Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Abgrenzung, drei Schritt hohe Pfähle, dicht an dicht in den Boden gerammt und mit Seilen aus Pflanzenfasern verbunden, schirmten sie einen Teil der Siedlung ab. Ihm war bei diesem Anblick gar nicht wohl. Als er schließlich das Lager betrat, begrüßten ihn zwar einige, jedoch kam niemand direkt auf ihn zu und alle schienen ihn irgendwie mitleidig anzusehen. Rogar drehte sich der Magen um. Geman sah ihn von Weitem und eilte auf ihn zu und Telgar, der gerade Kräuter für die Totenzeremonie zusammen gebunden hatte, schloss sich ihm schnell an. Nun war Rogar endgültig klar, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Vielleicht war es ihm schon klar gewesen, als er den Verfolger das erste Mal gespürt hatte, vielleicht auch bei dem ersten Stich, den er in der Brust gefühlt hatte oder beim Anblick der Pfahlmauer, aber jetzt ... wollte er am liebsten die Tage zurückdrehen. Seine Frau, seine Töchter ... er wollte nicht wissen, was passiert war. Aber Geman sah ihn mit traurigen Augen an und er fragte nur: "Wer?" "Nida." antwortete Geman. Er versuchte, stark zu sein, konnte die Tränen aber nicht zurückhalten. Rogar nahm seinen Sohn in die Arme und sah das Gesicht seiner älteren Tochter vor sich. Sein Herz krampfte sich zusammen und er brachte nur noch ein "Wie?" heraus. "Die Schatten haben uns überfallen." erklärte Telgar. "Deine Tochter hat sich geopfert, um ihre Schwester und die Mutter zu schützen." Geman schluchzte jetzt laut in Rogars Armen. Er hatte alles gegeben, um für seine Mutter und Schwester da zu sein, aber nun war es zu viel für ihn. Rogar drückte ihn fest und musste sich selbst zusammen reißen. "Die Schatten?" flüsterte er entsetzt. "Die gibt es wirklich?" Telgar nickte bedrückt. "Tamboos Leute haben uns rausgehauen. Ohne sie gäbe es uns jetzt nicht mehr." Eine Weile schwiegen alle, nur Geman weinte leise an Rogars Schulter. Rogar dachte an seine Frau und seine jüngere Tochter und wollte auch sie möglichst schnell in die Arme schließen. "Wen haben sie noch erwischt?" fragte er Telgar und dieser berichtete in kurzen Worten von dem Kampf und seinen Opfern und schloss mit: "Ich habe einen Ort für die Toten gefunden. Ein Ort, an dem die Götter sprechen. Wir haben auf dich gewartet. Nun können wir sie zu ihrer letzten Reise bringen."
Haroo deutete auf einen abgeknickten Zweig, an dem kaum sichtbar ein einzelnes rotes Haar hing. Das Haar eines Wolfs. Pinaas Wolfs. "Sie haben sich getrennt." sagte Haroo. Er gab Tisgar das einzelne Haar und wies dann auf eine Spur am Boden. "Ein Schatten ist mit Taro in diese Richtung gegangen, während die anderen weiter in Richtung ihres Lagers liefen. Zumindest glaube ich, dass sich ihr Lager dort befindet." Tisgar betrachtete das rote Haar und nickte. "Was glaubst du, was da abgelaufen ist?" fragte er. "Warum teilen sie sich auf? Und warum folgt Taro einem einzelnen Schatten?" Haroo hob die Schultern. "Keine Ahnung." Er ging in die Hocke und untersuchte die Spuren genauer. "Aber er scheint dem Schatten freiwillig zu folgen." Er stand wieder auf und sah Tisgar an. "Das ist doch gut. Nur ein Gegner. Vielleicht können wir Taro schneller zurückholen als gedacht." Tisgar verzog das Gesicht und legte den Kopf schräg. "Oder ... wir haben noch genug Zeit." Er zeigte dorthin, wo die anderen Spuren entlang führten. "Und können zuerst dafür sorgen, dass diese Schatten ..." Er spie das Wort förmlich aus. "... nie wieder jemanden überfallen." Haroo lächelte. "Mein Vater würde sagen, dass ein denkender lebender Jäger nützlicher ist als ein heldenhafter toter Jäger." Tisgar grinste breit. "Das könnte auch von meinem Vater stammen." Er wurde wieder ernst. "Ich will kein Held sein. Aber wir müssen uns wehren. Die Schatten sollen wissen, dass auch sie verwundbar und sterblich sind. Und wenn ich dabei sterbe, glaube ich doch, dass es von Nutzen war." Haroo nickte knapp. Mit seinem Messer markierte er den Baum, bei dem die Spuren des einzelnen Schatten und des Wolfs abzweigten. Dann folgte er entschlossen Tisgar und den Abdrücken der anderen Schatten, die seiner Schätzung nach mindestens noch zu acht waren.
Pinaa hatte ihre Überlegungen zu den Kaninchen nicht losgelassen. Und nun kamen sie ihr sehr gelegen, um die Gedanken an die Möglichkeit, dass ein Kind in ihr wuchs, zu verdrängen. Sie hatte niemandem erzählt, dass Tisgar ihr das gesagt hatte. Aber seine Mutter sah sie immer so seltsam an und sorgte dafür, dass sie viel Wurzeln aß und gute
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