Das Blut der Unschuldigen: Thriller
ihn unverwandt an. Er schluckte die Antwort herunter, die der Mann für diese Unverschämtheit verdient gehabt hätte, und sagte einfach: »Sie sind zu allem bereit und, was das Wichtigste ist, der Sache treu ergeben …«
»Welcher Sache?«, fragte der Ältere lachend.
»Was heißt, welcher Sache? Sie tun, was man ihnen sagt, und sind ebenso fest überzeugt, dass sie die Welt verändern werden, wie Sie und ich es sind.«
»Und werden Sie die Welt verändern?«
»Wir sind doch schon dabei. Sehen Sie nur, wie sehr Ihre Spitzenpolitiker darauf bedacht sind, uns Moslems ja nicht zu
kränken. Diese Dummköpfe scheinen zu glauben, dass wir wie Kinder sind, denen man nur zu sagen braucht, dass sie Recht haben, damit sie Ruhe geben. Ich verachte diese Leute, die nicht begriffen haben, dass der Westen wegen seiner Dummheit zum Untergang verurteilt ist.«
»Der Westen ist zum Untergang verurteilt, weil er jedes Maß verloren hat und seine Wurzeln vollständig ausreißen will. Er erkennt keine Werte mehr an, und alle sind nur noch darauf bedacht, das eigene Schäfchen ins Trockene zu bringen … Der Fall der Berliner Mauer war der Anfang vom Ende des Westens.«
»Ich verstehe Sie nicht. Mitunter scheinen Sie zu beklagen, dass … nun, im Wesentlichen sind wir einer Meinung. Ganz davon abgesehen sind Sie ebenso entschlossen wie wir, Ihre Leute zu demütigen, nicht wahr?«
»Ja, genau das ist auch meine Absicht … Ich will sie treffen, wo es sie schmerzt, sie Auge um Auge, Zahn um Zahn entgelten lassen, was sie getan haben. Aber sprechen wir vom Geschäft. Gibt es niemanden, der Ihnen misstraut?«
»Das kann auch ich fragen – wie sieht es mit Bezug darauf bei Ihnen aus?«
»Warum sollte man mir misstrauen? Ich bin ein angesehenes Mitglied meiner Gesellschaft, ein Herr, haushoch über jeden Verdacht erhaben.«
»So verhält es sich auch bei mir. Darüber hinaus bin ich Moslem, mithin ist man mir gegenüber besonders vorsichtig und wird sich hüten, mich zu kränken. Niemand möchte als Rassist oder Schlimmeres gelten.«
»Und Ihre Studenten?«
»Die zeigen mir ihre Wertschätzung. Auch sie wollen sich politisch korrekt verhalten. Würden Sie mir eines Tages sagen, wie Sie auf mich gekommen sind?«
»Wollen Sie mir jedes Mal, wenn wir uns treffen, die gleiche Frage stellen?«
»Von meiner Sicherheit hängt die vieler meiner Brüder ab. Wenn Sie in der Lage waren, mich aufzuspüren, könnten andere das vielleicht auch, Menschen, die weniger liebenswürdig sind als Sie.«
»Sie stehen im Licht der Öffentlichkeit, sind ein Wissenschaftler, der an allen möglichen Orten vom Standpunkt der arabischen Welt aus über die Kreuzzüge referiert. Da ist es nicht schwer, auf Sie zu stoßen.«
»Mit Bezug auf den Wissenschaftler haben Sie Recht, aber wenn es darum geht, wer ich wirklich bin, sieht die Sache anders aus, wie Sie wissen.«
»Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.«
»Das will ich hoffen, andernfalls …«
»Was benötigen Sie?«
»Ich habe eine Liste hier, auf der alles verzeichnet ist. Außerdem brauchen wir viel Geld. Eine Million Euro.«
»Wir haben Ihnen doch schon Beträge vorgeschossen. Das ist übertrieben!«
»Das ist es keineswegs, Graf. Unser Vorhaben ist nicht nur schwierig und riskant, sondern auch äußerst kostspielig. Ganz davon abgesehen muss ich die Möglichkeit einkalkulieren, dass einige meiner Leute dabei ums Leben kommen. In dem Fall sind deren Angehörige auf unsere Unterstützung angewiesen.«
»Die Sache ist im beiderseitigen Interesse, und Sie wissen ja, wie meine Partner darüber denken …«
»Wir setzen unser Leben aufs Spiel, und ich versichere Ihnen, das ist mehr als eine Million Euro wert.«
»Wir sollten uns die Kosten teilen. Meine Partner sind keine
Dummköpfe. Fallen Sie bitte nicht auf Ihre eigene Propaganda herein, und begehen Sie nicht den Fehler, uns zu unterschätzen.«
Ein Blick in die kalten grünen Augen des Grafen d’Amis zeigte al-Bashir, dass dieser nicht daran dachte, von seiner Position abzurücken, und so gab er nach.
»Von mir aus, einverstanden.«
»Rufen Sie mich an, sobald alles organisiert ist. Wir müssen uns miteinander abstimmen, bevor Sie losschlagen. Dazu möchte ich alle Einzelheiten wissen und vor allem sicher sein, dass die Sache zum guten Ende gebracht wird.«
»Sie sollten inzwischen gelernt haben, dass Sie uns vertrauen können. Schließlich vertraue ich Ihnen auch, weil ich weiß, was für ein Mensch Sie sind«, sagte al-Bashir
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