Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
Armbeuge und wandte sich wieder dem Computer zu. Er brauchte nicht lange, um auf dem Desktop den Ordner zu finden, in dem die Videodatei gespeichert war, die er nicht sehen durfte. Ein Mausklick, und …
… er hörte Dads Stimme aus dem Laptop. Und begriff, dass es sein Vater war, der die Kamera hielt - Zacks Kamera, die er sich damals ausgeborgt hatte.
Zuerst war alles dunkel. Sie waren in einem Schuppen oder so. Eines dieser Wesen saß sprungbereit in der Hocke und stieß ein heiseres Grunzen und ein Zischen aus, das aus der Tiefe seiner Kehle zu kommen schien. Dann das Rasseln einer Kette. Die Kamera zoomte näher heran, bis der Mund der Kreatur deutlich zu erkennen war. Ein Mund, der sich weiter öffnete, als es normal war. Ein Mund, in dem etwas zappelte, das wie ein dünner silberner Fisch aussah.
Die Augen des Wesens glänzten und waren weit aufgerissen - Zack hielt diesen Blick erst für einen Ausdruck von Trauer und Wut. Und es hatte offenbar ein Hundehalsband um, an dem die Kette hing; das andere Ende war am Boden befestigt. In der Dunkelheit des Schuppens wirkte der Vampir unnatürlich bleich, ja, seine Haut war so blutleer, dass sie fast zu leuchten schien. Plötzlich wich er vor dem blauen
Schein einer Lampe zurück, und der Stachel peitschte wütend aus seinem Mund. Dann, als sich das Licht in seine Muskeln fraß, stieß er einen heiseren Schrei aus. Wie ein krankes Tier, das sich vor Schmerzen windet.
»Genug«, sagte eine Stimme im Video. »Befreien wir ihn von seinem Leid.« Es war die Stimme von Mr. Setrakian, aber sie klang überhaupt nicht so ruhig und freundlich, wie der alte Mann sonst immer mit Zack sprach.
Setrakian trat ins Blickfeld und rezitierte einige Worte in einer fremden, uralt klingenden Sprache - als würde er einen Dämon beschwören oder einen Fluch aussprechen. Dann hob er ein langes, silbernes Schwert ins Mondlicht. Die Kreatur heulte auf, als Setrakian die Klinge mit aller Kraft niedersausen ließ …
In diesem Moment hörte Zack Stimmen, die ihn vom Video ablenkten. Stimmen, die von der Straße zu ihm heraufdrangen. Er klappte den Laptop zu, stand auf und spähte vorsichtig über die Dachbrüstung auf die 118th Street hinunter.
Eine Gruppe von fünf Männern kam langsam auf das Gebäude zu, gefolgt von einem SUV. Sie trugen Waffen - Gewehre - und klopften an jede Tür. Der SUV blieb an der Kreuzung vor der Pfandleihe stehen, und die Männer rüttelten am Sicherheitsgitter des Hauses. »Aufmachen!«, riefen sie.
Zack entfernte sich vom Rand des Daches. Besser, er ging wieder in sein Zimmer, bevor noch jemandem einfiel, nach ihm zu suchen …
Und dann sah er sie. Ein Mädchen im Highschool-Alter, das auf dem Dach eines Nachbargebäudes stand. Nur ein brachliegendes Grundstück trennte sie von der Pfandleihe. Eine sanfte Brise hob ihr Nachthemd und ließ es um ihre Knie flattern. Ihr Haar dagegen bewegte sich nicht, sondern hing schwer und strähnig nach unten.
Sie stand am Dachrand, nur wenige Millimeter vom Abgrund entfernt, doch völlig im Gleichgewicht. Als wollte sie
jeden Augenblick losspringen - obwohl sie wissen musste, dass es ein unmöglicher Sprung war, dass sie es niemals schaffen würde.
Zack starrte sie an. War sie ein Mensch?
Er hob die Hand. Winkte ihr zu.
Sie starrte einfach zurück.
Dr. Nora Martinez - wie Ephraim Goodweather ehemalige CDC-Angestellte - öffnete die Vordertür der Pfandleihe. Fünf Männer in Kampfmontur, mit schusssicheren Westen und Sturmgewehren, sahen sie durch das Sicherheitsgitter grimmig an. Zwei von ihnen hielten sich Taschentücher vor den Mund.
»Alles klar bei Ihnen?«, fragte einer der Männer.
»Ja«, erwiderte Nora. Sie suchte die Uniformen nach Abzeichen oder sonstigen Symbolen ab, konnte jedoch nichts erkennen. »Solange das Gitter hält, ist alles in Butter.«
»Wir gehen von Tür zu Tür«, sagte ein anderer Mann. »Sichern die Straßen.« Er deutete Richtung 117th Street. »Da unten gibt’s wohl Ärger. Aber wir glauben, dass sich das Gröbste inzwischen in die Stadt hinein verlagert hat.« In die Stadt hinein, hieß: Harlem.
»Und Sie sind …«
»Besorgte Bürger, nur besorgte Bürger. Sie sollten sich hier nicht ganz allein verschanzen, Ma’am.«
»Sie ist nicht allein«, sagte Vasiliy Fet. Der vom New Yorker Gesundheitsamt bestellte Schädlingsbekämpfer und freiberufliche Kammerjäger baute sich hinter Nora auf.
Die »besorgten Bürger« musterten den großen Mann. »Sind Sie der Inhaber
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