Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
nicht, was sie sagen sollte, sah ihn nur erschrocken an. Niloo reagierte besser. "Wir haben nur überlegt, was passiert, wenn dein liebster Feind zurück ist." sagte er schnell. "Ob es dann noch so friedlich bleibt?" "Lantan." knurrte Tiboo. "Was geht euch das an?" Pinaa war kurz erleichtert, aber dann packte Tiboo sie am Arm und zog sie heftig hoch. "Du ..." giftete er sie an. "Ich weiß, was du vorhast. Ich weiß, dass du meine Frau verdirbst." Pinaa gab einen Schmerzenslaut von sich und versuchte, sich seinem Griff zu entziehen. Wenn nur Taro hier wäre. Oder Tisgar. "Lass sie los." versuchte es Niloo, aber Tiboo stieß ihn grob beiseite. Dann schubste er Pinaa zu Boden. "Lass meine Frau in Ruhe." sagte er drohend. "Und versuch nicht, meine Familie gegen mich aufzuhetzen. Sonst sorge ich dafür, dass du deine verlierst." Wütend stapfte er davon. Niloo half Pinaa aufzustehen. "Geht es dir gut?" fragte er. Pinaa nickte. "Es tut mir leid." sagte sie. "Ich hätte dich nicht hineinziehen sollen. Ich gehe besser." "Er meint es nicht so." setzte Niloo an. "Was kann er schon machen?" Aber Pinaa wusste, dass Tiboo es genau so meinte. Sie hatte es noch schlimmer gemacht. Für Ishara und vielleicht auch für sich selbst. Niloo wollte noch etwas sagen, sie irgendwie trösten, aber Pinaa wandte sich ab und beeilte sich, Tamboos Siedlung wieder zu verlassen.
Draußen herrschte Unruhe. Ein lauter werdendes Stimmengewirr, vereinzelte Jubelrufe. Telgar wunderte sich zuerst. Dann durchströmte ihn eine Mischung aus Hoffnung und Freude. Schnell trat er aus seiner Hütte, um die Quelle des Aufruhrs auszumachen und strahlte über das ganze Gesicht, als er seinen Sohn sah. Tamboos Sohn Haroo war bei Tisgar, ebenso der Wolf und eine fremde Frau, offenbar eine Gefangene. Die Menge war außer sich. Die Männer hatten die Schatten besiegt und den Wolf zurückgebracht. Telgar dankte still den Göttern und rief nach seiner Frau. Dann sprang er von der Plattform und bahnte sich den Weg zu seinem Sohn.
"Mutter! Vater!" Tisgar lachte und umarmte seine Mutter. Telgar nahm ihn bei den Schultern und drückte ihn kurz an sich. "Ihr seid gesund zurück." stellte er dankbar fest. "Und habt Taro gefunden." Der rote Wolf schnüffelte aufgeregt an einigen Sippenmitgliedern und rieb sich an Telgars Hand. "Wir haben auch die Schatten gefunden." sagte Tisgar. "Und das ist die Einzige, die jetzt noch am Leben ist." Er zeigte auf die Frau, die versuchte, sich hinter Haroo zu verstecken. Telgar nickte anerkennend, er konnte seinen Stolz kaum verbergen. Die Menge hatte die Frau bisher nur misstrauisch begutachtet, aber nun war klar, dass sie zu den Leuten gehörte, die ihr Lager überfallen hatten. Sie drängten näher und schubsten sie, jemand rief: "Tötet sie." Bevor Telgar eingreifen konnte, ließ Taro ein wütendes Knurren hören, schob sich vor die Frau und schnappte nach einer Hand, die nach ihr schlagen wollte. Die Menge wich ein Stück zurück. "Beruhigt euch!" rief Telgar. "Wir wollen erst die ganze Geschichte hören." "Wieso schützt der Wolf sie?" fragte eine Frau. Das wollte auch Telgar wissen, ihn interessierte allerdings mehr, wie sein und Tamboos Sohn es bewerkstelligt hatten, eine ganze Gruppe Schatten auszulöschen. "Schluss jetzt!" ordnete er an. "Wir gehen erst einmal zu Tamboo. Ihr beide ..." Er zeigte auf Rogar und Nemar. "... begleitet uns. Dort hören wir uns alles an." Er machte eine weitreichende Handbewegung und fuhr fort: "Alle anderen bleiben hier und tun, was sie sonst auch tun. Wenn wir zurückkommen, werdet ihr alles Weitere erfahren." Die Menge murrte, löste sich aber nach und nach auf. Telgar wandte sich den übrig gebliebenen zu: "Wir werden gemeinsam zu Tamboos Lager gehen, mit der Frau." "Ihr Name ist Rassa." warf Haroo ein. Telgar nickte. "Also mit Rassa. Dort erzählt ihr uns und Tamboos Jägern, was ihr erlebt habt. Und wir werden gemeinsam entscheiden." Rogar schlug Tisgar und Haroo auf die Schulter. "Ich bin gespannt, wie ihr das gemacht habt." sagte er. "Ich kann es gar nicht fassen." Haroo lächelte. "Wir hatten Glück." meinte er bescheiden. "Wir können gehen." sagte Tisgar. "Aber wo ist eigentlich meine Frau? Wo ist Pinaa? Ich möchte sie erst sehen." "Ja ..." sagte Telgar. "...natürlich! Ich weiß gar nicht, wo sie ist." Er sah sich fragend zu seiner Frau um. "Ich glaube, sie ist in Tamboos Lager." meinte diese. "Aber ... es ist etwas passiert, mein Sohn." Telgar schüttelte den Kopf und sie verstummte.
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