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Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall

Titel: Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Guillermo;Hogan Del Toro
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beide Schuhe verloren, ihre Nylonstrumpfhose war zerrissen, die Füße zerschunden und blutig. »Ich bin müde«, wiederholte sie immer wieder. »Ich will nach Hause.«
    Hinter ihnen war alles ruhig - die Tür blieb offenbar unentdeckt
-, trotzdem rannten sie, als wären ihnen die Vampire direkt auf den Fersen. Bis sie nicht mehr konnten.
    Nora wurde langsamer, und auch Zack drosselte sein Tempo. Schließlich blieben sie ganz stehen, und Nora legte eine Hand auf den Mund ihrer Mutter, um sie zum Schweigen zu bringen. Im Schein der blauen Lampe sah Zack Noras Gesichtsausdruck: erschöpft, verzweifelt, entschlossen.
    Da begriff er, dass sie eine schwere Entscheidung treffen musste. Oder bereits getroffen hatte.
    Während Mrs. Martinez versuchte, die Hand von ihrem Mund zu zerren, schüttelte sich Nora die Tasche von der Schulter. »Mach auf«, sagte sie zu Zack. »Und nimm dir ein Messer.«
    »Ich hab schon eines.« Er zog das Klappmesser mit dem Knochengriff aus der Hosentasche, öffnete es und zeigte Nora die Silberklinge.
    »Wo hast du das denn her?«
    »Professor Setrakian hat es mir gegeben.«
    »Na schön. Du musst mir jetzt gut zuhören, Zack. Vertraust du mir?«
    Was für eine seltsame Frage. »Klar.«
    »Dann pass auf. Du musst dich verstecken. Kriech hier rein.« Der Laufweg neben den Gleisen war etwa einen Meter erhöht, und darunter war ein dunkler Hohlraum. »Mach dich ganz klein und halt dir das Messer vor die Brust. Rühr dich nicht vom Fleck. Ich weiß, du hast Angst, aber ich … ich bleibe nicht lange weg, versprochen. Wenn dich irgendjemand außer mir findet - egal wer -, dann stichst du zu. Verstanden?«
    »Ich …« Einmal mehr musste Zack an die gegen die Fensterscheiben gepressten Gesichter der Fahrgäste denken. »Okay.«
    »In den Hals, ins Genick - wo du gerade triffst. Stich so lange zu, bis sie tot sind. Dann versteckst du dich woanders. Ja?«

    Er nickte. Tränen liefen ihm über die Wangen.
    »Versprich es mir.«
    Er nickte noch einmal.
    »Ich bin gleich wieder da, hörst du. Wenn ich zu lange wegbleibe, dann war’s das für mich. Dann rennst du los.« Nora deutete Richtung New Jersey. »Und zwar da lang. Du rennst immer weiter. Nicht stehen bleiben. Selbst wenn du mir begegnest. Kapiert?«
    »Aber … was hast du vor?«
    Doch Zack wusste es bereits. Und Nora wusste, dass er es wusste.
    Mit ungelenken Bewegungen - ihre Mutter hatte sich inzwischen darauf verlegt, ihr in die Hand zu beißen - umarmte sie den Jungen, drückte ihn an ihre Seite. Er spürte, wie sie ihn auf den Kopf küsste. »Du bist ein tapferer Junge«, sagte sie. »Du schaffst das schon. Und jetzt rein mit dir.«
    Zack atmete kurz durch. Dann legte er sich auf den Rücken und robbte in die Nische. In diesem Augenblick war es ihm völlig egal, ob dort Mäuse oder Ratten waren. Den Knochengriff fest in der Hand, hielt er sich das Messer wie ein Kruzifix vor die Brust und hörte, wie Nora ihre Mutter davonzerrte.
     
     
    Vasiliy wartete mit laufendem Motor vor seinem Laden in den Flatlands und studierte einmal mehr die Karten der Kanalisation. Über seinem Overall trug er eine Sicherheitsweste, außerdem hatte er sich einen Schutzhelm aufgesetzt.
    Der ganze Plan gefiel ihm überhaupt nicht. Zu viele Unwägbarkeiten.
    Professor Setrakians mit Silberstaub versetzte Chemiewaffen Marke Eigenbau lagen hinten im Lieferwagen, eingewickelt in Handtücher, damit sie während der Fahrt nicht herumrollten. Vasiliy sah zur Ladentür. Wo blieb der Alte nur?

    Viel zu viele Unwägbarkeiten …
    Unterdessen rückte Abraham Setrakian in der Werkstatt den Kragen seines Hemds zurecht, band sich die Fliege und betrachtete sich dann in einem der kleinen Silberspiegel. Er hatte sich für seinen besten Anzug entschieden.
    Er legte den Spiegel weg und ging im Kopf noch einmal alles durch. Hatte er auch nichts vergessen? Doch, seine Pillen! Er fand die Schachtel und schüttelte sie wie in einem geheimen Glücksritual, bevor er sie in die Tasche steckte. Es wäre unverzeihlich gewesen, die Pillen zu vergessen.
    Schließlich, bereits auf dem Weg nach draußen, warf er noch einen Blick auf das Glas, das das enthielt, was von seiner geliebten Miriam auf dieser Welt übrig geblieben war. Er hatte das Herz mit UV-Licht bestrahlt, um dem Blutwurm darin endgültig den Garaus zu machen, und ohne den Parasiten trat das Organ nun schnell in den Zustand der Verwesung über.
    Setrakian betrachtete das Glas, als stünde er vor dem Grab seiner großen Liebe.

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