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Das Blut der Lilie

Titel: Das Blut der Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Massaker. Er hat sie bezahlt.
    Hüte deine Zunge, sagte der Alte. Du sprichst über
Dinge, die du nicht verstehst.
    Die ganze Zeit habe ich geglaubt, ich helfe ihm, um dem
König zu helfen, erwiderte ich. Genau das hat er mir gesagt – dass er dem König
helfen will.
    Nicolas lachte. Geglaubt, Kind? Oder es dir gewünscht?
Ich denke, das spielt keine Rolle. In jedem Fall ist es der Schauspieler, mit
dem gespielt wurde, sagte er. Es gibt nur eines, was der Herzog sich wünscht –
Frankreich zu regieren. Heute Nacht hilft er den revolutionären Führern, sich
ihrer Feinde zu entledigen. Mit seinem Gold bezahlt er den Abschaum von Paris
für die Drecksarbeit. Die Revolutionäre schulden ihm viel, und bald werden sie
es ihm entgelten. Bald werden sie ihn zum König machen.
    Ich glaube dir nicht. Die Revolutionäre wollen alle Könige
abschaffen. Das haben sie tausend Mal gesagt.
    Was die Revolutionäre tun wollen und was sie tun
müssen, sind zwei Paar Stiefel. Die Revolution befindet sich am Rand des
Abgrunds. Wenn Preußen sie nicht vernichtet, tun es die Royalisten. Wir
brauchen einen starken Mann, der uns regiert. Einen, auf den sich alle einigen
können. Der Herzog von Orléans ist dieser Mann. Er ist eine ganz seltene
Kreatur – ein jakobinischer Prinz von Geblüt – sowohl königlichem als auch
revolutionärem. Wer könnte ein geteiltes Frankreich besser vereinen?
    Aber Frankreich hat einen König. Ludwig ist immer noch
König, antwortete ich.
    Nicht mehr lange.
    Du meinst, dass sie ihn fortschicken? Aufs Land?
    Sie werden ihn fortschicken, ja, aber nicht aufs Land.
Zuerst wird es einen Prozess geben. Um den Schein zu wahren. Dann folgt die
Guillotine.
    Die Wut in mir ebbte langsam ab. Angst trat an ihre
Stelle. Aber der König hat einen Sohn, sagte ich, und packte Nicolas am Ärmel.
    Er nickte. Ja, den hat er, und es ist Louis Charles,
den man zum König ausrufen wird, aber der Herzog wird für ihn regieren, an
seiner Stelle die Macht ausüben.
    Bis Louis Charles volljährig ist. Er kann doch nur so
lange regieren, bis Louis Charles selbst König wird, sagte ich. Meine Stimme
klang wie die eines Bettlers, verzweifelt flehend.
    Der Dauphin ist ein zarter Junge, genau wie sein
verstorbener Bruder. Viele glauben, dass er sein zehntes Jahr nicht erleben
wird, von seiner Volljährigkeit ganz zu schweigen.
    Nein, sagte ich, und schüttelte den Kopf, weil ich
nichts mehr hören wollte.
    Die ganze Zeit hatte der Herzog von Orléans gegen den König
intrigiert und Komplotte zu seinem Sturz geschmiedet. Jeder Fehler, den der
König machte, war ihm von Nutzen. Jeder Sieg der Revolutionäre gereichte ihm
zum Vorteil. Schlechte Ernten halfen ihm. Kalte Winter. Brotmangel.
Ausländische Drohungen. Bürgerkrieg. Alles arbeitete ihm in die Hände.
    Und ich, selbst ich, hatte ihm geholfen.
    Diese Erkenntnis fühlte sich an wie ein Dolch in meinem
Herzen. Hatte ich ihm Namen geliefert, die ich nicht hätte erwähnen dürfen? War
heute Nacht jemand getötet worden, weil ich dem Herzog verraten hatte, dass
Derjenige den König besucht oder an die Königin geschrieben hatte? Befanden
sich Louis Charles und seine Familie im Gefängnis, weil ich bestimmte Dinge
gesehen oder gesagt hatte? Ich stöhnte auf wie ein verwundetes Tier und sank
weinend zu Boden.
    Nicolas beugte sich über mich. Es ist zu spät für
Tränen, sagte er. Steh auf. Räum die Sachen weg, die du zerbrochen hast. Sei
nicht mehr hier, wenn der Herzog zurückkehrt.
    Ich stand nicht auf. Ich blieb auf dem Boden liegen,
bis die Kerzen heruntergebrannt waren. Bis das erste Morgenlicht am Horizont
erschien. Dann erinnerte ich mich an meine Pflichten im Temple und daran, dass
Louis Charles auf mich wartete.
    Ich rappelte mich auf und wollte gerade aufstehen, als
ich mein Bild im Spiegel des Herzogs sah. Es war, als starrte mich eine Fremde
an. Eine Fremde, deren Gesicht kalkweiß, deren Wangen mit Tränen benetzt, deren
Augen eingesunken und tot waren.
    Ich kroch näher heran, durch die Glasscherben, die
zerrissenen Kleider und verstreuten Juwelen, und berührte mit meinen Fingern
die der Fremden.
    Liegt es daran, dass Paris wahnsinnig geworden ist?,
fragte ich sie. Oder bist du es geworden?
    Erschüttert höre ich zu lesen auf. Alex war Zeugin von
Massakern geworden. Schlimmer noch, sie hatte geglaubt, möglicherweise selbst
dazu

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