Das Blut der Unschuldigen: Thriller
töten.«
23
Ignacio Aguirre betete in der Kapelle, als ein anderer Priester auf ihn zutrat und ihm mitteilte, jemand vom Vatikan wolle mit ihm reden.
Er erhob er sich und stellte sich die Frage, wer dort etwas von ihm wollen mochte.
Er fuhr zusammen, als er Grillos Stimme am Telefon erkannte. Vor zwei Monaten hatte er seine Aushilfstätigkeit im Staatssekretariat des Vatikans beendet und war an die Universität zurückgekehrt, um seine Studien fortzusetzen. In dieser im Dienst des Vatikans verbrachten Zeit, die für ihn äußerst lehrreich gewesen war, hatte ihn nichts so tief beeindruckt wie seine sonderbare Reise nach Frankreich.
»Ich hatte Ihnen versprochen, Sie über Professor Arnaud auf dem Laufenden zu halten. Soeben habe ich ein Telegramm aus Jerusalem bekommen. Sein Sohn ist tot. Die Beisetzung
hat vor einigen Tagen stattgefunden, und Arnaud kehrt in den nächsten Tagen nach Frankreich zurück.«
»Er hatte keinen einzigen Menschen mehr außer seinem Sohn«, sagte Aguirre. »Ich hatte gehofft, Gott würde sich barmherzig zeigen und ihn am Leben erhalten.«
»Er ist aus seinem tiefen Koma nicht wieder aufgewacht.«
»Könnten Sie mir Professor Arnauds Anschrift und Telefonnummer geben?«
»Das kann ich. Und könnten Sie so schnell wie möglich in mein Büro kommen?«
»Jetzt gleich?«
»Ja. Vorausgesetzt, Sie haben nichts Wichtigeres zu tun.«
»Nein. Ich bin gleich dort.«
»Ich warte.«
Der Anruf beunruhigte ihn. Was wollten die Leute vom Staatssekretariat von ihm?
Er und Grillo hatten einander von Zeit zu Zeit gesehen, wenn dieser das Wohnheim der Jesuiten aufgesucht hatte. Bei diesen kurzen Begegnungen war kaum Zeit gewesen, die Ereignisse in Frankreich wieder aufleben zu lassen.
Er erinnerte sich an den Tag, an dem Professor Arnaud, von seinem Vater gefolgt, über den Bahnsteig dem Ausgang entgegengestrebt war und sich in der Menge verloren hatte. Ihn hatte man in die Nuntiatur gebracht, wo ihn Grillo, Nevers, der Nuntius und zwei Herren erwartet hatten, die man ihm als Angehörige des französischen Sicherheitsdienstes vorgestellt hatte. Sie alle waren begierig darauf zu erfahren, was er in der Burg des Grafen d’Amis in Erfahrung gebracht hatte.
»Es sind ganz sonderbare Leute. Ich weiß nicht recht, ob ich sie besessen oder verrückt nennen soll. Sie sind überzeugt, dass
sie den Gral finden werden und spekulieren darüber, wie er aussehen könnte.«
Ohne ihn zu unterbrechen oder ihm Fragen zu stellen, hatte man sich seinen Bericht angehört.
»Raymond, der Sohn des Grafen, ist völlig verängstigt. Den Vater würde ich als Finsterling bezeichnen. Was seine Gäste angeht … Randall, ein Nordamerikaner, hat hauptsächlich zugehört und kaum geredet. Ich könnte mir denken, dass er einer militärischen Organisation angehört. Stresemann, ein Deutscher, hat erklärt, er beschäftige sich mit der Erforschung der Geschichte der Katharer.«
Einer der Männer vom französischen Sicherheitsdienst hatte deutlich gemacht, dass man schon vor dem Krieg Kontakte zwischen d’Amis und dem Hitler-Regime vermutet habe, die sich aber nie hätten beweisen lassen.
»Ich habe es Ihnen ja schon gesagt: diese Leute suchen den Gral. Professor Arnaud hat über diese Theorien gelacht und gesagt, dass ihn das an Groschenliteratur erinnert.«
Den Franzosen ging es jedoch weniger um die Frage, ob Graf d’Amis den Gral suchte, als vielmehr darum, ob er Beziehungen zu irgendeiner faschistischen oder faschistoiden Untergrundorganisation unterhielt. Nach dem Krieg sei, erklärten sie, eine ganze Reihe von Nazis aus Deutschland entkommen und habe sich über die Welt verteilt. Daher lasse sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass d’Amis dem einen oder anderen von ihnen Unterschlupf gewährte.
»Was wir uns am allerwenigsten leisten können, wäre der Skandal, zu dem es zwangsläufig käme, wenn sich herausstellte, dass sich Naziflüchtlinge in Frankreich aufhalten«, erklärte einer der beiden Angehörigen des Sicherheitsdienstes mit besorgter Stimme.
Für die Kirchenmänner hingegen drehte sich alles um die Spekulation über den Heiligen Gral.
Man hatte den jungen Jesuiten zu seinem Ergebnis beglückwünscht, und Grillo hatte sogar durchblicken lassen, dass er sich ihn als guten Diplomaten im vatikanischen Staatssekretariat vorstellen könne.
Und jetzt, Monate später, teilte ihm Grillo den Tod von Professor Arnauds Sohn mit und forderte ihn zugleich auf, in den Vatikan zu kommen.
Er begab
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