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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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fragte sie schließlich.
    Â»Die Ziegen?« Friedrich wischte sich eine Schweißperle von der Stirn. »Ehrlich gesagt hat mich nach denen noch niemand gefragt. Ich weiß nicht …«
    Flora winkte ab. »Ist ja auch egal. Bei uns könnte diese Merline eh nichts ausrichten. Sie sind glücklich und zufrieden mit Ihrer wunderschönen Trinkhalle, und ich bins im Blumenladen …«

17 . K APITEL
    W ie die Mädchen dahinflanierten in ihren Sonntagskleidern! Wie ihre Hände, die die ganze Woche über Staub wischten, Böden schrubbten und Wäsche machten, an diesem Tag die billigen Sonnenschirme hielten, die unter dem sattgrünen Blätterdach gar nicht nötig gewesen wären. Wie ihre Augen, sonst trübe vom Staub der Kohleöfen und Scheuerpulver, sonntäglich glänzten!
    Die Hände im Genick verschränkt, die Beine von sich gestreckt, ließ Konstantin Sokerov seinen Blick die kleine Allee hinunterschweifen, während das Gespräch an der langen Tafel, an der Irina und er saßen, leise vor sich hin plätscherte.
    Gleich, gleich würde er wieder brillieren, würde ungewöhnliche Komplimente machen und fröhlich sein.
    Wie die Fußgänger neidisch zu ihnen herüberstarrten! Da, dem einen Burschen stand der Neid geradezu ins Gesicht geschrieben. Wie krampfhaft er sich mühte, es sich nicht anmerken zu lassen. Wie er daherstolzierte im wahrscheinlich einzigen Anzug, den er besaß.
    Die Frau neben ihm war hübsch. Der Bursche hätte gut daran getan, ihr ein paar süße Worte ins Ohr zu flüstern, statt neidvoll auf andere zu schauen!
    Stattdessen rannte der Dummkopf nun einem Kind hinterher, dessen Gouvernante zu faul war, selbst auf den Schützling aufzupassen. Oje – jetzt legte sich der Bursche auch noch des Kindes wegen mit einem wilden Schwan an. Und ruinierte seinen einzigen Anzug dabei. Nun ja, wenn er unbedingt den Helden spielen wollte! Immerhin – die junge Frau an seiner Seite schaute ihn nun bewundernd an …
    Konstantin wandte seinen Blick ab. O nein, er hatte nicht vergessen, dass er selbst wenige Tage zuvor ebenfalls nur einen Anzug besessen hatte. Dem Himmel – und seiner eigenen Geschicklichkeit – sei Dank hatte sich das inzwischen geändert.
    Wie so oft in jüngster Zeit brach er unvermittelt in schallendes Lachen aus. Seine Fröhlichkeit war ansteckend, sogleich stimmte ein Teil seiner Tischnachbarn in das Lachen ein, ohne den Grund dafür zu kennen. Dabei lag dieser wirklich auf der Hand: Da saß er, Konstantin Sokerov, bulgarischer Kunststudent, zusammen mit der Crème de la Crème der russischen Kurgesellschaft unter dem arbre russe , dem russischen Baum, in Baden-Baden, einer Kleinstadt des deutschen Kaiserreiches! Er hätte sich hier auch neue Freunde aus Persien oder Südamerika suchen können – glich die Welt nicht einem einzigen großen, verrückten Fest? Zumindest, wenn man zu den Wohlhabenden gehörte.
    Ach Mutter, wenn du mich sehen könntest …

    Es war nicht schwer gewesen, Irina kennenzulernen. »Fürstin Irina Komatschova«, genauer gesagt. Und all die anderen dazu. Ein, zwei Abende im Casino, ein paar große Gesten im Badischen Hof, immer wohlbedacht, dass diese Gesten aus seinen mageren Ressourcen bezahlbar blieben, einige Spaziergänge die Lichtenthaler Allee hinab, der Blick verloren. Dann die ersten Gespräche. Ja, er sei neu in der Stadt und noch etwas … hilflos.Aber für einen Maler glich Baden-Baden geradezu einem Garten Eden, n’est-ce pas ?
    Irina, Witwe des Nikolajev Komatschov, war erfahren und schlau genug, sehr bald zu erkennen, dass bei Konstantin die Sehnsucht nach dem schönen Leben groß, das Portemonnaie hingegen sehr klein war. Nicht, dass dies bei einem angehenden Maler so bleiben musste. Jeder wusste, wie hoch wahre Kunstwerke gehandelt wurden und dass sie im Preis ständig stiegen.
    Â»So gesehen investiere ich in die Zukunft. Wenn du erst einmal reich und berühmt bist, kannst du mir meine … Anleihen auf Heller und Pfennig zurückzahlen«, hatte sie in munterem Tonfall gesagt, als sie Konstantin einlud, zu ihr ins Hotel Stéphanie zu ziehen. Dass er ihr Liebhaber werden würde, hatte zu diesem Zeitpunkt längst festgestanden.
    Und Konstantin war zufrieden damit.
    Irina, die manchmal daherredete wie ein Bauernmädchen, war ihm zehnmal lieber als

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