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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ihr Mann, auf dessen Verhalten sie keinen Einfluss hatte, bei einer Hure oder bei einem Seitensprung infiziert.
    Wenn die Krankheit nicht in einem frühen Stadium erkannt wurde, war der Tod die einzige Erlösung.
    Die Behandlung jedoch war nicht minder schrecklich. Wenn sich am Körper wunde Stellen zeigten, wurde der Betroffene in eine Wanne mit Quecksilber getaucht, und es hieß, dass diese Methode fast ebenso viele Opfer forderte wie die Krankheit selbst.
    Angeblich wurde die gefürchtete Seuche von Kolumbus' Männern nach Amerika eingeschleppt; die Indios waren jedenfalls überzeugt davon, dass es sie früher in der Neuen Welt nie gegeben hatte.
    Doch wer konnte das wissen? Die Wege des Herrn sind bekanntlich unergründlich.

8
    Ich schwamm zwar in einem Meer der Gelehrsamkeit, lebte aber in einer Welt voller Unwissenheit und Angst. Es war gefährlich, meine Kenntnisse außerhalb des kleinen Kreises, der aus Don Julio, Mateo und mir bestand, zur Schau zu stellen. Diese schmerzliche Lektion lernte ich von Don Julio, der zu meinem Bedauern behauptete, ich sei der Einzige seiner Freunde, der ihn je zur Gewalttätigkeit gereizt habe.
    Der Vorfall ereignete sich, als eine Patientin von Don Julio in einer Stadt einen Tagesritt von der Hacienda entfernt starb. Ich begleitete Don Julio zu dem Haus der Frau, wo die Leiche gerade für die Bestattung vorbereitet wurde. Die Frau war nicht sehr alt gewesen, etwa vierzig, ein Alter, auf das ich auch Don Julio schätzte. Vor ihrem Tod schien sie bei guter Gesundheit gewesen zu sein. Die Angelegenheit wurde noch dadurch verkompliziert, dass sie eine reiche Witwe gewesen war und vor kurzem einen jüngeren Mann geheiratet hatte, der als Verschwender und Schürzenjäger galt. Nach seiner Ankunft schickte Don Julio alle bis auf den Alcalde und den Priester aus dem Sterbezimmer und untersuchte die Leiche. Da sie aus dem Mund nach Bittermandeln roch, tippte er auf eine Arsenvergiftung.
    Der Priester verkündete, die Frau sei an ihrer Sündhaftigkeit gestorben, weil sie kurz nach dem Tod ihres Gatten erneut geheiratet hatte, und zwar einen Mann, der bei der Kirche nicht in hohem Ansehen stand.
    Ich verlachte die Diagnose des Priesters. »An Sünde stirbt man nicht.«
    Im nächsten Moment schleuderte mich ein heftiger Schlag von Don Julio quer durch den Raum. »Junger Narr! Was weißt du über Gottes geheimnisvolle Wege?«
    Mir wurde klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Zum zweiten Mal in meinem Leben hatte ich mich in Schwierigkeiten gebracht, indem ich zugab, dass ich über medizinisches Wissen verfügte.
    »Ihr habt Recht, Padre, die Frau ist an ihren Sünden gestorben«, sagte Don Julio. »Und zwar in dem Sinne, dass sie sich einen jungen Taugenichts ins Haus holte, der sie vergiftet hat. Dass er ihr das Gift verabreicht hat, wird wie immer schwer nachzuweisen sein. Dennoch würde ich, mit der Erlaubnis des Alcalde und dem Segen der Kirche, dem Mörder gern eine Falle stellen.«
    »Und wie genau soll diese Falle aussehen?«, fragte der Alcalde.
    »Blutschuld?« Die beiden Männer nickten beifällig. Ich hielt bescheiden den Mund, denn ich hatte keine Ahnung, wovon er redete. »Wenn ich den Padre und Eure Exzellenz vielleicht bitten dürfte, dem Ehemann ein bisschen Angst einzujagen…«
    Als die beiden draußen waren, um mit dem Mann zu sprechen, sagte Don Julio: »Wir müssen uns beeilen.«
    Er begann, die Leiche zu untersuchen. »Sie hat einen Schnitt in der Handfläche, vermutlich, als sich ihre Hand vor Schmerzen zusammenkrampfte und dieser Becher dabei zu Bruch ging.« Der Schnitt hatte schartige Kanten, blutete aber kaum.
    Scherben des Bechers lagen auf dem Nachttisch und auf dem Boden neben dem Bett. Don Julio nahm sie und schnupperte daran.
    »Vermutlich wurde ihr das Gift in diesem Becher hier verabreicht.«
    »Wie wollt Ihr das beweisen? Was ist Blutschuld?«
    »Blutschuld ist nichts weiter als ein Ammenmärchen, doch viele Leute glauben daran.« Er holte ein Kupferröhrchen und eine kleine Kupferkugel aus seiner Arzttasche. Ich hatte schon gesehen, wie er die Kugel mit Flüssigkeit füllte, sie an dem Röhrchen befestigte und dieses in den After eines Menschen einführte, um ihm ein Medikament zu verabreichen.
    »Wenn jemand stirbt, sackt das Blut aus irgendeinem seltsamen und unerklärlichen Grund in den unteren Teil des Körpers. Solange die Leiche auf dem Rücken liegt, sammelt sich das Blut überall dort sowie an der Rückseite der Beine.«
    »Warum?«
    Er

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