Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
Geschicke von Nationen lenken, und Könige, die große Reiche regieren, weigern sich zu trinken, wenn kein Bezoarstein in ihrem Becher liegt.«
    »Und wirken diese Steine gegen Gift?«
    »Pah! Sie sind völlig nutzlos.«
    Verblüfft schüttelte ich den Kopf. Diese Leute wären sicher auch auf den Schlangentrick des Zauberers hereingefallen.
    Der Don machte aus seinem Herzen keine Mördergrube.
    »Als der Erzbischof vor einigen Jahren im Sterben lag, umringten Männer, die als die besten Ärzte Neuspaniens galten, sein Bett. Damit er besser schlafen konnte und weniger Schmerzen litt, verabreichten sie ihm Mäusekot.«
    Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Ganz gewiss hat dieses widerliche Zeug seine Auffahrt ins Paradies noch beschleunigt.«
    Als ich die Worte des Don hörte, wurde mir klar, dass er und die Zauberer sich in ihren Heilmethoden gar nicht so unterschieden, wie es zunächst den Anschein hatte.
    Auch nicht, was ihre Gerissenheit anging. Zweifellos entsprach die Blutschuld in mancherlei Hinsicht der indianischen Schlangenfalle.
    Ein Lebensabschnitt neigte sich seinem Ende zu, und ein neuer begann, als ich einundzwanzig Jahre alt wurde. Tausendmal hatte ich davon geträumt, die größte Stadt Neuspaniens zu sehen, die angeblich ein Weltwunder war und die von Kanälen, Palästen, schönen Frauen, tapferen Caballeros, edlen Pferden und goldenen Kutschen nur so strotzte.
    Und dann kam endlich der Tag, an dem ich das Venedig der Neuen Welt besuchen sollte.

9
    Wir reiten alle in die Stadt«, teilte uns Don Julio eines Tages mit. Mateo und ich wechselten erstaunte Blicke. »Packt eure persönlichen Sachen zusammen. Ich werde die Dienerschaft anweisen, die nötigen Dinge aus dem Haushalt mitzunehmen. Mateo und ich brechen gleich morgen auf. Du folgst mit meiner Schwester und meiner Nichte, nachdem alles verpackt und verladen ist. Du wirst zusätzliche Maultiere zum Tragen mieten müssen. Inez und Juana werden so weit wie möglich mit der Kutsche fahren und den Rest des Wegs in einer Sänfte zurücklegen.«
    »Wie lange bleiben wir in der Stadt?«, fragte Mateo.
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht für immer. Möglicherweise werden wir dort begraben.«
    Ich hatte den Don noch nie so ernst und nachdenklich erlebt. Trotz seiner Gelassenheit spürte ich, wie besorgt und angespannt er in Wirklichkeit war. »Warum so eilig, Don Julio?«, wollte ich wissen. »Ist Doña Isabella krank?«
    »Meine Frau ist gesund genug, um zwei Pesos für jeden auszugeben, den ich verdiene. Nein, es liegt nicht an der Doña. Der Vizekönig verlangt nach mir. Die schweren Regenfälle der vergangenen Wochen haben Teile der Stadt überschwemmt.«
    »Was ist mit dem Entwässerungskanal?«, erkundigte sich Mateo.
    »Ich habe keine Ahnung, was geschehen ist. Vielleicht war das Fassungsvermögen des Tunnels erschöpft, oder es hat einen Einsturz gegeben. Ich werde es erst erfahren, wenn ich die Sache selbst in Augenschein genommen habe. Eigentlich hatte ich den Tunnel für heftige Regenfälle geplant.«
    Ich bedauerte zwar Don Julios Schwierigkeiten mit dem Tunnel, war aber überglücklich, weil es nun endlich in die große Stadt gehen solle. In den Jahren auf der Hacienda war ich ein kultivierter Herr geworden - zumindest in meinen eigenen Augen. Doch hier gab es nur Rindvieh und Maisfelder. Mexiko! Allein der Name steigerte meine Aufregung.
    An dem Blick, den Don Julio mir zuwarf, erkannte ich, dass er mit dem Gedanken gespielt hatte, mich auf der Hacienda zurückzulassen. Auch ich fürchtete mich vor den dunklen Schatten der Vergangenheit, aber inzwischen waren so viele Jahre vergangen, dass ich mich nicht mehr ständig nach Verfolgern umsah. Außerdem war ich ja nicht länger ein Mestizenjunge, sondern ein feiner spanischer Herr!
    Mateo brannte ebenso wie ich darauf, wieder in einer Stadt zu leben. Außerdem schwebte er mittlerweile nicht mehr in Gefahr. Vom Don wussten wir, dass der Richter, der es auf Mateo abgesehen hatte, nach Spanien zurückgekehrt war. Allerdings wurde meine Freude von der Sorge um Don Julio getrübt. Nach dem Abendessen meinte Mateo zu mir, dass er meine Befürchtungen teile.
    »Der Don hat größere Angst, als er sich anmerken lässt. Offenbar handelt es sich bei dem Befehl des Vizekönigs um etwas Ernstes. Der Tunnel war das teuerste Bauvorhaben in der Geschichte Neuspaniens. Und da der Don ein bedeutender Mann und außerdem der beste Baumeister Neuspaniens ist, ist der Tunnel gewiss ein Meisterwerk.«
    Mateo tippte

Weitere Kostenlose Bücher