstantin legte Irina eine Hand auf den Arm und drückte sie liebevoll. Ja, er hatte eine gute Wahl getroffen.
    Als Nächstes warf er einen Blick auf die anwesenden Männer: Graf Popo, der ständig am lautesten über seine eigenen Witze lachte. Piotr, der Spieler, der nur für die Stunden im Casino lebte. Der zu niemandem gehörte, sich aber auffällig oft in Püppis Nähe zeigte. Dann gab es noch den hochverehrten Grafen Nikajew, außerdem Sergej Lubelev und wie sie alle hießen!
    Konstantin hatte sie längst durchschaut, alle miteinander. Es war immer derselbe Kreis, der sich zusammenfand, in dem stets dieselben Themen diskutiert und ausgewalzt wurden. Wenn, was selten genug vorkam, ein Fremder dazustieß, war die Freude groß, wie er am eigenen Leib hatte erfahren dürfen. Willig hatten sie ihn in ihre Mitte aufgenommen, seine Jugend und Schönheit aufgesaugt, seinen Erzählungen über bulgarische Städte gelauscht. Und seinen Seufzern, wenn es ums Malen ging.
    Konstantin erkannte sehr wohl die Gefahr, von diesem Kreis gefressen, aber auch wieder ausgespuckt zu werden. Aber so weit würde er es nicht kommen lassen.

    Â»Irina«, flüsterte er rau und kehlig. Die Stuhlbeine knirschten im Kiesbett, als er näher an den Tisch rückte.
    Die Fürstin fuhr zu ihm herum, die Wangen gerötet vom Wein und den Köstlichkeiten, die auf riesigen Tabletts in der Sonne dahinschmolzen. Eigentlich hatte so kurz nach dem Mittagsmahl noch keiner wieder Appetit oder gar Hunger. Aber Fürst Popo hatte für alle bestellt und so griff man lustlos nach dem einen oder anderen Häppchen.
    Â»Mir fehlen die Worte, um dir zu sagen, wie schön du bist.« Fast schamhaft brach er ab, seine Hand an Irinas Wange, die Berührung wie ein Windhauch. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, dass mindestens zwei, drei Frauen am Tisch ihn und Irina beobachteten, vor allem Püppi linste unverhohlen zu ihnen herüber, während der Hund auf ihrem Schoß um Aufmerksamkeit buhlend an ihrer Brust kratzte.
    Irinas Lachen perlte über den Tisch, auch sie war sich der Blicke der anderen sehr wohl bewusst, schien sie mindestens so sehr zu genießen. Sie kniff Konstantin in die Wange, wie man es bei einem Kind tat.
    Â»Kostia, wie bist du wieder herrlich schüchtern!«
    Â»Es sind deine Augen!«, brach es aus ihm hervor, diesmal lauter, so dass auch die anderen ihn hörten. Er schaute in die Ferne, schien mit den

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