Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Raymonds Alter, teils Männer, die der Generation des Grafen angehörten.
Nach dem Essen zogen sich alle unter einem Vorwand zurück. Raymond lud Aguirre zu einer Tasse Kaffee ein, bevor ihn der Wagen nach Carcassonne bringen würde.
»Übrigens gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass der Gral aus dem Blut Jesu besteht. Sofern sich das bestätigt, ist die Kirche erledigt, und zwar mitsamt ihren Priestern, die vor dem Kreuz knien. Es ist krankhaft, ein Folterwerkzeug zu verehren, und man muss sich nur wundern, wie viele Dummköpfe auf so etwas hereingefallen sind.«
»Eine interessante Theorie«, sagte Aguirre. »Sie wird sich aber wohl nur schwer beweisen lassen.«
»Vielleicht schreibe ich eines Tages etwas darüber. Sie werden dann ja die Reaktion sehen.«
»Und was wollen Sie schreiben?«
»Ein Buch über die Geheimnisse von Montségur, eine Legendensammlung … möglicherweise auch einen Roman.«
»Das wäre doch aber nicht der Beweis, auf den Sie hinauswollen.«
»Sie wissen doch, man muss eine Sache nur oft genug wiederholen …«
»Klingt ganz wie Goebbels.«
»Das dürfte aber am Wahrheitsgehalt der Aussage wohl nichts ändern.«
»Geht es Ihnen ausschließlich darum, der Kirche zu schaden?«
»Nein, nicht nur darum. Die Kirche muss auch für das viele unschuldige Blut zahlen, das sie vergossen hat. Denken Sie an Bruder Juliáns Chronik.«
Unbefriedigt kehrte Aguirre nach Rom zurück. Es war ihm nicht gelungen, Professor Arnaud seine Empfindungen deutlich zu machen, und was er auf der Burg des Grafen in Erfahrung gebracht hatte, schien ihm nicht der Rede wert.
Grillo allerdings war anderer Ansicht. Seiner Überzeugung nach hatte Raymond ihm mehr gesagt, als er eigentlich wollte.
»Der Sohn des Grafen hat zugegeben, dass die Leute unserer Kirche schaden wollen. Wahrscheinlich werden sie demnächst anfangen, in der Öffentlichkeit Spekulationen über Jesus und Maria Magdalena zu verbreiten. Sie werden Autoren finden, die über das Thema schreiben; sie können die Buchhandlungen mit Romanen und Aufsätzen überschwemmen, die auf unrichtigen
Angaben fußen … Wir müssen uns darauf einstellen, dass man versuchen wird, uns in eine Polemik zu verwickeln, und überlegen, wie wir darauf reagieren wollen, denn nur allzu viele Menschen sind bereit, derlei Unfug zu glauben.«
»Die beste Reaktion dürfte darin bestehen, gar nicht zu reagieren.«
»Sie meinen, wir sollen uns nicht dazu äußern?«
»Ja. Die Kirche darf nicht auf Gerüchte und lächerliche Behauptungen eingehen. Nur Fakten zählen.«
»Ich werde Ihre Ansicht dem Kardinal Staatssekretär weitergeben.«
»Machen Sie sich bitte nicht über mich lustig.«
»Ich denke nicht daran. Wenn ich mit ihm über diese Sache spreche, werde ich ihm auch sagen, was Sie davon halten. Immerhin ist es möglich, dass Sie Recht haben.«
Erst einen vollen Monat später kam Grillo erneut auf die Angelegenheit zu sprechen. An der ernsten Miene, mit der er ins Büro trat, erkannte Aguirre, dass er schlechte Nachrichten brachte.
»Erstens möchte ich Ihnen sagen, dass der Kardinal Staatssekretär Ihnen die Zuständigkeit für die Sache in Frankreich übertragen hat. Ab sofort ist es Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir erfahren, was der Graf und seine Mitarbeiter unternehmen. Sie müssen unverzüglich melden, wenn es Veröffentlichungen über den Gral gibt. Die nötigen Mittel werden Ihnen zur Verfügung gestellt. Wer hätte gedacht, dass uns ein vor Jahrhunderten für die Inquisition tätiger Dominikanermönch so viel Mühe und Kopfzerbrechen bereiten würde! Bruder Julián ist für die Kirche zu einem wahren Alptraum geworden.«
»Den Armen trifft wohl keine Schuld an Treiben der Nachkommen seiner Familie.«
»Seine Chronik … nun ja, ich will nicht den Stab über ihn brechen. Ganz offensichtlich hat er sehr gelitten.«
»Vermutlich wird die Kirche eines Tages einige ihrer Prozessakten offenlegen müssen und sich im Licht der heutigen Erkenntnisse dazu äußern.«
»Das ist weder Ihre noch meine Aufgabe. Wir haben genug damit zu tun, die Augen im Hinblick auf das offen zu halten, was die Nachkommen von Bruder Juliáns Familie anrichten können. Behalten Sie seine Chronik stets gut im Auge; auf sie geht all das zurück. Außerdem … muss ich Ihnen eine schlechte Nachricht überbringen. Ich bin sicher, dass sie Sie schmerzen wird.«
Aguirre erschrak.
»Professor Arnaud ist an einem Herzinfarkt gestorben.«
»Er ist nicht
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