Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet.
Nur wofür?
»Er ist dort draußen und verwandelt jeden, den er in die Finger kriegt.«
Das hatte Dr. Goodweather gesagt. Aber die Letzten werden doch die Ersten und die Ersten die Letzten sein, stand es nicht so in der Bibel? Nur: Sie waren hier nicht im gelobten Land, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika. Hier pflegten die Ersten auch die Ersten zu bleiben.
Palmer konnte jetzt nachempfinden, wie sich seine Geschäftspartner gefühlt haben mussten, nachdem er sie über den Tisch gezogen hatte - als wäre ihnen mit derselben Hand, die sie soeben geschüttelt hatten, ein Faustschlag in den Magen verpasst worden.
Der Meister … Man glaubt, dass man mit jemandem zusammenarbeitet - bis man eines Tages aufwacht und erkennt, dass man für ihn arbeitet.
»Verraten Sie mir doch mal, warum Sie immer noch in der Schlange stehen?«
Ja , dachte Palmer, warum eigentlich?
Zack ließ Noras Hand los, um seinen iPod aufzuheben, der auf den Tunnelboden gefallen war. Ein blöder Reflex, das war ihm klar, aber seine Mom hatte ihm das Gerät geschenkt und sogar für Lieder bezahlt, die sie eigentlich ziemlich fürchterlich fand. Wenn er es in der Hand hielt und sich auf die Musik konzentrierte, konnte er an sie denken. Daran, wie sie einmal war.
»Zachary!«
Nora nannte ihn sonst nie bei seinem vollen Namen, und es hatte den gewünschten Effekt: Er stand schnell wieder auf und blickte in ihr wütendes Gesicht. Inzwischen konnte er sie etwas besser leiden; ihre Mutter war ebenfalls krank, und so hatten sie etwas gemeinsam: beide Mütter waren irgendwie noch da, aber irgendwie auch ganz woanders.
Zack steckte den iPod in seine Hosentasche und ließ die Kopfhörer liegen. Dann liefen sie weiter. Albtraumhafte Bilder zuckten vor Zacks innerem Auge auf. Nora hatte nicht gewollt, dass er durch die Zugfenster sah, aber er wusste, was da drinnen vor sich gegangen war. Er hatte das Blut gesehen. Er hatte die schmerzverzerrten Gesichter gesehen …
Plötzlich blieb Nora wie angewurzelt stehen und blickte mit weit aufgerissenen Augen auf etwas hinter ihnen. »Mein Gott«, flüsterte sie.
Kleine Gestalten kamen aus der Dunkelheit hinter dem entgleisten Zug gekrochen. Kinder. Vampirkinder mit leeren, schwarzen Augen. Doch obwohl sie eindeutig blind waren, bewegten sie sich zielsicher und entschlossen auf den Zug zu.
Als sie ihn erreicht hatten, quietschten sie vor Vergnügen - und dann stürmte eine Horde gewöhnlicher Vampire aus dem Tunnel und stürzte sich auf die Fahrgäste, die es lebend aus den Waggons geschafft hatten. Die Vampirkinder, die der Horde den Weg gebahnt hatten, krochen unterdessen die Tunnelwände hinauf und schwärmten über das Zugdach wie frisch geschlüpfte Babyspinnen.
Mit angehaltenem Atem sah Zack diesem grotesken Geschehen
zu. Sah, dass es ein ganz bestimmter Vampir war, der die Kinder zu dirigieren schien. Immer wieder scharten sie sich um ihn. Im flackernden Licht war deutlich zu erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. Eine Mutter, die eine Armee von Dämonenkindern in die Schlacht führte …
Eine Hand griff nach seiner Jackenkapuze und zerrte ihn mit sich. Nora. Zack stolperte, rappelte sich wieder auf, lief ihr nach. Sie hakten Noras Mutter unter und zogen sie die Gleise entlang - nur fort von diesem Wahnsinn.
Noras UV-Lampe war nicht stark genug, um den Tunnel auszuleuchten, aber sie ließ die Vampirexkremente an den Wänden in schillernden, ekelerregenden Farben aufblitzen.
»Da!«, rief Zack plötzlich. Seine scharfen Augen hatten in der Wand links von ihnen eine Reihe von Stufen entdeckt, die zu einer Tür führten.
Nora rannte die Stufen hinauf und rüttelte am Türgriff. Nichts. Entweder klemmte sie oder sie war verschlossen. »Verdammt! Geh auf!« Nora hob das Bein und trat so lange auf die Klinke ein, bis sie abbrach und die Tür aufsprang.
Ein schmaler Durchgang führte sie zu einer identischen Treppe, die wiederum in einem weiteren Tunnel mündete. Sie waren auf der Gegenstrecke gelandet: New Jersey - Manhattan.
Nora knallte die Tür hinter ihnen so fest zu, wie sie konnte, dann scheuchte sie Zack und ihre Mutter auf die Gleise. »Schnell! Nicht stehen bleiben. Es sind zu viele, mit denen werden wir nicht fertig.«
Sie liefen in den Tunnel. In die Dunkelheit. Zack half Nora wieder dabei, Mrs. Martinez zu stützen, doch bald wurde ihnen klar, dass die alte Dame dieses Tempo nicht lange würde durchhalten können. Sie hatte
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