Das Blut der Unschuldigen: Thriller
al-Bashir, Ylena Milojevic.
Seiner Überzeugung nach verfolgten sie alle dasselbe Ziel: Sie wollten einen Anschlag auf die katholische Kirche verüben. Doch welche Rolle war Ylena dabei zugedacht? Sie schien nicht recht ins Bild zu passen.
»Was die Frau bloß in Istanbul will?«, fragte Matthew Lucas.
»Das weiß ich auch nicht; aber sicher nichts Gutes«, gab der alte Jesuit zurück. »Obwohl sie wirklich allen Grund hat, die Moslems für das zu hassen, was sie ihr angetan haben, kleidet sie sich wie eine gläubige Moslemin, und auch ihre Kusine trägt ein Kopftuch. Bruder und Vetter sehen ebenfalls aus wie Moslems, nicht nur weil sie sich den Bart haben wachsen lassen, sondern auch weil das, was sie anhaben, aussieht, als hätten sie es in einem bosnischen Basar gekauft.«
»Das alles passt aber nicht zu Ihrer Theorie«, hielt ihm Lucas entgegen.
»Irgendwo muss das fehlende Glied sein. Wir haben es nur noch nicht entdeckt. Zwar ahne ich nicht, was die Frau in Istanbul vorhat, bin aber sicher, dass sie damit unserer Kirche Schaden zufügen will«, blieb Aguirre bei seinem Standpunkt.
»Warten wir es ab. Man wird sie auf keinen Fall aus den Augen lassen«, versicherte Panetta.
»Wir wissen, dass Karfreitag der Tag X ist. Der Graf hat dem Jugoslawen gesagt, dass Ylena am Karfreitag handeln wird, und auch in seinem Telefonat mit al-Bashir war die Rede von drei für den Karfreitag geplanten Aktionen … Mit Sicherheit ist es kein Zufall, dass man sich für diesen Tag entschieden hat, erst recht nicht, wenn Graf d’Amis an der Sache beteiligt ist. Er hasst das Kreuz und alles, wofür es steht … Wir dürfen nicht vergessen, dass auf den in Frankfurt gefundenen Fetzen auch das Wort ›Kreuz‹ auftaucht, sowie der Hinweis »Blut wird fließen im Herzen des Heiligen …«
»Genau das verstehe ich nicht!«, wandte Lucas ein. »Was haben bei einem islamistischen Kommando Hinweise auf das Kreuz, auf Heilige und so weiter zu suchen? Ich verstehe nicht, was das mit der Frau in Istanbul zu tun haben soll.«
»Wie auch immer, es beruhigt mich zu wissen, dass die türkischen Behörden die Sache in die Hand nehmen, denn es kann gar kein Zweifel bestehen, dass in Istanbul ein Anschlag erfolgen soll. Ich bin auch absolut sicher, dass ein weiterer Anschlag in Rom vorgesehen ist, der sich unmöglich verhindern lässt, es sei denn, es gelingt meinen Vorgesetzten im Vatikan, Ihren Chef im Brüssel dazu zu bringen, dass er Professor al-Bashir überwachen lässt. Was die anderen Anschläge betrifft… ich flehe zu Gott um Erleuchtung.«
»Ich weiß nicht, ob er uns erleuchten wird, hoffe aber, dass der Kontakt, den wir in die Burg eingeschleust haben, dazu imstande sein wird«, fügte Panetta hinzu.
»Diese Person schwebt in großer Gefahr«, sagte der Priester mit ernster Stimme.
»Sie hat diese Gefahr bewusst auf sich genommen und wird dafür belohnt«, gab Lucas knapp zurück.
Istanbul
Ylenas Vetter hatte zwei Zimmer im Etap Istanbul Oteli an der Straße Mesrutiyet Caddesi gemietet – das eine für die beiden Frauen, das andere für sich selbst und Ylenas Bruder. Alle vier warteten angespannt und ungeduldig auf ihren Einsatz, überzeugt, dass sich ihrer Rache nichts und niemand würde in den Weg stellen können. Es war ihnen nicht aufgefallen, dass ihnen zwei Männer folgten, wohin auch immer sie sich wandten, die ihrerseits von zwei anderen beschattet wurden. Hans Wein hatte den Leiter der türkischen Spionageabwehr mit einem Anruf auf die Anwesenheit jener verdächtigen Personen hingewiesen, die in Verbindung zu Karakoz zu stehen schienen. Jetzt besprachen die vier in einem der Zimmer noch einmal ihr Vorhaben.
»Lass uns zum Topkapi fahren, damit du dich mit der Örtlichkeit vertraut machst«, schlug der Vetter vor.
»Ich weiß nicht, ob wir das Risiko eingehen sollten«, gab Ylena zu bedenken. »Es dürfte besser sein, wie vorgesehen erst am Freitag hinzufahren. Du musst dir keine Sorgen machen; ich hab mir alles bis in die letzte Einzelheit eingeprägt. Die beiden Tage, die wir hier sind, haben mir genügt, um mir über alles Erforderliche Klarheit zu verschaffen.«
»Das finde ich auch«, stimmte ihre Kusine zu. »Mit dem Rollstuhl ist es gefährlich, und falls wir ohne ihn hinfahren und jemand dich erkennt, dürfte es schwer sein zu erklären, wieso du sozusagen über Nacht zur Behinderten geworden bist.«
»Bist du deiner Sache sicher, Ylena?« In der Stimme ihres Bruders schwang Sorge mit.
»Und ob!
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