Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
mit dem Messer darauf ein. Er wusste nicht, ob er getroffen hatte, doch der Vampir zog sich wie ein geprügelter Hund zurück.
» Hau ab! «, schrie Eph.
In diesem Moment sprangen zwei weitere Vampire, ausgewachsene Exemplare mit riesigen Blutflecken auf der Brust, über die Trennwand. Das blinde Vampirkind hatte Verstärkung gerufen!
Wie ein Wahnsinniger fuchtelte Eph nun mit dem Silbermesser in der Luft herum, versuchte, ihnen ebenso viel Angst einzuj agen wie sie ihm.
Es funktionierte nicht.
Die Kreaturen gingen von zwei Seiten auf ihn los. Eph hieb auf den Arm des einen, dann auf den des anderen ein. Er verletzte sie, doch nicht genug, um zu verhindern, dass sie
ihn packten und gegen die Wand drückten. Die fiebrige Hitze, die sie abgaben, und der stechende Verwesungsgestank raubten ihm den Atem. In einer letzten verzweifelten Anstrengung versuchte er noch, das Messer zu werfen, aber es fiel kraftlos aus seinen Fingern.
Das war’s dann also. Am Ende hatten sie ihn doch noch erwischt …
Merkwürdigerweise töteten sie ihn nicht gleich, sondern schienen auf etwas zu warten. Eph drückte gegen die Hände, die ihn wie einen Schraubstock festhielten. Dann sah er, wie das blinde Vampirkind langsam auf ihn zu kroch, ein Raubtier, kurz davor, seiner Beute den Todesstoß zu versetzen. Panisch versuchte Eph, das Kinn gegen die Brust zu drücken, doch eine Hand packte sein Haar und riss seinen Kopf zurück, sodass der Hals offen dalag.
Eph stieß einen Schrei aus, einen Schrei, in dem sich all die Wut, all der Trotz, all die Verzweiflung sammelte, die in ihm war … als plötzlich der Kopf des Vampirkinds in einer Wolke aus weißem Nebel explodierte. Die Kreatur stürzte zuckend zu Boden. Eph spürte, wie die beiden anderen Vampire von ihm abließen und sich verwirrt umsahen.
Es waren Menschen, die zu seiner Rettung kamen. Bis an die Zähne bewaffnete Latinos, offenbar wild entschlossen, jeden Blutsauger umzunieten, der sich ihnen entgegenstellte. Unter ihnen ein riesenhafter Mexikaner, der bestimmt längst die Sechzig überschritten hatte, sich jedoch bei der Vampirjagd als erstaunlich effizient erwies. Er trieb die beiden Kreaturen mit UV-C-Licht in eine Ecke, wo der eine eine lange Silberklinge zu schmecken bekam, während dem anderen ein Silberbolzen in den Kopf den Garaus machte.
Eph ließ sich auf die Bank fallen. Ein schlaksiger junger Mann mit Lederhandschuhen und wachen Augen kam auf ihn zu, offenbar der Anführer der Vampirjäger. Zwei gekreuzte Reihen von Silberbolzen liefen wie Patronengürtel
über seine Brust; die Spitzen seiner mit weißem Blut bespritzten Stiefel waren ebenfalls aus massivem Silber. »Sind Sie Goodweather?«, fragte er.
Eph nickte.
»Ich bin Augustin Elizalde. Der Pfandleiher schickt uns.«
Erneut betraten Setrakian und Vasiliy die Lobby der Sotheby’s-Filiale an der Kreuzung 77th Street und York Avenue und ließen sich in das Anmeldungsbüro bringen, wo der alte Professor der verdutzten Angestellten einen Scheck auf den Tisch legte, der auf ein Schweizer Konto ausgestellt war. Nach einem kurzen Telefonat war seine Liquidität bestätigt.
»Willkommen bei Sotheby’s, Mr. Setrakian!«, sagte die Angestellte und lächelte sie an.
Setrakian bekam ein Pappschild mit der Nummer dreiundzwanzig ausgehändigt, dann brachte sie ein weiterer Sotheby’s-Angestellter zum Aufzug und fuhr mit ihnen in den zehnten Stock. Auf dem Weg zum Auktionssaal wurden sie vom Sicherheitsdienst aufgehalten und Setrakian wurde aufgefordert, Mantel und Gehstock abzugeben. Er erhielt dafür eine Plastikmarke, die er in die Westentasche steckte. Vasiliy durfte den Auktionssaal zwar ebenfalls betreten, doch der bestuhlte vordere Bereich war den Bietern vorbehalten, also stellte sich der Kammerj äger neben die Tür, von wo aus er einen guten Überblick über den gesamten Raum hatte.
Setrakian setzte sich in die vierte Reihe - nicht zu weit vorne, aber auch nicht zu weit hinten - und legte sich das Pappschild in den Schoß. Auf dem erleuchteten Podium füllte gerade ein Kellner das Glas des Auktionators mit Wasser und verschwand dann wieder durch einen versteckten Bedienstetenausgang. Auf der linken Seite stand die Messingstaffelei, auf der die zu versteigernden Objekte präsentiert wurden. Ein großer Bildschirm darüber zeigte das Sotheby’s-Logo.
Die Auktion fand unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Die ersten fünfzehn Reihen waren fast vollständig besetzt, nur im hinteren
Weitere Kostenlose Bücher