Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
sehr mutig.“ Auf einmal sah sie ihn an. „Lania.“ mahnte Vaan sie. „Bedräng deine Retter nicht so. Du müsstest sowieso längst schlafen.“ Sie verzog den Mund, sagte aber nichts.
„Mattoo ist ein Jäger.“ sagte Maar. „Nur ein Jäger greift einen Auerochsen an.“ „Ich wollte nur helfen. Ich habe nicht … ich meine, ich ….“ stotterte Mattoo verlegen. Vaan schlug ihm auf die Schulter: „Schon gut, mein Junge.“ Lania lächelte. „Erzähl weiter.“ bat sie ihn. „Erzähl von euren Abenteuern. Ich werde dich nicht mehr unterbrechen.“ Und Mattoo erzählte. Er berichtete von einer ihrer letzten Handelsreisen, die sie weit weg von den bekannten Landen geführt hatte. Eine Reise, auf der sie fremde Menschen getroffen hatten, die eine ganz andere Sprache sprachen. Eine Reise, von der sie beinahe nicht zurückgekommen wären. Er schilderte das Zusammenkommen von Lantans Sippe und seiner und wie sie zusammen in die Berge gegangen und er verletzt worden war. Wie sie sich daraufhin zerstritten hatten. Und schließlich von den Schatten überfallen worden waren. Lania hing an seinen Lippen. Als er merkte, dass Lantan auch zu dem Überfall nichts sagen wollte, bastelte er die Geschichte, aus dem, was er gehört und später gesehen hatte, zusammen. Und es klang, als wäre er dabei gewesen. Zu schlimme Szenen ließ er weg, um Lania keine unnötige Angst zu machen.
Wieder einmal merkte er, dass das wohl seine Berufung war. Er war kein Jäger, kein Heiler, kein Anführer. Aber er begriff schnell, was zu tun war. Und er verstand die Menschen. Konnte sie lesen. Und er wusste meistens, was er sagen musste und vor allem, wie er es zu ihnen sagen musste, um sie zu erfreuen. Er war ein Händler. Ein Verhandler. Er konnte Geschichten erzählen. Wenn er Erlebtes oder Gehörtes beschrieb, hatten die Zuhörer das Gefühl, als würden sie das ganze miterleben. Selbst die Jäger vom wilden Wasser schauderten bei einigen Passagen oder folgten seinen Beschreibungen angespannt.
Als er schließlich endete, herrschte einen Moment lang Schweigen. Dann sagte Vaan: "Es tut mir leid, dass ihr Freunde verloren habt. Wir haben noch nie von diesen Schatten gehört. Bei uns herrschte immer Frieden zwischen den Sippen. Das war sicher furchtbar." Mattoo nickte. "Aber ihr müsst wohl Schlimmeres erlebt haben." sagte er. "Ihr seid zu viert, weit weg vom wilden Wasser. Was hat dazu geführt?"
Vaan sah Lania an: "Es ist spät und du kennst die Geschichte. Schlaf ein bisschen." Sie nickte, stand auf und verschwand in dem kleineren der beiden Zelte. Vaan streckte sich kurz und legte etwas Holz nach. "Gut, ich werde euch unsere Geschichte erzählen." begann er.
Kapitel 7 - Vaans Geschichte
Wir waren eine große Sippe. Wir hatten alles, was man zum Leben braucht, und manchmal mehr. Man kann sagen, dass wir glücklich waren. Den gesamten Sommer und Vorwinter verbrachten wir in der Ebene, ganz nah am wilden Wasser stand unsere Siedlung. Die Siedlung bestand aus sechzehn Hütten, jeder Jäger hatte eine Hütte für sich und seine Familie, dazu kamen eine Versammlungs- und eine Vorratshütte. Im Winter wurde das Wasser zu wild und die Winde zu stark, dann zogen wir weg vom Wasser in höhere Lagen. Im Winter mussten wir mehr jagen. Doch wir konnten im Vorsommer immer viele Vorräte anhäufen, so war auch der Winter nicht schwer. Im Sommer versorgte uns vor allem das Wasser. Es ist groß, sehr groß, wir sind oft hinaus gefahren, aber wir haben sein Ende nie erreichen können. Ungestüm schlagen seine großen Wellen auf das Land. Man kann nicht von ihm trinken, es schmeckt nicht und es löscht keinen Durst, es macht Bauchschmerzen. Aber es leben viele Fische in ihm und andere Tiere, die man jagen und essen kann. Wir bauten große Schwimmbäume, mit denen vier oder fünf Jäger auf das Wasser fahren konnten, und jagten die kleinen Fische mit Netzen und die großen mit Wasserspeeren. Das wilde Wasser ist nicht immer leicht zu befahren, man muss genau auf den Wind achten und auf die Bewegung der Wellen. Manchmal hatten wir kein Fangglück oder haben einen Schwimmbaum verloren, aber nie hat uns das Wasser einen Mann entrissen, niemals. Es ist gefährlich, aber es hat uns immer gut versorgt, bis zu dem Tag, an dem es geschah.
Wo das Wasser noch sehr flach ist, bilden sich manchmal einige tiefe Rinnen, in die man gut die kleinen Fallen legen kann, in die sich Fische und Seitenläufer verirren. Seitenläufer sind etwa so groß wie meine Hand, haben
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