Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
das Gefühl, dass sie nun keine Kinder mehr bekommen würde. Sie wusste nicht warum, vielleicht ahnte es die Heilerin in ihr. Pinaa lenkte sich von diesem neuen Schmerz ab, indem sie darüber nachgrübelte, wie sie Ishara von ihrem herrischen und gewalttätigen Mann befreien konnte. Sie wusste nicht, wem außer Ilaa sie sich anvertrauen konnte, aber Ilaa würde ihr auch nicht helfen können und sie wollte sie nicht unnötig mit hineinziehen. Sie hatte Pinaa nach dem Verlust ihres Kindes versorgt und getröstet. Sie war oft bei ihr am Schlaflager gewesen, hatte ihr gute Säfte und Essen gebracht und ihr immer wieder versichert, dass alles nicht so schlimm war und sie jederzeit wieder ein Kind haben könnte. Pinaa glaubte ihr nicht, aber mehr konnte sie von Ilaa nicht verlangen. Das Verhältnis der Sippen war gut, es hatten sich Freundschaften gebildet, und Tiboo gab sich zwar nicht übermäßig freundlich, aber doch zurückhaltend höflich gegenüber Telgars Leuten. Pinaa war bewusst, dass das Wohl der Sippe Vorrang hatte und dass niemand dem ersten Sohn des Beschwörers vorschreiben würde, wie er seine Frau zu behandeln hatte. Wäre Ishara aus ihrer Sippe gewesen und hätte Vater und Mutter in ihrer Nähe, hätte das anders sein können, aber so ... Pinaa seufzte. Dann kam ihr Niloo in den Sinn, Tiboos kleiner Bruder. Vermutlich hatte er keinen großen Einfluss auf Tiboos Verhalten, aber vielleicht konnte er ein bisschen auf Ishara achten. Pinaa war zumindest sicher, dass sie gefahrlos mit ihm über dieses Thema sprechen konnte und sie machte sich auf, um ihn in Tamboos Lager zu suchen. Der Spaziergang an der frischen Luft tat ihr gut. Die Blätter der Bäume färbten sich langsam bunt und hier und da schwebte ein einzelnes zu Boden. Der Sommer neigte sich dem Ende zu. Sie blieb ein paar Mal stehen, sah auf den See hinaus und atmete tief ein. Auf jeden Fall hatte sie keine Schmerzen mehr. Und langsam fühlte sie sich auch nicht mehr so schwach.
Niloo saß allein am Flussufer und flickte ein Netz. Er lächelte, als Pinaa auf ihn zukam. "Störe ich dich?" fragte sie direkt. "Ich wollte mit dir über Tiboo sprechen." Sein Lächeln erstarb, er sah sie zweifelnd an. "Tut mir leid." sagte Pinaa schnell. "Ich will dir keine Probleme machen. Er ist dein Bruder. Ich dachte nur, du ... vergiss es, tut mir leid, das war unüberlegt von mir." Sie wandte sich zum Gehen. "Warte." bat er. "Ich kann es mir anhören. Aber du musst mir danach die Wahl lassen, ob ich es lieber nicht gehört habe." Pinaa drehte sich um. "Ja, natürlich, ich verstehe." Sie setzte sich zu ihm. "Dann haben wir beide nichts gesagt oder gehört." Er nickte. "Gut, also ... wo fange ich an?" sagte Pinaa. "Eigentlich geht es um Ishara." "Ja, das dachte ich mir schon." meinte Niloo. "Tiboo behandelt sie nicht sehr gut." Pinaa schaute sich vorsichtig um und rückte näher an ihn heran. "Er tut ihr weh." flüsterte sie und Niloo spürte ihren Atem auf seinem Arm. Er drehte den Kopf und sah ihr in die Augen. Sie blinzelte überrascht, fuhr aber fort: "Ich glaube, er schlägt sie." "Kann sein." Mehr brachte Niloo nicht heraus. Pinaas Nähe löste in ihm mehr aus, als er wollte. Mehr, als er erwartet hätte. Er wollte sie berühren, umarmen, ihr über die Haare streichen. Kurz ereilte ihn das Gefühl, dass sie das Gleiche empfand. Dann schüttelte er den Kopf. Sie war Tisgars Frau. Selbst wenn sie es auch wollte, würde er keinen Krieg zwischen den Sippen auslösen. Nein, das konnte er nicht tun. Bestimmt war sie nur einsam und suchte Beistand. Und Tisgar würde sicher bald zurückkehren. Er sah zu Boden und fragte: "Aber was soll ich da machen?" Offenbar hatte sie seinen Konflikt gespürt. Oder selbst einen durchlebt. Zumindest senkte auch sie den Blick und rückte wieder ein Stück von ihm weg. "Ich hatte gehofft, dass du über sie wachen würdest." antwortete sie dann. Und als er sie fragend ansah: "Ich meine, dass du vielleicht irgendwie ein Auge auf sie haben kannst. Und dass du öfter in der Nähe bist. Er tut ihr doch nicht weh, wenn jemand dabei ist, oder?" "Ich denke nicht." Niloo fuhr sich mit der Hand über die Stirn. "Ich weiß nicht, ob ich das machen kann. Wenn Tiboo das auffällt, wird er wütend." "Du meinst, dann lässt er es erst recht an ihr aus?" fragte Pinaa. "Redet ihr über mich?" Tiboo stand plötzlich hinter ihnen. Pinaa ärgerte sich über sich selbst, sie hatte nicht mehr aufgepasst. Und was jetzt? Wie viel hatte er gehört? Sie wusste
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